Category: Biometrie

Biometrische Theaterinstallation

ID – Eine biometrische Theaterinstallation

Bewußt und unbewußt hinterlassen wir permanent Datenspuren und werden von elektronischen Systemen identifiziert. Die technischen Geräte werden dabei immer raffinierter. Gesichtserkennungssoftware, Fingerabdruck, Iris- und Nacktscanner erfassen die Merkmale, und Daten, die dem Prüfsystem beglaubigen sollen, daß wir nun wirklich die sind, die wir sind und darstellen. Lukas Bangerter versucht mit dem neuen PLASMA Projekt 13 formal die Überlagerung von Installation/Environment mit der klassischen Frontal-Bühne.

Premiere: 04.03.2010, Theaterhaus Zürich

Künstliche Aufregung – unsinnge Überwachung?

Zeitungen und Fernsehen waren ganz nervös und witterten den nächsten großen Skandal – Funkkameras können angezapft werden! Ja, und? fragt sich der Bürger, Wissenschaftler oder Aktivist – davon reden wir seit Jahren – der Missbrauch lauert überall.

Ilka Kreutzträger hat es für die taz noch mal auf den Punkt gebracht. Ein Skandal ist nicht zu sehen – wohl aber jede Menge Dumm- und Frechheit.

Ähnlich kann man auch die Nutzung von Fingerabdruckscanner für die Anwesenheitskontrolle bei Gottesdiensten in einer polnischen Kirche sehen. Wenn es geht, wird es auch gemacht. Und wenn keine Regelungen gegen unsinnige und flächendeckende ANwendungen solcher Techiken existieren, kommen auch Kirchenleute auf komische Ideen – auch Gott sieht nicht alles, oder was ist die Überlegung dahinter? Dabei sind die Kirchen ohnehin voll in  Polen, warum also diese Aufregeung? Es zeigt aber dass noch lange nicht alle Räume und Situationen überwacht werden, die man überwachen könnte.

Traum der Kontrolleure – Gedankenlesen

Auf das Zeit-Special zur Hirnforschung sei angesichts eines Artikels in der aktuellen Ausgabe der Zeitung hingewiesen. Unter dem Titel “Sind die Gedanken noch frei” diskutieren die Autoren, welche Träume von der Hirnforschung beflügelt werden und welche Auswirkungen das haben könnte – und auch was daran seriös ist und was nur absurde Kontrollphantasien…

Die einen träumen von »Gedankenlesemaschinen« oder neuen, hirnbasierten Marketingmethoden, andere fürchten eine Gedankenpolizei, wie sie die Romanautoren Philip Dick (Minority Report) oder George Orwell (1984) vor Jahrzehnten vorhergesagt haben. Tatsächlich wird in den USA inzwischen laut darüber nachgedacht, ob man Terrorverdächtige nicht einfach anhand ihrer Hirnaktivität überführen könne – noch bevor sie straffällig werden. In Deutschland dagegen bestimmte in den vergangenen Jahren der Streit zwischen Philosophen und Hirnforschern die Debatte.

Neue Artikel zu CCTV und anderem

In der neuesten Ausgabe des European Journal of Criminology (March 2009, Volume 6, No. 2) gibt es folgende Artikel, die sicherlich interessant für den einen oder anderen oder uns alle sind.

  • Benjamin J. Goold: Editorial: Making Sense of Surveillance in Europe
  • Ian Brown and Douwe KorffTerrorism and the Proportionality of Internet Surveillance
  • Daniel Neyland: Who’s Who?: The Biometric Future and the Politics of Identity
  • Leon Hempel and Eric Töpfer: The Surveillance Consensus: Reviewing the Politics of CCTV in Three European Countries
  • David Murakami Wood: The `Surveillance Society’: Questions of History, Place and Culture

Die Artikel sind wahrscheinlich nur über Anschlüsse von Universitäten frei verfügbar, ansonsten kostet der Zugang. Andererseits gibt es dieses Journal vielleicht auch in der Bibilothek.

