Author: Nils Zurawski

Dr. habil. Nils Zurawski, ist Soziologe und Ethnologe und Initiator des Forschungs-Netzwerkes Surveillance-Studies. Er arbeitet als Wissenschaftler am Institut für kriminologische Sozialforschung an der Universität Hamburg sowie als freier Mediator/Moderator/Konfliktberater. Hier gibt es mehr Informationen zu seiner Arbeit: https://www.surveillance-studies.org/zurawski

Kreditkarten-Aktion: Rechtens oder doch nicht?

So klar scheint die Lage bei der kürzlich durchgeführten Massenüberprüfung von Kreditkarten doch nicht zu sein – immer hin so unklar, dass sich nun drei Kläger gefunden haben, um die ihrer Meinung nach rechtswidrige Ãœberprüfung ahnden zu lassen. Das die Verdächtigen nach der Fahndung geständig waren, ist gut und ein Erfolg, die Frage ist wie viel Recht gebrochen werden darf, um einen solchen Erfolg zu erziehlen und welche möglichen Begehrlichkeiten damit eventuell geweckt werden.

Da kein konkreter Anfangsverdacht vorgelegen habe, handele es sich um eine Rasterfahndung, für die ein richterlicher Beschluss hätte vorliegen müssen. “Im Grunde war es eine Art outgesourcte Rasterfahndung, die die Kreditkartenunternehmen für die Polizei übernommen haben”, sagte Vetter (einer der Kläger Anm. d. Verf.)

Offensichtlich gibt es dazu aber auch noch andere Meinungen und Kommentare.  Das Thema wird uns also bestimmt noch eine Weile begleiten..

CCTV im Zoo: Pinguine in Münster und anderes

Ãœberwachung, sehen und gesehen werden hat manchmal auch seine heiteren, absurden oder völlig belanglosen Seiten: Den Pinguinen im Münsteraner Zoo – einem sehr schönen nebenbei – kann man über das Web mit gleich drei Kameras beim rumplantschen zusehen. Der WDR macht es möglich. Ich finde das eine nette Idee, auch wenn wir nicht nach den Datenschutzrechten der kleinen Vögel gefragt haben. pinguincam_458_120.jpg

Hauptsache es bleibt bei den Pinguinen und ihren Zoogenossen – für uns Menschen liegen solche Pläne sicherlich schon vielfach in den Schubladen. Allein die Aktion mit den 22 Millionen Kreditkarten (Spiegel Online) weist schon einen Weg dahin… einen erhelleneden Kommentar habe ich dazu auch gefunden – mit nicht von der Hand zu weisenden Argumenten, warum das ganze vielleicht doch nicht hätte sein müssen.

Keine Bilder mehr vom Uni Campus

Da hatten die Verantwortlichen des Medienzentrums der Pädagogen eine prima Idee gleich in die Tat umgesetzt: Webcams für den Uni-Campus und den Allende-Platz – alle 60 Sekunden ein Bild auf der Webseite und wer wissen will was gestern so los war, der ganze Vortag in einem Film zum runterladen.
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Man konnte nicht alles genau erkennen, keine Menschen, keine Gesichter, aber mit etwas Mühe vielleicht die Kennzeichen, es ließen sich Profile und Bewegungen nachvollziehen, denn die Daten waren ja gepeichert. Ich glaube nicht, dass die Verantwortlichen darüber nachgedacht haben, ob hier der Datenschutz gewährleistet wird oder ob sie sich damit dann doch vielleicht im Abseits befinden. Inzwischen wurde der link entfernt (link geht nicht) und dem Datenschutz wieder genüge getan. Schön dass es auch so einfach gehen kann und ein kleiner Fehler schnell behoben werden konnte. Das ist leider nicht immer so -> siehe die Videoüberwachung in Hamburg……Danke an die Verantwortlichen der Uni…

Na endlich: mehr Videoüberwachung in Hamburg

Ich höre noch Hamburgs Innensenator Nagel sagen: Wir wollen keine Ausweitung der Videoüberwachung in Hamburg. Und als hätte ich es besser gewusst: Sie kommt nun doch. Die Welt berichtet über die neuen Pläne der Hamburger Polizei, die meiner Meinung nach dabei das bewährte Muster aus Erfahrungsberichten und bloßen Behauptungen weiterführt. Dabei kommt sie auch nicht klar mit der Problematik von Prävention und Aufklärung: Das eine macht das andere obsolet – man muss sich schon entscheiden, ansonsten wirkt es wie der Wunsch nach einer Totalüberwachung – überall und immer..

