Category: Forschung/Theorie

Verdaten. Klassifizieren. Archivieren

An der Wiener Univeristät findet vom 8. bis 10. August eine Tagung statt, die sich mit den kulturwissenschaftlichen Aspekten der Identifizierung und somit auch der Ãœberwachung befasst – darunter auch der Beitrag von Julia Fleischhack

“Meine Daten gehören mir”. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf “Maschinelle Lesbarkeit” und “Personenidentifizierung” als Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzung in den 1970er und 1980er Jahren,

(danke an Klaus vom Forschungskolleg Kulturwissenschaftliche Technikforschung für den Tipp)

Sozialkontrolle per Internet

Nun muss ich nicht mal mehr aufstehen um mich über meinen neuen Nachbarn oder die Kindergärtnerin meiner Tochter zu informieren – ich muss sie aber auch nicht fragen, noch kennenlernen, will ich ihre dunklen Geheimnisse erfahren- Criminal Searches hilft dabei, zuminedest in den USA. Sicher ist Kontrolle manchmal besser, bevor etwas passiert ist, aber diese Webseite scheint mir etwas über die Strenge zu schlagen. Alles Vertrauen wird über Bord geworfen, jeder ersteinmal verdächtigt, es wird in Vergangenheiten gewühlt, die vielleicht nichts mit der Person zu tun haben, Verwechelungen können vorkommen – und sicher auch mal ein Volltreffer, der jemanden schützt.

Die Frage nach dem Datenschutz, der letztlich für alle fast immer in gleicher Weise gelten sollte, stellen sich hier zuhauf. Der Wert von Vertrauen wird hiermit fast vollständig abgeschafft, fast hysterische Risikominimierung ist Trumpf. Und noch rümpfen wir die Nase, aber der Wunsch nach so etwas existiert auch hierzulande, weil – und das weiß man doch – die meisten Menschen etwas zu verbergen haben. Und genau das will ich wissen. Auch Nichtwissen kann manchmal das Leben erträglicher machen und eine pPäventivwirkung entfalten, die soziales Leben überhaupt erst möglich macht (siehe auch Heinrich Popitz “Ãœber die Präventivwirkung des Nichtwissens”, in Soziale Normen, FfM, 2006)

Was kostet Sicherheit – und lohnt es sich?

… das fragt sich John Mueller von der Ohio State University/USA und hat in einem Vortragspapier eine Kosten-Nutzen-Analyse der Homeland Security gemacht.

The Quixotic Quest for Invulnerability: Assessing the Costs, Benefits, and Probabilities of Protecting the Homeland,” it lays out some common send premises and policy implications.

Das ist ein ungewöhnlicher Ansatz, aber sehr interessant.

Verbrecher von Geburt an?

Die Idee, dass Menschen als Verbrecher geboren sind war lange Teil des kriminalistischen Allgemeingutes – Von Lambrosio bis an das Ende des Dritten Reiches. Danach waren solche Thesen nicht wohl gelitten – ganz zu recht. Mit den Errungenschaften der Gentechnik und Analyse allerdings treten diese Theorien in neuem Gewand wieder auf den Plan und irritieren die Diskussion. “Gibt es den geborenen Verbrecher?” fragt die Süddeutsche Zeitung und bringt in einem guten Diskussionsartikel alle Argumente für und gegen die Annahme und eine Ãœbersicht über den aktuellen Stand von Forschung und Debatte.

Die DNA Analyse und die Gentechnik werden auch weiterhin und mehr als bisher wahrgenommen zu den Kernbereichen der Überwachungsregime werden. Zeit sich mehr und disziplinär verschränkter damit zu beschäftigen.

Das Überwachungsgewerbe blüht

Ein interessantes Feature bei DeutschlandRadio Kultur gibt ein paar Einblicke in das Geschäft mit der Überwachung, der Spionage zur Risikominimierung, dem modernen Detektivgewerbe oder wie es heißt dem Bereich der Sicherheitsberater. Das geht bei allen Kameras und den gesammelten Daten völlig unter: Hier tut sich etwas, das mehr ist als nur ein Abfallprodukt, sondern elemtarer Bestandteil einer immer misstrauischer werdenden Gesellschaft, die über die entsprechenden technischen Mittel verfügt.

Die Problemlöser, vom 29. Juni 2008.

Mehr Forschung zu diesem Thema wäre sehr interessant. Wer weiß etwas?

