Month: Juli 2008

Was kostet Sicherheit – und lohnt es sich?

… das fragt sich John Mueller von der Ohio State University/USA und hat in einem Vortragspapier eine Kosten-Nutzen-Analyse der Homeland Security gemacht.

The Quixotic Quest for Invulnerability: Assessing the Costs, Benefits, and Probabilities of Protecting the Homeland,” it lays out some common send premises and policy implications.

Das ist ein ungewöhnlicher Ansatz, aber sehr interessant.

Das FBI wird 100!

Eine der berühmtesten und berüchtigsten Polizeibehörden  und damit einer der wohl in der Popularkultur ganz oben stehenden Ãœberwachungsapparaten wird 100 und so richtig wird das ganze gar nicht gewürdigt bzw. einmal kritisch kommentiert. Die Zeit hat eine nette Bildergeschichte dazu – das FBI feiert sich auf seinen Seiten natürlich selbst – auf WDR 5 kann man sich ein Hörfunkbeitrag dazu anhören – ebenso tut es die Deutsche Welle – einen längeren Artikel bietet der Zoomer (wie gut kann ich nicht genau sagen, aber mit einem “Amateurvideo” (!) von einer Schießerei mit Bonnie & Clyde ) – einen etwas kritischeren Blick wagt ein Eintrag im Blog des Cato-Institute aus Bosten /USA.

Wer weiß noch mehr Quellen – nur zu. Ansonsten viel Spaß beim 100. So oder so!

Verbrecher von Geburt an?

Die Idee, dass Menschen als Verbrecher geboren sind war lange Teil des kriminalistischen Allgemeingutes – Von Lambrosio bis an das Ende des Dritten Reiches. Danach waren solche Thesen nicht wohl gelitten – ganz zu recht. Mit den Errungenschaften der Gentechnik und Analyse allerdings treten diese Theorien in neuem Gewand wieder auf den Plan und irritieren die Diskussion. “Gibt es den geborenen Verbrecher?” fragt die Süddeutsche Zeitung und bringt in einem guten Diskussionsartikel alle Argumente für und gegen die Annahme und eine Ãœbersicht über den aktuellen Stand von Forschung und Debatte.

Die DNA Analyse und die Gentechnik werden auch weiterhin und mehr als bisher wahrgenommen zu den Kernbereichen der Überwachungsregime werden. Zeit sich mehr und disziplinär verschränkter damit zu beschäftigen.

Mal wieder Diskussion um Kameras in Hamburg

Die MOPO berichtet heute über den Streit im Bezirk Mitte über die 5 Kameras auf dem Hansaplatz, leider unter dem völlig falschen Titel “Big Brother bringt nichts“. Die Linke und die rot-grüne Bezirkskoalition wollen die Kameras abschalten, der Senat übergeht den Wunsch und lässt sie an. Und das mit den üblichen Argumenten, die so tun als basieren sie auf einer empirischen Grundlage und doch nur politischer Wille sind

“Bevor die Menschen in der Sonne in Ruhe Kaffee trinken, müssen wir für Sicherheit sorgen”, erwidert Marco Haase, Sprecher der Innenbehörde. “Der Hansaplatz ist nach der Reeperbahn der Platz mit den meisten Straftaten.” Haase verweist darauf, dass die Polizei über die Kameras “schneller brenzlige Situationen erkennt und so schneller Beamte hinschicken kann”.

Wer entdeckt die Fehler – man könnte hier ein kleines Spiel spielen. Sicherheit kommt nicht hauptsächlich durch Kameras, sondern wie wir im Forschungsprojekt Videoüberwachung festgestellt haben vor den Kameras. Cafés sind dabei ganz bestimmt ein guter Ansatz.

Auf die Evaluation bin ich gespannt. Noch habe ich nichts Zufriedenstellendes aus dem Senat dazu gehört.

Resource zu Polizei und andere Sicherheitsorgane

Cop2Cop ist ein unabhängiges Weblog zu Polizei, Feuerwehr, Justiz und anderen Sicherheitsorganen. In eigenen Worten

Cop2cop ist ein in Deutschland einmaliges unabhängiges Internetprojekt. Bei uns gibt es die neuesten Meldungen zu allen Themen der Inneren Sicherheit. Cop2cop sammelt, sichtet und veröffentlicht Informationen über Polizei, Justiz, Feuerwehr und private Sicherheitsunternehmen.

