Category: Forschung/Theorie

Licht für Berlin

In dem Buch des Kollegen Dietmar Kammerer “Bilder der Ãœberwachung” beginnt gleich das erste Kapitel mit einem Abriss über die Straßenlaternen und der Idee der Kontrolle und Ãœberwachung, im Sinne einer Sichtbarmachung des im Dunkel verborgen gebliebenen. Da auch heute noch immer viel darüber diskutiert wird, ob eine Mehr an Straßenbeleuchtung auch zu einem Mehr an Sicherheit (oder einem besseren Sicherheitgefühl) führen kann, ist die gerade in Berlin stattfindende Ausstellung “Berlin im Licht” zur Geschichte der Berliner Straßenbeleuchtung sicherlich interessant.

Mit Bezügen zur Vorgeschichte der Beleuchtung und Exkursen zur heutigen urbanen Berliner Lichtlandschaft zeichnet die Ausstellung ein breit angelegtes kultur- und zeithistorisches Berlin-Panorama. Sie verdeutlicht auch, dass Berlin stets Ort permanenter lichttechnologischer Innovation war und bis heute ist. Daneben umfasst die Ausstellung Lichtkunstinstallationen, gestaltet von Christina Kubisch und anderen renommierten Künstlern, die das Museum im Jubiläumsjahr innen und außen neu ins Licht setzen. (Stiftung Stadtmuseum Berlin zur Ausstellung)

Die FAZ Sonntagszeitung hatte dazu einen großen Artikel im Wissenschaftsteil am Sonntag 14.12.2008 (online nur für Abonnenten). Wie der Autor des Artikel schreibt, wurde die Beleuchtung in ihren Anfängen besonders von der Kirche als “Eingriff in die Ordnung Gottes” angesehen oder als für “schwachleibiger und zarnterviger Personen” gefährlich. Die Vorstellung in einer Stadt kein Licht zu haben ist für uns sicherlich befremdlich und wäre auch gar nicht mehr durchsetzbar.

Überlegungen zur Historie der Stadtbeleuchtung unter dem Aspekt der Sicherheit sind aber lohnenswert und auch in der heutigen Diskussion um Sicherheit und Sicherheitsgefühl durchaus aktuell.

Meine Privatsphäre ist auch deine

Die New York Times fragt in einem sehr guten Bericht nach der Kollektivität von Privatsphäre – denn was jemand über mich weiß, dass weiß er auch über andere, wann und wo, mit wem und warum ich mich dort oder hier oder anderswo aufgehalten habe – vorrausgesetzt ich geben ihm bestimmte Einblicke in meine Leben – und das meiner Freunde, Partner, Verwandten oder auch nur zufälligen Bekanntschaften und Kontakten. Manches holen sich die Data-Mining-Agenten auch selbst….

You’re Leaving a Digital Trail. What About Privacy?

Propelled by new technologies and the Internet’s steady incursion into every nook and cranny of life, collective intelligence offers powerful capabilities, from improving the efficiency of advertising to giving community groups new ways to organize.

But even its practitioners acknowledge that, if misused, collective intelligence tools could create an Orwellian future on a level Big Brother could only dream of.

(Danke an Elia Zureik für den Hinweis)

US-Geheimdienste: Global Trends 2025

tagesschau.de hat darüber berichtet: Die US-Geheimdienste haben ihren neuesten Bericht zur Zukunft der Welt veröffentlicht – ein (oder mehrere) Zukunftsszenarien. Nicht überraschend geht es zukünftig vermehrt um Konflikte um Resourcen, um Wasser und Energie.

Der Bericht wurde vom National Intelligence Council erstellt und gibt sehr detailliert Auskunft über die Ideen und Strategien aus Sicht der USA und ihrer Sicherheitsbedürfnisse. (Bericht als pdf).

Das Thema Überwachung kommt als solches benannt nur zweimal in dem Bericht vor. Zum einen in der Analyse es Terrorismus der Zukunft und den geeigneten Gegenmaßnahmen:

Some governments will likely respond to increasing terrorism and internal threats by expanding domestic security forces, surveillance capabilities, and the employment of special operations-type forces. Counterterrorism and counterinsurgency missions increasingly will involve urban operations as a result of greater urbanization.  Governments, citing the need for enhanced internal security and their desire to control the influx of unwanted refugees and immigrants, may increasingly erect barricades and fences around their territories to inhibit access.

Zum anderen bei der Zukunft der Kriegsführung und der Bedeutung von Informationen:

The Increasing Importance of Information.  Advances in information technologies are enabling new warfighting synergies through combinations of advanced precision weaponry, improving target and surveillance capabilities, enhanced command and control, and the expanding use of artificial intelligence and robotics.  Future proliferation of long-range precision weapons will permit a growing number of states to threaten rapid destruction of an adversary’s critical economic, energy, political, and military and information infrastructures.  The growing importance of information technologies as an enabler of modern warfighting capabilities will make information itself a primary target in future conflicts.

Der Bericht liest sich wie eine neutrale, nüchterne Bestandsaufnahme – zwischen den Zeilen und wenn man bedenkt wer die Verfasser sind, dann wird klar, worum es auch in Zukunft gehen wird und was uns noch alles erwarten wird. Viel ist auch vom Terrorismus die Rede. Der Begriff und auch wer damit so gemeint sein könnte, bleibt vage – und das ist wohl auch beabsichtigt. Also für alle Interessierten an dem Thema ist das eine gute Quelle und durchaus wichtig.