Durch Videoüberwachung habe die Polizei die Möglichkeit der Abschreckung und der Aufklärung. Einerseits könnten ganz konkret an bestimmten Punkten der Stadt Straftaten verhindert werden. “Wir haben seitens der Polizei gegen den Ausbau nichts einzuwenden. Er ist gut, und wir brauchen die Videoüberwachung, weil wir damit besser in der Lage sind, Straftaten aufzuklären. Dazu gehört auch, Täter zu ermitteln und weitere Taten durch sie zu verhindern”, sagte Jantosch. “Das ist ein wichtiger Punkt für die Anlagen, die wir haben und die wir haben werden.” Für die Polizei sei Videoüberwachung ein gutes Mittel zur Verhinderung von Straftaten. “Prävention”, so Jantosch, “ist die vornehmste Aufgabe der Polizei. Wenn wir Straftaten verhindern und sie erst gar nicht aufklären müssen, soll uns das nur recht sein.”

Dabei sind sie Neuem durchaus aufgeschlossen:

Es ist schon enorm, was für Möglichkeiten die heutige Technik bietet”, sagte Jantosch. “Und die Entwicklung wird weitergehen. Wir haben ständige Marktbeobachter, Experten, die neue Entwicklungen analysieren und schauen, ob sie für unsere Arbeit geeignet sind.” So soll es beispielsweise bald den Datenzugriff aus dem Peterwagen auf zentrale Dateien geben.

Ich bin also gespannt. Unser Abschlussbericht wird demnächst erscheinen. Mal sehen, ob er zur Kenntnis genommen wird von der Polizei. Zu forschen gäbe es also auch in Zukunft noch genug. Und dann ist da ja auch noch da Urteil zu den Kameras in Hamburg…..
Hoffen wir das die neuen Kameras in Hamburgs Verkehrsbussen nicht auch noch von der Polzei angezapft werden, sondern bleiben was sie sind…

Dokumentation: Every step you take…

Der Österreicher Nino Leitner hat sich in Großbritannien umgeschaut und einen Dokumentarfilm mit Interviews zur Situation auf der Insel gemacht. Polizisten, CCTV Operateure, Forscher – u.a. Clive Norris, und Experten kommen zu Wort. Der Trailer verspricht einen exzellenten Film in Form und Inhalt, der vor allem die Komplexität des Themas berücksichtigen zu scheint. Genaueres kann ich sagen, wenn ich den ganzen Film gesehen habe.

“Every step you take”
von Nino Leitner
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ps. in diesem Fall sind die Kameras und Monitore zur Illustration mal in Ordnung – es geht ja auch genau darum…

Neues Jahr, neue Kameras…

… oder alte, auf die aber auch dieses Jahr wieder große Hoffnungen gesetzt werden. Rund um den Jahreswechsel ein paar Meldungen aus aller Welt zum Einstimmen auf das neue Jahr… euch allen ein frohes neues Jahr…

Big Brother to keep eye on New Year’s Eve trouble spots (Australien)

CCTV in town centre on New Year’s Eve (England)

CCTV studied after park shooting (England)

Mumbai set to welcome 2007 under ‘watchful eyes’ (Indien)

EDITORIAL – The utility of CCTV (Jamaika)

… und auch der Klassiker unter den Ãœberschriften ist mit dabei… Big Brother’s watching you… (England)

Ãœberwachungsdrone für 1.000 Euro – Watching them watching us

Spiegel Online schreibt über ein Produkt, dass auf dem Chaos Computer Congress demonstriert wurde:

Mal sehen, was der Nachbar treibt

Seit brauchbare Drohnen kommerziell verkauft werden, ist Überwachung aus der Luft nicht länger ein Privileg für Militär und Polizei. Hacker auf dem Chaos Communication Congress diskutieren bereits völlig neue Einsatzfelder.