Sicherheit in Bremen

Sie sind seltener, aber es gibt sie: Umfragen zum Sicherheitsgefühl. Und wie die taz zeigt, ergeben sie manchmal Ergebnisse, die sich mit dem landläufigen offiziellen Verlautbarungen nicht decken.

Dass die Beeinträchtigung allein durch den Verkehr “so massiv sei”, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), das habe er bislang “nicht vermutet”. Weniger häufig als noch vor drei Jahren wurde indes über nicht näher definierte “Migrantenprobleme” geklagt.

Das es sich dabei um eine selektive Wahrnehmung handelt, verwundert mich nicht, denn genau deshalb gibt es ja überhaupt Orte, wo man sich sicher fühlt oder eben nicht. Oft handelt es sich dabei Orte, die man nicht mal aus eigener Anschauung näher kennt – wie wir für Hamburg gezeigt haben.

Mehr Forschung zu diesem Phänomen ist also angesagt – interessant in dieser Hinsicht ist auch der Forschungsbericht des schon länger abgeschlossenen Projektes European Insecurities, von den damals noch an der TU Hamburg-Harburg, heute: Hafencity Universität beheimateten Stadtsoziologen.

Sicherheitsforschung in Europa

Angekündigt wird die 3. Europäische Sicherheitskonferenz wie folgt:

The Third European Security Research Conference (SRC’08) will be held in Paris on 29 and 30 September 2008. Organised under the French Presidency of the European Union, this event will bring together more than 1,200 representatives from the worlds of research, industry and European institutions

Es dürfte klar sein, dass es sich dabei um eine Konferenz für Industrie und Staat handelt, bei der innerhalb des 7. Rahmenprogrammes viel Geld für neue Sicherheitsarchitekturen ausgegeben werden soll. Forschung im Sinne einer Forschung über Sicherheit und zu den Hintergründen von Unsicherheit, Terror und Überwachung dürfte kaum stattfinden.

Kurz davor findet in Karlsruhe die 3. Security Research Conference “Future Security” der Frauenhofer Gesellschaft statt, die in ähnlicher Weise an das Thema herangeht. Sicherheit, das wird immer klarer ist ein industriell zu lösendes Problem, bei dem viel Geld zu verdienen ist. Die im Programm aufgelisteten Themen klingen durchaus interessant, aber ich glaube da wird wesentlich praktischer über Raum und Sicherheit oder Videoüberwachung geredet, als wir das so kennen und es für wichtig halten. Da reizt es schon dabei zu sein und wenigsten einmal zu hören, was die so zu sagen haben.

Polizei und Wissenschaft in Berlin

Am 14. Juni wird auch die Polizei ihre Wissenschaft einem breiten Publikum vorstellen und bekannter machen. Auf der langen Nacht der Wissenschaften, die überall in Berlin an dem Samstagabend stattfinden wird. Das kann nicht nur für die Ãœberwachungsforscher interessant sein, aber bestimmt auch. Ein bestimmt ambivalentes Vergnügen – zwischen wissenschaftlicher Neugier und Erkenntnissinteresse, den Möglichkeiten Täter zu fangen und den Abwegen, die auch zu einem “Zuviel” an Ãœberwachung führen können – wer sich einmal damit beschäftigt, entwickelt diese “Berufsneurose”

Also schaut es euch an, es ist bestimmt interessant, so oder so. Das Motto der Polizei an diesem Abend ist: “Wissen schaf(f)t Beweise” Von der Spur zum Urteil.

Kontrolle durch Normen und Standards

Heute lief ein interessanter Beitrag zum Thema Normen und Standards bei DeutschlandRadio Kultur. Darin ging es auch um die Rolle die Normen und Standards für Kontrolle – und wahrscheinlich auch Ãœberwachung – spielen.

Ich kenne nicht viele Veröffentlichungen zum Zusammenhang von Normen und Überwachung (abgesehen von sozialer Kontolle und sozialen Normen), aber es ist ohne Zweifel eine wichtige Verbindung, die noch eingehender untersucht und dargestellt werden muss. Vor allem wenn es um die industrielle Normen und ihr Wechselspiel mit dem Sozialen geht.  Für die Forschung und Theorie zu Überwachung erscheint es mir ein zentraler Aspekt zu sein. Wer also etwas weiß, soll sich bemerkbar machen.

Das Skript zum Nachlesen ist bei dradio erhältlich: Gut genormt und streng geregelt. (26. Mai 2006)