Category: Datenschutz

Schlechte Argumente gegen die E-Card

Auf der Demo “Freiheit statt Angst” waren sie wieder mit dabei: die Kritiker_innen der Elektronischen Gesundheitskarte. Die Argumente werden aber langsam immer schlechter. Auf ihrem Flugblatt nennen sie drei:

1) Es werde nicht geprüft, ob das eingesandte Foto echt ist. Fordert man also noch “bessere” Kontrolle?

2) Die Geräte seien meist nicht mit desinfizierbarer Folie ausgestattet, deshalb könne man sich an den Tasten mit Krankheiten anstecken. Seuchen durch Kartenterminals?

3) Nur sehr, sehr kurz und knapp wird schließlich vor den riesigen Datenschutzproblemen der Telematikinfrastruktur und ihren sinnlosen Kosten gewarnt.

Das wurde sowohl von den Aktivist_innen als auch aus wissenschaftlicher Sicht schon besser gemacht. Zu letzterem: Decker, O. & Grave, T.
Überwacht oder überwach? Elektronische Gesundheitskarte und Patientenakte. Leviathan. Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaften 38, 191-209

DNA und internationale Datenbanken

Jäger und Sammler. DNA-Sammelwut und internationale Vernetzung polizeilicher Datenbanken

Wann: Mittwoch, 24.8.2011, 19:30 Uhr
Wo: Familiengarten, Oranienstr. 34 / Hofgebäude (U-Bhf. Kottbusser Tor, Bus M 29)

Mit:

  • Constanze Kurz (Chaos Computer Club)
  • Eric Töpfer (CILIP/Bürgerrechte und Polizei) (angefragt)
  • Sönke Hilbrans (Republikanischer Anwaltsverein)
  • Uta Wagenmann (Gen-ethisches Netzwerk) und
  • Willi Watte

Die ersten DNA-Analysen in der Bundesrepublik 1988 waren noch eine seltene Ausnahme. Heute gehört das Wattestäbchen, mit dem Speichelproben zur DNA-Analyse entnommen werden, zum wichtigsten Ausrüstungsgegenstand der Polizei. Längst geht es dabei nicht mehr nur um Kapitalverbrechen wie Mord oder Vergewaltigung. DNA-Proben werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit entnommen ……  Gegen diese biologischen Dimensionen staatlicher Ãœberwachung hat das Gen-ethische Netzwerk (GeN) im Mai eine Kampagne gestartet, und am 26. August wollen wir mit einem Aktionstag auf die europaweite Vernetzung polizeilicher DNA-Datenbanken aufmerksam machen. Um möglichst viele Menschen für den Aktionstag zu mobilisieren, werden wir auf der Veranstaltung umfassend über Formen, Praktiken und Hintergründe polizeilicher DNA-Sammelwut informieren und diskutieren …..

mehr Infos beim Gen-ethischen Netzwerk

Forschung zu Vorratsdatenspeicherung

Die Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet) der Universität Kassel und des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR), Saarbrücken, veranstalten eine Abschlusstagung des gemeinsamen Forschungsprojekts “Interessenausgleich im Rahmen der VorratsDatenSpeicherung (InVoDaS)”.

Ort & Zeit: Die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung findet am 7.9.2011 im Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin statt.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt untersucht unter der Leitung von Prof. Dr. A. Roßnagel mittels eines Rechtsvergleichs und einer verfassungsrechtlichen Analyse, wie ein optimierter Ausgleich der Interessen im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung erzielt werden kann.

Die Einzelheiten zum Programm und zur Konzeption der Veranstaltung sowie zum Anmeldeverfahren können auf der Webseite eingesehen werden.

Überwachung: Geschäft ist Geschäft

Cisco und China gemeinsam gegen … nun ja … “crime”?

Western companies including Cisco Systems Inc. are poised to help build an ambitious new surveillance project in China—a citywide network of as many as 500,000 cameras that officials say will prevent crime but that human-rights advocates warn could target political dissent.

(Quelle: WSJ)

Privatsphäre, Fußballer und die Klatschpresse

Das Plakat habe ich von einem Kollegen aus Schottland – ein schönes Spiel mit dem Spielberg-Film anlässlich eines aktuellen Falles (Ende Mai) eines Streits um Privatsphäre im Informationszeitalter. Es geht um den Fussballer Ryan Giggs und eine Sternchen aus dem englischen Big Brother Container.

Konkret geht es um die Verletzung einer Anordnung (Super Injunction), die es der Presse verbat die Namen der in die Affäre verstrickten Promis zu nennen. Dann hat es einer doch getan und jetzt geht es um die Klärung wie es um den Schutz der Privatsphäre steht und ob man der Presse auf diese Weise den Mund verbieten darf.

Hier eine paar Artikel, die den Hintergrund erklären – für die, die den Fall nicht aktuell verfolgt haben

The Digital Persona & Data Surveillance

Zwar ein älterer Text – aber durchaus lesenswert und vielleicht etwas für Leute, die Grundlegendes suchen oder historisch arbeiten. Gute Argumente gibt es nicht erst seitdem Ãœberwachung zum zentralen Thema unserer Zeit geworden ist.

The Digital Persona  and its Application to Data Surveillance von Roger Clarke (aus: The Information Society 10,2 June 1994)

Noch ein EU Projekt zu Datenschutz und Ãœberwachung

Manchmal scheint es, als wäre Forschung zu Ãœberwachung nur noch durch die anwendungsbezogenen Programme des BMBF und der EU möglich. Das wäre in der Tat schade und kontraproduktiv – wenn es sich denn darauf beschränken würde. Hier ist ein weiteres interessanes Projekt, welches gerade gestartet wurde: SAPIENT.

