Month: Juni 2008

Das Überwachungsgewerbe blüht

Ein interessantes Feature bei DeutschlandRadio Kultur gibt ein paar Einblicke in das Geschäft mit der Überwachung, der Spionage zur Risikominimierung, dem modernen Detektivgewerbe oder wie es heißt dem Bereich der Sicherheitsberater. Das geht bei allen Kameras und den gesammelten Daten völlig unter: Hier tut sich etwas, das mehr ist als nur ein Abfallprodukt, sondern elemtarer Bestandteil einer immer misstrauischer werdenden Gesellschaft, die über die entsprechenden technischen Mittel verfügt.

Die Problemlöser, vom 29. Juni 2008.

Mehr Forschung zu diesem Thema wäre sehr interessant. Wer weiß etwas?

Und dann mal wieder: Videoüberwachung

Es sind die Kameras, die die Überwachungsgesellschaft symbolisieren, sie sind ihre Ikone. Wer sich die Mühe macht, kann jeden Tag Erfolgsmeldungen in der Presse finden, wie gut sie funktioniert und warum Kameras so toll sind. Nun lernen einige von ihnen auch noch hören, belauschen also die Umwelt zusätzlich (siehe auch einen Bericht bei der BBC).

In England regt sich allerdings Widerstand gegen die bereits zum Stadtbild gehören wie ein Zebrastreifen – ausgerechnet von den Tories, wer hätte das gedacht. Und auch auf auf breiterer Basis werden inzwischen die Langzeitfolgen der völlig ausüfernden Ãœberwachung kritisch gesehen.

Little Brother

Hinweis auf einen aktuellen Artikel im Guardian des kanadischen Sci-Fi-Autors Cory Doctorow: Surveillance: You can know too much:

Britain has never collected more data on her citizens. But what use is all that information if we can’t process it fast enough?

Ebenfalls lesenswert: Cory Doctorows neuester Roman Little Brother über eine Gruppe von Teenagern, die sich in San Francisco nach einem terroristischen Angriff vorübergehend in Haft genommen werden und nach ihrer Freilassung beginnen, sich gegen den Überwachungsstaat zu wehren. Das E-Book steht unter einer Creative Commons-Lizenz und ist kostenfrei downloadbar.

Ãœberwachung beim Scheibenwischer

Gestern Abend stand der Scheibenwischer ganz unter dem Motto “Ãœberwachung”. Herrlich eingerichtet mit Kameras, Bildschirmen und Computern – die Ästhetik klappt immer noch. Die beiden schönsten Sprüche aus der Sendung waren einerseits: “Adresshandel schützt vor Einsamkeit”.

Das ist eine schön groteske Sicht auf das ganze Phänomen, frei nach dem Motto “lieber überwacht, als gar keine Beachtung”. In diesem Sinne – hier gibt es die Sendung zum Anschauen.

Ach ja das zweite Bonmot: “Eine Kamera im Nacken resozialisiert bevor ich überhaupt etwas verbrochen habe” (Riechling)

Sicherheit in Bremen

Sie sind seltener, aber es gibt sie: Umfragen zum Sicherheitsgefühl. Und wie die taz zeigt, ergeben sie manchmal Ergebnisse, die sich mit dem landläufigen offiziellen Verlautbarungen nicht decken.

Dass die Beeinträchtigung allein durch den Verkehr “so massiv sei”, sagte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), das habe er bislang “nicht vermutet”. Weniger häufig als noch vor drei Jahren wurde indes über nicht näher definierte “Migrantenprobleme” geklagt.

Das es sich dabei um eine selektive Wahrnehmung handelt, verwundert mich nicht, denn genau deshalb gibt es ja überhaupt Orte, wo man sich sicher fühlt oder eben nicht. Oft handelt es sich dabei Orte, die man nicht mal aus eigener Anschauung näher kennt – wie wir für Hamburg gezeigt haben.

Mehr Forschung zu diesem Phänomen ist also angesagt – interessant in dieser Hinsicht ist auch der Forschungsbericht des schon länger abgeschlossenen Projektes European Insecurities, von den damals noch an der TU Hamburg-Harburg, heute: Hafencity Universität beheimateten Stadtsoziologen.

Billboards that look back.

The International Herald Tribune has an article about the latest in consumer research technology: Billboards that look back.

You thought you were looking at an advertisement, but in fact it is looking at you and scanning you for age, sex by way of biometric analysis – and race will be introduced as a feature soon

The goal, these companies say, is to tailor a digital display to the person standing in front of it – to show one advertisement to a middle-aged white woman, for example, and a different one to a teenage Asian boy.
“Everything we do is completely anonymous,” said Paolo Prandoni, the founder and chief scientific officer of Quividi, a two-year-old company based in Paris that is gearing up billboards here and abroad. Quividi and its competitors specifically target digital billboards, which tend to play short videos as advertisements

That is now, but what possibilities does that open – the Minority Report does ring a bell here.