Von den Tücken kriminalistischer Wunderwaffen

Viele werden sicherlich schon vom “Phantom von Heilbronn” gehört haben, einer Unbekannten, die verdächtigt wird, 2007 eine Polizistin in der gleichnamigen Stadt getötet zu haben. Nachdem im Laufe der letzten Jahre an mehr als 40 Tatorten anderer Straftaten DNA-Spuren der unbekannten Frau aufgetaucht waren, ging die Polizei davon aus, dass es sich um eine Serientäterin handelt. Zudem musste der Fall auch immer wieder dafür herhalten, Rufe der Kriminalisten-Lobby nach einer Ausweitung der strafprozessualen Vollmachten zur Erhebung und Speicherung von DNA-Profilen in der BKA-Datenbank zu rechtfertigen. Nun könnte sich die jahrelange Gespensterjagd allerdings als Farce herausstellen.

Wie Spiegel Online berichtete, prüfen die Ermittler inzwischen, ob vielleicht die zur Sicherung der Tatortspuren eingesetzen Wattestäbchen fremdverunreinigt waren. Skeptisch wurde man, als überraschenderweise bei der erkennungsdienstlichen Untersuchung der verbrannten Leiche eines 2002 verschwundenen Asylbewerbers die gleichen DNA-Spuren auftauchten.

Aber eine “Wunderwaffe” bleibt eine Wunderwaffe – gilt es doch nur sie richtig zu bedienen. Um Möglichkeit von Falschanalysen wegen Verunreinigungen auszuschließen, schlug ein Sprecher des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in den Stuttgarter Nachrichten umgehend vor:

Die Hersteller sollten den Packungen DNA-Merkmale der beteiligten Mitarbeiter als Code beilegen. Damit könnte diese Spur gleich ausgeschlossen werden.

Mal sehen was die Betroffenen davon halten. In der Schweiz zumindest verweigern sich Polizisten, die ja ebenfalls Verursacher von Fremdverunreinigung sein könnten, bisher standhaft einer Erfassung.

Das die Tendenz zur Ausweitung der Überwachung immer auch ihre Ausnahmen kennt, zeigt sich auch an der jüngst vom Europäischen Parlament abgesegneten Aufnahme und Speicherung biometrischer Merkmale in Visa und das korrespondierende Visa-Informationssystem (VIS). Zwar sollen sogar selbst Kinder ab 12 Jahren erfasst werden, Staatsoberhäupter und Angehörige von Königshäusern sind allerdings ausgenommen. Wie hieß es doch so schön in Orwells “Farm der Tiere”: “Some animals are more equal …”

Die bunte Welt der Biometrie

Eigentlich wollte ich einen Bericht von einer wirklich interessanten Konferenz zum Thema Biometrie in Potsdam schreiben. Aber für einen ausführlichen Kommentar reicht die Zeit nicht. Die Mischung aus Technikern und Entwicklern, deren Ideen und auch ihren Einschätzungen wofür man die Verfahren nutzen kann, wie gut und sicher sie sind – und den Philosophen, Kulturwissenschaftlern, Psychologen und Soziologen mit ihren zumeist kritischen Beiträgen war gelungen. Ich habe zumindest etwas gelernt darüber, wie Kinder Gesichter wahrnehmen und vor allem wiedererkennen und in welchen Zusammenhängen biometrische Verfahren in der Geschichte standen. Hier haben vor allem Mitblogger Dietmar Kammerer und Susanne Regener sehr gute Vorträge gehalten.

Bei den Philosophen hat mich Lambert Wiesing davon überzeugt mehr auf den Unterschied von Eigenschaften und Funktionen bei Dingen zu achten. Eine Unterscheidung, die bei der analytischen Betrachtung von Dingen und Zusammenhängen besonders des Technischen von elementarer Bedeutung sind. Begeistert haben mich wie viele die Bilder von Christian Mahler in seinem Projekt Eigenface. Wobei die Begeisterung sich mit montröser Faszination mischte, denn die gemittelten Bilder sehen halt aus wie Zombies. Wenn das die Zukunft der Biometrie ist…. und die Frage stellt sich hier: ist das noch ein Bild und wenn ja, welches Phantom ist darauf zu sehen und was heißt das eigentlich für unser Verständnis von Bild, Abbild und die darauf beruhende Überwachung und Kontrolle, die sich z.B. bei der Videoüberwachung so sehr auf die Authentizität von Bildern verlässt.