Mehr und genaueres ist leider nicht zu finden. Aber auch einiges zu Videoüberwachung, neben vielen anderen Themen. Leider wird auch dort nur wiedergekäut, was wir aus Tagespresse und somit aus den Verlautbahrungen von Politikern bereits kennen. So etwas zu Kameras in Hessen. Darin auch die schöne Bemerkung, dass Hessen das erste Bundesland war, in dem Kameras im öffentlichen Raum installiert worden sind. War das nicht 1996 bereits in Leipzig der Fall? Bitte korrigiert mich.

Worauf die vielen Schlüsse basieren, die in dem Artikel zum Besten gegeben werden, bleibt ein weiteres Mal offen. Vor allem scheint eine oder mehrere Drogenszenen verscheucht worden sein, ansonsten ist die Ausbeutung eher mager und sicherlich nicht das, was eine derartiges Feiern von Erfolgen rechtfertigt.

Eine kritische Betrachtung dieses “unabhängigen Blogs” ist bestimmt reizvoll.

Neues von Banksy (oder doch nicht)

Die Zeit hat einen Bericht zum Londoner Künstler Banksy, der uns auch immer wieder mit schönen Graffitis zu Kameras und zum Überwachungsstaat beschenkt. Aber das sahen die Kuratoren eine Graffiti-Ausstellung anders und luden ihn nicht dazu ein bzw. stellten seine Werke dort nicht aus.

Er befinde sich nach wie vor auf der Flucht vor der Polizei, die seinem subversiven Treiben wohl ein Ende machen möchte. Der Zeitzuender meint dazu:

Die Stadt, die 24-Stunden von CCTV-Kameras überwacht wird, bietet wenig Raum für Straßenkunst. Mit ihrer „Null Toleranz-Politik“ nach amerikanischem Vobild geht sie radikal gegen Kultur außerhalb des Mainstreams vor. Die Tatsache, dass Banksy noch nicht erwischt wurde, lässt sich nur dadurch erklären, dass er seine Stadt und ihren Rhythmus sehr gut kennt.

Kameras sortieren nach Hautfarbe

CCTV camera identifies people by race Рda h̦rt man doch schon mal aufmerksam hin und liest nach. Das so etwas geht wundert mich nicht, aber das sich irgendeine Firma damit nach vorn wagen sollte schon. Und so handelt es sich auch um eine Kunstaktion des Londoner Ingenieurs Benjamin Males, der damit auf die fatalen Konsequenzen von Kameras im Alltag hinweisen will.

The RTS-2 (Racial Targeting System) is essentially an automated racial-profiling tool, one that governments and police have not dared touch due to privacy and human-rights concerns, even though the technical capabilities already exist.

However, Males built the camera in an attempt to raise awareness of such issues among the public, which often appears oblivious to how frequently it is surveyed by CCTV (closed-circuit television) due to the prevalence of the cameras, especially in the U.K.

Google Health und Datenschutz

DeutschlandRadio Kultur hat zum Thema Gesundheitsdaten und Google Health ein Interview mit Alexander Dix, Datenschutzbeauftragter von Berlin, geführt, das hier nachzuhören ist:

Datenschützer Dix: Patientendaten bei Google-Health nicht sicher.

Ob allerdings eine katastrophale Technologie wie Google dafür herhalten muss, um  andere bedenkenwerte Technologien in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, finde ich diskussionswürdig.

Die bei “Google Health” vorgesehene Speicherung von Krankendaten berge die Gefahr, dass der einzelne Patient “letztlich die Kontrolle” über seine Daten verliere. Zum einen würden täglich “immer intelligentere Angriffe” auf Netzanbieter “gefahren”, zum anderen sei Google nach amerikanischem Recht verpflichtet, Behörden oder auch Prozessgegnern seine Dateien offen zu legen – so dass etwa Arbeitgeber oder Versicherungskonzerne Informationen über Gesundheitsrisiken von Mitarbeitern oder Versicherten erhalten könnten.