“If ‘collective security’ demands the surveillance of all movements and all telecommunications and collecting the fingerprints and DNA of everyone living in the EU, there can be no individual freedom, except that sanctioned by the state,” says Michael Friedewald, head of the ICT research unit at the Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research (ISI) and co-ordinator of the project. “EU policy should not foster the gradual move towards a surveillance society. We recommend that before public or private sector organisations adopt any new surveillance system, they should perform a technology and privacy impact assessment of the proposed  system.”

Mehr Infos findet man sicherlich auf den Seiten des Fraunhofer ISI Instituts.

Ob dieses Projekt tatsächlich dazu führt über Technologien anders nachzudenken, bleibt abzuwarten. Ohne den politischen Willen zur Implementierung solcher Verfahren in Gesetze, bleibt alles wirkungslos. Was tatsächlich fehlt ist mehr grundlegende Forschung zu Fragen von Überwachung und Kontrolle in unseren Gesellschaften, zum Umgang mit Technik, zur Ideologie der ewige Un/Sicherheit sowie zum Zweck und den oft auch nicht erklärten Zielen politischer Maßnahmen, jenseits von Datenschutz und Privatsphäre. Denn die Surveillance Studies, wenn wir denn davon reden wollen, haben mehr zu bieten als darauf zugespitzte Fragen.

Den Frosch verjagen!

Richtigstellung (I): Eine der beliebtesten und hartnäckigsten Redewendungen in der Diskussion um Datenschutz, Bürgerrechte, Überwachung usw. ist bekanntlich die vom Frosch, der im langsam erhitzten Kochtopf zu Tode kommt, ohne sich zu wehren (d.h. aus dem Topf zu springen). Damit soll irgendwie zum Ausdruck gebracht werden, dass quasi hinter unserem Rücken sich gewisse Vorgänge abspielen, miteinander verbinden und gegenseitig verstärken, die im Ganzen eines unschönen Morgens dazu führen, dass wir in einer Überwachungsgesellschaft aufwachen, in der eh alles schon zu spät ist.

Abgesehen davon, dass das Bild zur Beschreibung des heutigen Zustandes wenig taugt – Wohin denn würde ein datenschutzbewusster Frosch heute springen wollen? Wo liegt das sichere Jenseits der Ãœberwachung? -, und wir uns das arme Tier eher in der Mitte eines kochenden Swimming Pools vorstellen müssten, ist es zoologisch schlicht Unsinn. In Wirklichkeit ergreift ein Frosch schon ab einer Temperatur von 40° C die Flucht – sofern ein Deckel ihn nicht daran hindert.

Eigentlich interessant ist die Frage, warum Datenschützer, die sich ja auch als Bürgerrechtler verstehen, die Bürgerin oder den Bürger offenbar zwanghaft mit Fröschen vergleichen (oder sogar gleichsetzen?), die auch noch dümmer sind als echte Frösche. Abgesehen davon, dass das Frosch-Bild offenbar aus der Welt der Management- und Finanzberatung stammt, ist ist diese Redeweise vor allem Indiz einer (uneingestandenen) Überheblichkeit der »wissenden« Datenschützer/Aktivisten gegenüber der »dämlichen« Bevölkerung. Dieser Frosch sollte schleunigst aus unserer Diskussion verschwinden.

Sony und der Daten-GAU

Die dpa hat in der vergangenen Woche ein Stück zum Sony Daten-GAU gemacht.Anlass war ein Umfrage zur Un/Sicherheit der Konsumenten im Umgang mit ihren Daten. U.a. zu lesen beim Stern – Online-Shopper bleiben gelassen – , aber auch vielen anderen Publkationen, die den Artikel von der dpa genommen haben. Der Kollege Kai-Uwe Hellmann, Konsumsoziologe und ich selbst kommen auch zu Wort.

Ãœberveillance, mal wieder

Von den australischen Kollegen, die uns den diskussionswürdigen Begriff “Ãœberveillance” gebracht haben, gibt es auf deren Blog ein paar interessante Videos von des ISTAS-Syposiums der IEEE in Australien vom Juni 2010. Dort werden durchaus interessante Fragen diskutiert. Der Knaller ist das erste Video – mit dem Titel “Birth of a Word” – welches eine Form der Selbstüberwachung dokumentiert, mit dem Ziel die eigene Erinnerung festzuhalten und jederzeit abrufen zu können. Ich frage mich, ob die Leute nie Gäste haben, oder ob letzteren bewusst war, dass sie Teil einer Privatobsession waren, die ich befremdlich finde …. aber es geht noch weit darüber hinaus…

Hooligans in elektronischen Fußfesseln

Das von mir sehr geschätzte WDR Magazin Sport Inside hatte am Montag (21.3.2011) einen Bericht zu polnischen Hooligans angesichts der 2012 bevorstehenden Europameisterschaft gebracht. U.a. so berichtet Sport Inside, gibt es Ãœberlegungen, den Hooligans oder als solchen identifizierten Fans elektronische Hand und Fußfesseln anzulegen, um sie zu orten. Das ich Fußball-Fans und viele Aspekte der Fankultur für problematisch halte ist kein Geheimnis, insbesondere wenn es um die Gewalt geht, die sich das Feld Fußball als Arena ausgesucht hat. Aus meiner ambivalenten Einstellung zum großen Theater Fußball mache ich kein Hehl – dennoch gibt es hier Entwicklungen, die unschön sind, da sie generell bestimmte Persönlichkeitsrechte zur Debatte stellen, die zu anderen Zeiten andere Gruppen treffen könnte. Eine Diskussion sollte das allemal wert sein – auch wenn mein Verständnis für die Hooligans gegen null geht.