Die Zukunft kann aber auch ganz anders aussehen und nicht Gesichtserkennung heißen, sondern viel eher DNA, woraus sich dann eventuell auch Gesichter erkennen lassen – zumindest die Zeit hatte noch rechtzeitig für meinen Vortrag in Potsdam einen Artikel zu Verfahren wie Fahnder das Aussehen von Verdächtigen mit DNA bestimmen können. Die Implikationen solcher Verfahren sind noch nicht bis zum Ende gedacht – vielmehr ist es ein Graubereich, sowohl rechtlich als auch was die Konsequenzen solcher Verfahren für die betroffenen im Speziellen und alle anderen im Besondern angeht.

Freie oder dopingfreie Gesellschaft?

Offensichtlich geht nicht beides. Die FAZ berichtet über das Dilemma der Dopingfahnder, die nach dem neuen WADA-Code sich selbst ad absurdum führen könnten, denn was darin festgehalten ist, ist die lückenlose Totalüberwachung mit ausgesprochenem Generalverdacht der betreffenden Sportler. Videoüberwachung und die Vorratsdatenspeicherung sind bezogen auf die Gruppe der betroffenen Sportler so als ob ein Mutter ab und zu in den Hof den Kindern zuruft “seid ihr alle da? Macht ja keinen Unsinn!”

Die Kritik der Sportler ist berechtigt, die der Datenschützer und Juristen ebenfalls. Dass aber Radsportler in Belgien klagen und sich deutsche Mitglieder der Regierung sich aber ausgerechnet zu Wort und Bedenken anmelden, ist schon bizarr. Die Regierung hatte bisher wenig Probleme damit auch noch jedes Grundrecht einzuschränken oder zumindest den Versuch zu machen. Und Doping ist kein Einzelfall, sondern systematisch und Teil des Profisports, mit seinen Sponsoren, den Fördermitteln des Bundes, dem chauvinistischen Geheul bei Olympia und einem vielen Heuchlern, die gern im Glanze der Sportler stehen und diese nur beschränkt unterstützen und so tun, als gäbe es das alles nicht. Es bleibt aber die Frage nach den Möglichkeiten ein Dopingkontrollsystem der Fairness zuliebe zu schaffen, welches gleichzeitig die Bürgerrechte und die Privatsspäre weitgehend achtet. Was wäre zu tun?

Ein wie ich finde sehr interessantes Thema, was hier nicht zum letzten Mal (oder ersten Mal) auftauchen soll. Und sicherlich auch ein ergiebiges Feld der Forschung. Ich freue mich auf Anregungen und Kommentare.

Tarnkappe gegen Videoüberwachung

Eine einigermaßen schräge Idee kommt aus den Laboratorien von HP – dort wurde eine Art Schutz vor Kameras entwickelt, vor der man sich allerdings registrieren muss, damit man dann auch geschützt ist…. Der Standard hat dazu einen Artikel, in dem er der – gutwillig gesagt – grotesken Idee tatsächlich mit Ernsthaftigkeit begegnet und auch Datenschützer und andere Kritiker zu Wort kommen lässt. Das ist richtig, versteht mich nicht falsch, aber der Ansatz von HP ist so absurd, dass jede weitere Diskussion sich eigentlich von allein erledigt.