Die elektronische Gesundheitskarte in Deutschland sei “die bessere Variante”, da sie sehr klare Datenschutzbestimmungen enthalte, “die in den USA vollkommen fehlen”. (dradio, 8.7.2008)

150 Jahre Fingerabdruck

Ob es ein Grund zum Feiern ist, sein dahingestellt – aber es ist ein Jubiläum, dass Aufmerksamkeit verdient. Außer der Welt am Sonntag scheint niemand es wahrgenommen zu haben: Der Fingerabdruck als kriminalistisches Mittel wird 150 Jahre alt. Ursprünglich war es eine Methode der Identifizierung von Individuen anstatt einer Unterschrift, wurde aber im 19. Jahrhundert neben anderen Methoden das Mittel der Kriminalistik bis heute.

Als geflügeltes Wort ist es heute als “genetischer Fingerabdruck” bekannt, wobei dieser wenig damit zu tun hat, außer der Möglichkeit der Identifizierung. Zu diesen anderen Methoden gehöre auch die Bertillonage – eine von Alfons Bertillon entwickelte Methode zur Vermessung von Menschen (auch in Deutsch).

Der hier im Blog schreibende Kollege Dietmar Kammerer hat zu diesem Thema einen schönen Aufsatz geschrieben in dem Band “Sicherheitsdiskurse” (Lang Verlag).

Handfesseln für (alle) Flugpassagiere

Dieser Artikel aus der Washington Post ist lesenswert. Es geht um Armbänder, die allen Passagieren umgelegt werden sollen und die außer den Daten der Passagiere – wer wundert sich darüber schon noch? – auch die Funktion haben sollen, Menschen kampfunfähig zu machen bzw. sie auszuschalten – “Want some torture with your peanuts?”

Noch sind diese Dinger nicht in Gebrauch, aber sie werden entwickelt und wahrscheinlich auch von der Homeland Security Behörde bestellt werden

Danke an Kai für den Hinweis.

Was kostet Ãœberwachung?

In Großbritannien hat der dortige Bund der Steuerzahler mal nachgerechnet, was es eigentlich kostet sich selbst vom Staat überwachen zu lassen und ist auf die abenteuerliche Summe von 20 Millarden Pfund gekommen. Die Enttäuschung über die Effektivität der Maßnahmen und die gleichzeitige Bedrohung der persönlichen Freiheiten ist gro0, angesichts des vielen Geldes, dass da verschleudert würde. Man fragt sich, ob die vielen Ausgaben nur den Szenarios der Politiker geschuldet, die eine Bedrohung brauchen um (auch) ihre Macht zu festigen oder auch der Lobbyarbeit der Industrie, die damit ihre Bilanzen aufbessern und ihre Aktionäre erfreuen?

Mehr Kameras in mehr Zügen

In Hamburg werden nun demnächst auch die S-Bahnen per Videokameras überwacht. Eindeutiges und ausgesprochenes Ziel ist die Verbesserung des Sicherheitsgefühles. Ob dieses tatsächlich so arg gestört ist und wie das festgestellt worden ist, bleibt offen. Allerdings wird auch gesagt, dass S-Bahn fahren in Hamburg sicher ist und insgesamt nur 191 Gewalttaten im letzten Jahr dort verübt worden sind. Brauchen wir deswegen die Ãœberwachung? Eine schwierige, generelle Frage, die nicht an den Einzelfällen der Opfer diskutiert werden darf – denn es geht hier um die grundlegende Frage nach dem Sinn und Unsinn von Kameras, zumal in einem wohl als sicher anzusehendem Verkehrsmittel.

Die Reduzierung des Vandalismus und die damit verbundene Kosteneinsparung ist ein ebenfalls gewichtiges Argument. Von einer unabhängigen Evaluation ist hier wieder nicht die Rede – im übrigen im Moment auch nicht bei den Kameras auf der Reeperbahn, wie der neue Schwarz-Grüne Senat eigentlich beschlossen hatte. Dort herrscht Stille bei dem Thema.