Author: Dietmar Kammerer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Insitut für Medienwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Veröffentlichungen: "Bilder der Überwachung", Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008.

Hier kommt das Vögelchen!

“Hier kommt das Vögelchen!” – Vermutlich soll dieser Spruch an die Ähnlichkeit historischer Fotoapparate mit hölzernen Vogelhäuschen erinnern. Die Designer von FRIESLAND haben diese Redensart nun auf den technischen Stand der Ãœberwachung gebracht und einen Nistkasten in Form einer Ãœberwachungskamera entworfen: Das Modell “Wolfgang S.” ist das ideale Geschenk für Gartenbesitzer mit erhöhtem Sicherheitsbewusstsein. Oder für Sicherheitspolitiker, die einen Vogel haben. (Ist kein Garten vorhanden, kann man immer noch auf diese Wohnzimmerleuchte zurückgreifen.)

Und wer das ganze für eine großen subversiven Spaß hält, sollte sich erst mal das hier ansehen.

From CCTV to MTV

Ein echter Öffentlichkeits-Stunt: Die britische Newcomer-Band The Get Out Clause hat sich vor Ãœberwachungskameras gestellt und anschließend mit Hilfe des Subject Access Request von den jeweiligen Kontrollräumen die Herausgabe der Bilder eingefordert. Ergänzt um ein paar selbstgedrehte Aufnahmen, und fertig war ihr Musikvideo “Paper”. Zum selben Ansatz im Film siehe dieses Posting und den Film Faceless.

Public Domain: Vortrag zur Videotechnik

Hinweis auf eine Veranstaltung des FoeBuD:

PUBLIC DOMAIN V151.0 am Sonntag, 1.6.2008, 15 bis ca. 18 Uhr
Ingo Lütkebohle und Florian Glatzner zum aktuellen Stand der
Videoüberwachungstechnik

Die technische Entwicklung bei der Videoüberwachung ist rasant. Die
Kameras sind kleiner und leistungsfähiger. Neue Technologien wie
biometrische Gesichtserkennung, Personenverfolgung oder die Analyse
von Bewegungsmustern werden getestet und eingeführt.
“Mehr Sicherheit” lautet das Versprechen. Doch was bewirkt die
Videoüberwachung des öffentlichen Raumes tatsächlich?

“Ein einziges Fiasko”

Ãœber so viel Ehrlichkeit kann man nur staunen: Deputy Chief Inspector Mick Neville von der Metropolitan Police gibt öffentlich zu, dass Videoüberwachung in Großbritannien bislang “ein einziges Fiasko” gewesen sei. Zwar habe man Milliarden (!) an Steuergeldern für teure Geräte ausgegeben, jedoch keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, wie diese zu nutzen sind. So ist das nun mal: Die Technik alleine macht’s nicht.

Das soll sich nun natürlich ändern. Neville ist Leiter der Sondereinheit Visual Images, Identifications and Detections Office (Viido), die zur Aufgabe hat, die Auswertung von Videobildern so zu professionalisieren, wie auch Fingerabdrücke und DNA ausgewertet werden. Bislang ist der Umgang mit Bildern eher Kraut und Rüben, manche Gerichte verfügen noch immer nicht über Abspielmöglichkeiten von Videoaufnahmen. Daher haben, so Neville, die wenigsten Verbrecher Angst, von den Kameras erwischt zu werden.

Ergänzung: Der Guardian hat weitere Informationen über den Vortrag von DCI Neville.

Souriez, vous êtes filmés!

Eine Reportage in der heutigen taz über Brüsseler Bilder-Piraten und die Aktion Souriez, vous êtes filmés!, die dazu auffordert, sich den Raum vor den Kameras wieder anzueignen – durch Gegenfilmen, spontane Theateraktionen oder Tortenwerfen. Schöne und wichtige Aktion – obwohl man sich (wie so oft) doch fragen muss, ob Kritik an Videoüberwachung keine andere Form finden kann als die, sich vor die Kameras zu stellen, die ganze Konfrontation im Bild festzuhalten (Nach dem Motto: “Ich gegen die Kamera!” – d.h. das Problem zu individualisieren) und dann auch noch im Netz zu veröffentlichen…

RFID. Vom Ursprung einer (all)gegenwärtigen Kulturtechnologie

Bei Kadmos erschienen:

RFID. Vom Ursprung einer (all)gegenwärtigen Kulturtechnologie

Aus dem Klappentext:

RFID, Radio-Frequency-Identification, ist in aller Munde. Doch aus allen Mündern spricht’s das zweifach Gleiche: die Funkchips auf den Dingen unseres Alltags sind entweder vergötterter Hi-Tech oder aber sie sind datenschnüffelndes Teufelswerk. Dieses Buch sucht den schmalen Horizont dieser Debatte mittels einer konkret recherchierenden Medienwissenschaft zu erweitern. Was verbirgt sich hinter diesen vier Buchstaben?

Surveillance Light

Das wirft neues Licht auf Ãœberwachung! Dazu der Designer: “Blending the typical appearance of a surveillance camera with a standing lamp is an ambiguous reflection of our thoughts about the political future”. Bei IKEA ist das schwedische Design-Stück noch nicht erhältlich, aber vermutlich wird Schäuble diese Stehlampen demnächst für alle Wohnungen vorschreiben.

surveillancelight400.jpg (Bild: Surveillancelight.com)

Mit CCTV und RFID gegen Fahrraddiebe

In Portsmouth, England, werden seit vergangenen Oktober Fahrräder mit einer Kombination von CCTV, Funkchips und Bewegungssensoren geschützt. Mit dem WASP Cycle Monitoring System der Firma SOS Response können Radfahrer ihren Drahtesel an speziellen, kameraüberwachten Parkplätzen abstellen und anmelden. Wird das Rad bewegt, aktivieren Sensoren die nächste Kamera, die daraufhin auf den Standort des Rades zoomen. Per SMS wird ein Alarm ausgelöst. Die Sicherheitsbeamten können anhand der Live-Ãœbertragung entscheiden, ob ein Beamter losgeschickt wird. Der Effekt: Kameras sind nicht mehr in die falsche Richtung gedreht, wenn’s gerade passiert. 90 Prozent weniger Fahrradklau (in den Monaten Oktober bis Dezember).

So viel zur Propaganda. Interessant an dem Fall ist nicht, ob’s denn wirklich “hilft”. Niemand hat die Zahl der angeblich verhinderten Diebstähle je überprüft, die von der Polizei (genauer: dem Polizisten, der auf die Idee dazu kam) und dem Unternehmen verbreitet wird. Dass es möglicherweise mit der Medienkampagne (hier, hier, hier und hier), oder mit den besonderen Bedingungen des (wie es scheint) einen überwachten Fahrradständers auf Universitätsgelände zu tun haben könnte, wird nicht Erwägung gezogen.