PhantomGesichter – Ausstellung zu Biometrie

Die Europäischen Medienwissenschaften an der FH Potsdam veranstalten im März (12-14.3.2009) die Tagung und Ausstellung PhantomGesichter. Eine öffentliche Tagung und Ausstellung zu biometrischen Bildern, Schaufenster der FH Potsdam. Die vorläufige Liste der Künstler und Referenten klingt interessant (und ich freue mich dabei sein zu dürfen)

1. Prof. Christoph Busch: Stand und Perspektiven der Gesichtserkennung
2. Dipl-Ing. Helmut Seibert: Verarbeitung von 3D-Rekonstruktionsdaten zur Gesichtserkennung
3. Dipl.-Ing. Christian Benderoth: GFM- Biometric Face Scanner- 3D Gesichtserkennung.
4. Prof. Natascha Adamowsky: Surveillance & Entertainment – Computerspiele, Medienkunst und die Frage allgegenwärtiger Überwachung
5. Dr. Jörg Sternagel: Phänomenologie des (Film-) Gesichts
6. Roland Meyer: Gesichter des Erkennungsdienstes
7. Prof. Lambert Wiesing: Photogramme, Phantome und Spuren.
8. Dr. Uli Richtmeyer: Die unscharfe Allgemeinheit des Bildes. Konvergenzen und Divergenzen in optischen und mathematischen Kompositbildern.
9. Dr. Nils Zurawski: “Schau mir auf die Augen” – Warum Biometrie erkennen, aber nicht verstehen kann. Gedanken zur inneren Außenwelt
von Identifizierungstechnologien.
10. Dr. Dietmar Kammerer: “Selbstmörder, Bettler und aufgegebene Pakete. Von den Politiken der Systeme der Bilderkennung”
11. Eric Töpfer: “Lean Policing” und die Ubiquität der Videoüberwachung
12. Kate Burgener: chic-o-mat, an interactive system for diversity research, 2009.
13. Dr. Claudia Freitag: “Gesichter – ein besonderer Reiz. Ergebnisse aus der aktuellen psychologischen Forschung zur Gesichtserkennung”
14. Dr. Michael Könnecke: Das biometrische Dokumenten-Foto
15.Prof. Susanne Regener: Identitätsmaschinen. Zur Vorgeschichte biometrischer Fotografie
16. Christian Mahler: interconnected pictures
17. Prof. Niels Gottschalk-Mazouz: Werkzeug, Maschine, System. Bemerkungen zur Biometrie aus technikphilosophischer Sicht.
18. Jeroen van Beek: ePass reloaded
19. Raul Gschrey: künstlerische Arbeiten aus dem Projekt “Contemporary Closed Circuits – Subversive Dialoge”

BKA und Architekten

Das BKA braucht die Hilfe von Architekten, denn die Gesichtserkennungssoftware der Polizei funktioniert nur dann richtig, wenn die Kameras gut Licht haben und richtig angebracht werden. Und deshalb bitte ihre örtliche BKA-Dienststelle und Mithilfe – mit einem Aufruf im Deutschen Architektenblatt.

Das BKA klagt nun zu den Bildern von draußen: „Diese (Video-)Aufnahmen sind häufig aufgrund der ungenügenden Bildqualität für derartige Recherchen nicht oder nur bedingt geeignet. Auf diese Situation können jedoch Architekten Einfluss nehmen“ – vor allem durch richtige Kamerastandorte oder Leerrohre dafür und durch angemessenes Licht.

Buch zum e-Pass

Als pdf online abrufbar ist das Buch “e-Pass der neue biometrische Reisepass” von Jöran Beel & Béla Gipp. Laut Webseite ist,

“das Buch “ePass – der neue biometrische Reisepass” ist das Standardwerk zum ePass. Fachzeitschriften sowie Kritiker und Befürworter des ePasses nutzen es für ihre Arbeiten über den ePass. So beispielsweise der Heise Verlag auf Heise Online und in der ix; der Deutsche Bundestag im Literaturtipp zum ePass und der Übersicht zum ePass; der Chaos Computer Club in der “Datenschleuder”; und das FIDIS Konsortium in ihrer Budapest-Erklärung zu maschinenlesbaren Ausweis-Dokumenten.

Dass ich darin keinen Verweis auf den Kollegen Gerrit Hornung lese, wundert mich angesichts dieser Eigenwerbung schon ein wenig. Dessen Buch “Die digitale Identität” ist ebenfalls online als Volltext im pdf-Format erhältlich und sicherlich ein wichtiges Buch auf diese Gebiet – wenn auch ein juristisch-wissenschaftlicher Text, aber das ist ja nicht immer verkehrt.