Sicherheitsforschung in Europa

Angekündigt wird die 3. Europäische Sicherheitskonferenz wie folgt:

The Third European Security Research Conference (SRC’08) will be held in Paris on 29 and 30 September 2008. Organised under the French Presidency of the European Union, this event will bring together more than 1,200 representatives from the worlds of research, industry and European institutions

Es dürfte klar sein, dass es sich dabei um eine Konferenz für Industrie und Staat handelt, bei der innerhalb des 7. Rahmenprogrammes viel Geld für neue Sicherheitsarchitekturen ausgegeben werden soll. Forschung im Sinne einer Forschung über Sicherheit und zu den Hintergründen von Unsicherheit, Terror und Überwachung dürfte kaum stattfinden.

Kurz davor findet in Karlsruhe die 3. Security Research Conference “Future Security” der Frauenhofer Gesellschaft statt, die in ähnlicher Weise an das Thema herangeht. Sicherheit, das wird immer klarer ist ein industriell zu lösendes Problem, bei dem viel Geld zu verdienen ist. Die im Programm aufgelisteten Themen klingen durchaus interessant, aber ich glaube da wird wesentlich praktischer über Raum und Sicherheit oder Videoüberwachung geredet, als wir das so kennen und es für wichtig halten. Da reizt es schon dabei zu sein und wenigsten einmal zu hören, was die so zu sagen haben.

Hier kommt das Vögelchen!

“Hier kommt das Vögelchen!” – Vermutlich soll dieser Spruch an die Ähnlichkeit historischer Fotoapparate mit hölzernen Vogelhäuschen erinnern. Die Designer von FRIESLAND haben diese Redensart nun auf den technischen Stand der Ãœberwachung gebracht und einen Nistkasten in Form einer Ãœberwachungskamera entworfen: Das Modell “Wolfgang S.” ist das ideale Geschenk für Gartenbesitzer mit erhöhtem Sicherheitsbewusstsein. Oder für Sicherheitspolitiker, die einen Vogel haben. (Ist kein Garten vorhanden, kann man immer noch auf diese Wohnzimmerleuchte zurückgreifen.)

Und wer das ganze für eine großen subversiven Spaß hält, sollte sich erst mal das hier ansehen.

From CCTV to MTV

Ein echter Öffentlichkeits-Stunt: Die britische Newcomer-Band The Get Out Clause hat sich vor Ãœberwachungskameras gestellt und anschließend mit Hilfe des Subject Access Request von den jeweiligen Kontrollräumen die Herausgabe der Bilder eingefordert. Ergänzt um ein paar selbstgedrehte Aufnahmen, und fertig war ihr Musikvideo “Paper”. Zum selben Ansatz im Film siehe dieses Posting und den Film Faceless.

T-Shirt als Sicherheitsrisiko

Apropros Sicherheitshysterie – diese Geschichte schlägt alles.

Man wearing a T-shirt depicting a cartoon character holding a gun was stopped from boarding a flight by the security at Heathrow’s Terminal 5.
Brad Jayakody, from Bayswater, central London, said he was “stumped” at the objection to his Transformers T-shirt.
Mr Jayakody said he had to change before boarding as security officers objected to the gun, held by the cartoon character. BBC Online, 2. Juni 2008

Lügendetektoren gegen Leistungsmissbrauch!

Und woher kommt es? – Aus Großbritannien, wo all die schrägen Ideen eines wachenden und überfürsorglichen Staates herkommen. So auch diese: Lügendetektor gegen falsche Krankmeldungen. So absurd es auch klingt – der Glaube daran schein echt zu sein. Und so soll es funktionieren

Inzwischen scheint sich allerdings ein Revival der Idee vom Lügendetektor am Telefon anzubahnen, das auf einer Verfeinerung des ursprünglichen Stresskonzepts durch die Firma Nemesyco basiert. Deren patentierte Technik namens ” Layered Voice” sucht nicht mehr nach Änderungen in der Stimmlage, sie analysiert vielmehr den Sprachfluss. Insbesondere vom menschlichen Gehör nicht wahrnehmbare Stockungen und Pausen sollen dabei Lügner entlarven, da diese ihre Aussagen nicht einfach aus der Erinnerung abrufen.

Der Glaube an Technik allein scheint die herrlichsten Blüten bezüglich Überwachung zu treiben. Gefährlich nur, wenn solche Verfahren die Norm werden und das simple Telefonat nicht nur gespeichert, sondern der Inhalt auch gleich analysiert wird. Und wer hat nicht schon wirres Zeug geredet am Telefon gerade weil er krank war oder aus etlichen anderen Gründen. Ich hoffe solch ein Unsinn kommt nicht auch hier in Mode, aber wer weiß das schon.