Polizeidrohne gegen Demonstrantendrohne – so stellt sich ein Teilnehmer am Chaos Communication Congress Protestaktionen in ein paar Jahren vor. Seine Vorstellung ist alles andere als absurd, denn kleine fliegende Ãœberwachungskameras dürften in den nächsten Jahren erschwinglich werden, sodass selbst kleinere Bürgerinitiativen sich damit ausrüsten könnten.

Interessanterweise in der Rubrik Spielzeug abgelegt. Die MD4-200 kostet derzeit ca. 10.000 Euro, soll aber nach Aussage der Netzaktivisten für ca. 1.000 auch in Eigenproduktion innerhalb eines Jahres hergestellt werden können.

Call for Papers: Kriminal-Geographie

Für das nächste Jahr ist an der Uni Potsdam eine Tagung zum Thema:
“Kriminalität und Raum – Das Projekt einer ‚kritischen Kriminalgeographie’” geplant.

Termin ist der 14./15. September 2007.
Vortragsangebote sind bis zum 28. Februar 2007 einzureichen (Organisator: Bernd Belina)

Sowohl Raum/Räumlichkeit als auch Kriminalität/Kriminalisierung sind Ergebnisse sozialer Konstruktionen/Produktionen. Weder ist Raum rein physikalisch als Container zu verstehen, noch ist Kriminalität oder Abweichung etwas ontisches. Die seit einigen Jahren auch hierzulande wieder boomende Mainstream-Kriminalgeographie hingegen ist sowohl ätiologisch orientiert als auch einem Containerraumverständnis verhaftet; dabei interessiert sie sich vor allem für die Bedeutung von Raum bzw. für die spezifischen Merkmale von Räumlichkeiten für die Chancen der Begehung kriminalisierbarer Handlungen und in jüngerer Zeit verstärkt auch für Sicherheitsempfindungen/Kriminalitätsfurcht in öffentlichen Räumen.

Ich denke, dass ist auch für die Überwachungsforscher und aus Sicht der Suveillance Studies durchaus von Interesse.

Vortrag: Videoüberwachung und Gesellschaft

In der Vortrags- und Diskussionsreihe “Umwelt Entwicklung Frieden” an der Universität Osnabrück findet am 17. Januar eine Veranstaltung zum Thema Videoüberwachung statt.

Dr. Gisbert van Elsbergen
“Wieviel Videoüberwachung verträgt unsere Gesellschaft?

Ort: Hörsaal der Geographie
Seminarstraße 19 A | Geb.02, Raum E 04
Tag: Mittwoch | 17. 1. | 18.15 Uhr

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr

Das Blog ist zwar noch kein Jahr alt, aber das erste Jahr des Entstehens geht zu Ende. Wir machen auch 2007 weiter und hoffen auf noch mehr Einmischung, Engagement, Diskussionen innerhalb des Netzwerkes und darüberhinaus. Was so ein Netzwerk an Forschern, Praktikern, Journalisten und Aktivisten vielleicht ausrichten kann, hat unser englisches Pendent im Herbst gezeigt mit seinem Bericht zur Lage der Surveillance Society. Im nächsten Jahr werden wir aktiv mit dem SSN kooperieren.

Ich hoffe auf inspirierenden intellektuellen Austausch und gute Infos, interessante Tagungen und Vorträge und vieles mehr.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachtstage und ein gutes neues Jahr 2007 – ich weiß noch nicht genau was alles so passieren wird, aber irgendjemand wird schon aufpassen, das ich nichts verkehrt mache und mir sagen, was für mich geplant ist… ;-)

viele Grüße und ein gutes neues Jahr

Nils