Der Nicht-Skandal des Doping

Seit dem 17. Januar 2024 ist der bereits 2019 erschienene Sammelband “Kritik des Anti-Doping” als open access verfügbar. Sind die da versammelten Beiträge denn immer noch relevant, habe ich mich vor dem Schritt gefragt. Und ja, sind sie. Fast zeitgleich mit der Veröffentlichung kam der Fall der Läuferin Sara Benfares (DLF, 4.2.2024, relativ umfangreicher Bericht, mit einer Suche lassen sich aber viele Berichte seit Januar und zu ihrer Person auch davor finden). an die mediale Oberfläche. Eine A-Probe war positiv, sie wurde gesperrt, die Medien berichteten, ziemlich unfangreich. Das übliche Geraune, Beteuerungen, Gegendarstellungen, Sperren, moralisierende Statements. Soweit, so üblich. Ein Skandal – oder eigentlich nicht, den das Kontrollsystem hatte seine Arbeit gemacht, eine Sünderin ausgemacht und nun geht es nach den Regeln der NADA und der Verbände weiter. Warum also darüber noch mehr Worte verschwenden. Sie hat doch Schuld, oder?

Ob Sara Benfares Schuld hat oder nicht, kann und will ich gar nicht beantworten. Die Frage ist, warum wird nur im Falle eines vermeintlichen Doping drauf geschaut? Als ich die Bilder von Benfares sah, wunderte ich mich schon über die Beschaffenheit ihres Körpers. Abgemagert, dünn, bedenkenswert dünn. In den Berichten wurde von Ermüdungsbrüchen gesprochen, die sie vorher schon gehabt haben soll. Dann die Erklärung: Knochenkrebs. Und damit macht man Leistungssport? Mehr Fragen als Antworten. Das Doping-Kontrollsystem kümmert sich wenig um die Gesundheit von Athlet:innen, auch wenn das Dopingverbot auch mit der Fürsorge begründet wird. Eine Ausnahme für die Krankheit, eine TUE, war nicht im Kontrollsystem hinterlegt. Mit Knochenkrebs Leistungssport zu machen, machen zu dürfen, hätte allerdings auch nichts mit Gesundheit zu tun – aber darum geht es nicht in diesen Sphären des Sports. Da geht es allein um das Gewinnen – um jeden Preis.

Und schon ein Training, das zu Ermüdungsbrüchen führt, sollte allein ein Alarmsignal sein, für Trainer:innen, für die Athlet:innen selbst, vielleicht auch für die Sportverbände, für die NADA. In diesem Sinne ist das Doping der Nicht-Skandal. Der Skandal ist, dass erst dann aufgemerkt wird, wenn etwas schief geht, hier Doping. Vorher brachte Sara Benfares Medaillien, war eine Olympia-Hoffnung für Deutschland, warum also mal nachfragen, warum einschreiten.

Und da auch solche Fragen in dem Sammelband erörtert werden, sind die Beiträge noch relevant. Jetzt frei zugänglich für jede/n.