Seminar zur Sicherheitsarchitektur

Einladung zum Seminar:
DIE NEUE SICHERHEITSARCHITEKTUR‚ UND IHRE FOLGEN FÜR DIE BÜRGERRECHTE
AM 29.11. UND 30.11.2008
HUMBOLDT-UNIVERSITÄT
SA.: BEBELPLATZ 1, RAUM E 42
SO.: HAUPTGEBÄUDE, RAUM 2014A

veranstaltet vom Institut für Bürgerrechte und öffentliche Sicherheit e.V. und dem Arbeitskreis kritischer Juristinnen und Juristen an der HU Berlin

Buch zum e-Pass

Als pdf online abrufbar ist das Buch “e-Pass der neue biometrische Reisepass” von Jöran Beel & Béla Gipp. Laut Webseite ist,

“das Buch “ePass – der neue biometrische Reisepass” ist das Standardwerk zum ePass. Fachzeitschriften sowie Kritiker und Befürworter des ePasses nutzen es für ihre Arbeiten über den ePass. So beispielsweise der Heise Verlag auf Heise Online und in der ix; der Deutsche Bundestag im Literaturtipp zum ePass und der Ãœbersicht zum ePass; der Chaos Computer Club in der “Datenschleuder”; und das FIDIS Konsortium in ihrer Budapest-Erklärung zu maschinenlesbaren Ausweis-Dokumenten.

Dass ich darin keinen Verweis auf den Kollegen Gerrit Hornung lese, wundert mich angesichts dieser Eigenwerbung schon ein wenig. Dessen Buch “Die digitale Identität” ist ebenfalls online als Volltext im pdf-Format erhältlich und sicherlich ein wichtiges Buch auf diese Gebiet – wenn auch ein juristisch-wissenschaftlicher Text, aber das ist ja nicht immer verkehrt.

Datenschutz liegt bei einem selbst?!

Der österreichische Standard rezensiert das neue Buch des Datenschützers Hans Zeger “Unsere Lust an totaler Kontrolle”, der darin an die Selbstverantwortung des Einzelenen beim Umgang mit Daten appeliert. Auszug:

“Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Handyvertrag abschließen und werden abgewiesen, weil Sie Ihren Müll falsch entsorgt haben”, zeichnet Zeger schon am Buchdeckel ein mögliches Szenario, das fehlgeleitete Datensammelwut verursachen kann. Im Gespräch beschreibt der Verfasser, unter anderem Vorsitzender der ARGE Daten, seine Motivation: “Mir geht es darum, den Leuten zu signalisieren: Individualität ist etwas Mühsames. Man muss auch im Privatleben Verantwortung übernehmen.”

Schön und gut – ja, jeder Bürger muss auf seine eigenen Daten aufpassen, was er wo und wann offenlegt und vor allem wieviel davon. Aber – so argumentieren die beiden Soziologen Kevin Haggerty und Jennifer Whitson in ihrem Artikel “Identity theft and the care of the virtual self”, (Economy and Society, Vol. 37, No 4, Nov 2008, pp572-594; in der einen oder anderen Bibliothek an der Uni auch online zu beziehen) -  damit werden die Unternehmen und staalichen Stellen auch aus der Verantwortung entlassen, ihre Angebote entsprechend datenschutzfreundlich zu gestalten. Nicht alle Bürger besitzen die notwendigen Fähigkeiten – zum Beispiel entsprechende Lesekompetenzen für Anträge, Formulare oder Verträge – um ihre Daten hinreichend zu schützen. Individuen werden zur ursprünglichen Quelle für einen Datenmissbrauch, denn letztlich haben sie selbst nicht aufgepasst, wenn es darum geht mit den Daten vorsichtig umzugehen. Dabei sind es im Grunde die Unternehmen und Behörden, die die Möglichkeiten des MIssbrauches erst durch das Design ihrer Angebote schaffen – sie dann aber auf den Nutzer verlagern – verkehrte Welt.

Ein Plädoyer für mehr Eigenverantwortlichkeit ist hilfreich, aber auch Teil einer neoliberalen Strategie des Regierens und der Veranwortungsverlagerung auf zum Teil nicht entsprechend gebildete Menschen. Ein Gedanke, der in der Diskussion bislang zu kurz kam. Der Artikel ist lesenswert, vor allem hinsichtlich der Datenschutzdebatte.

Mit Sicherheit: für Freiheit

Das Bundesministerium Für Bildung und Forschung veranstaltet einen Fachdialog zum Thema Sicherheit.

Unter dem Motto “… mit Sicherheit: für Freiheit – Die Gesellschaftlichen Dimensionen der Sicherheitsforschung” startet der Fachdialog einen ersten öffentlichen Diskurs mit dem Ziel der interdisziplinären Vernetzung. Grundlegende Entwicklungen der gesellschaftlichen Sicherheitskultur und der institutionellen Sicherheitsarchitektur werden daher während des zweitätigen Kongresses am 5. und 6. November 2008 im Berliner AXICA Kongress- und Tagungszentrum beleuchtet.

Sinn und Zielrichtung der Tagung erschließen sich mir aus den Informationen der Webseite nicht, die Teilnehmer und vor allem Vortragenden lassen allerdings eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema erwarten (erhoffen!?). Ich bin gespannt auf die Ergebnisse, wenn es denn welche offen zugänglich geben wird.

Buch: Atlas of Cyberspace

Es berührt den Komplex Überwachung und Kontrolle nur am Rande, aber es ist sicherlich lohnenswert: The Atlas of Cyberspace von Martin Dodge und Rob Kitchen. Nun gibt es das Buch als pdf unter einer Creative Commons-Lizenz frei und online.

Die Webseite auf dem das Buch basiert wird zwar nicht länger weitergeführt, aber ist weiterhin online: Cybergeography.org von Martin Dodge.