Videoüberwachung reloaded

Mal wieder eine Diskussion zum alten, bisweilen etwas abgegriffenen Thema, Videoüberwachung, insbesondere wenn dabei die Frage im Raum steht “sind Sie für oder gegen Kameras”, “fühlen Sie sich sicher”. Das ist abgegriffen, wissenschaftlich unterkomplex und greift oft zu kurz.

Nun hatte mich der SWR am 8.1. zum Format Mixtalk eingeladen, zu genau diesem Thema mitzudiskutieren. Um es kurz zu machen: Es war wild. Für mich war es die Premiere auf Twitch, der Chat ging steil, dabei auch viele gute Kommentare, die Diskussion war teilweise heißt und kontrovers, insbesondere am Ende, als ich zwei Polizist:innen gegenüber saß, die so richtig nichts neues, dabei aber vieles eher normatives, anekdotisch-evidentes dazu beitrugen, bisweilen auch die Wissenschaft als solche nicht ganz ernst nahmen, u.a. als ich die Broken Windows-Theorie kritisiert habe… nun gut.

Hier gibt es das Video zum nachschauen.

Ethnografie in Polizei-Daten

“Data are constructed, not found (Gitelman, 2013Kitchin and Lauriault, 2014)” Der Satz mag die Leserschaft dieses Blogs nicht überraschen, komisch klingen tut er dennoch. Worum geht es? Um einen sehr empfehlenswerten Aufsatz zur Konstruktion von Daten durch Polizei in und durch ihre Arbeit: …”the term “datafication” implies that something is made into data’ (Mejias and Couldry, 2019: 1). In this study, the ‘something’ concerns the street-level cognitions at the Netherlands Police.”

Donatz-Fest, I. (2024). The ‘doings’ behind data: An ethnography of police data construction. Big Data & Society, 11(3). https://doi.org/10.1177/20539517241270695

Was hat das mit Überwachung zu tun? Nichts und alles. Da es um Kategorien geht, um Einpassungen, Entscheidungen und oft, wie hier auch, die Technik, mit und in der dieses geschieht. Hier ist es die Eingabemaske des polizeilichen Systems, in dem Informationen, Daten, festgehalten werden.

Besser werden – Selbstoptimierung

Das Thema war schon einige Male Thema – und heute auch beim Deutschlandfunk. Das Audio der Sensung Bin ich gut genug? Der Drang zur Selbstoptimierung ist nachhörbar und lohnt sich wie ich finde. U.a. mit dabei ist der Soziologe Hartmut Rosa.

Und ich nutze die Gelegenheit zur schamlosen Selbstbewerbung eines im letzten Jahr publizierten Textes von mir: N. Zurawski: Zählen, messen, kontrollieren. Über eine ambivalente Technik der (Post)Moderne oder: wie aus persönlichem Geltungsdrang ein gesellschaftliches Problem werden kann, Zeitschrift für Semiotik, Vol 45, Heft 3-4, 2023. (erschienen 09/2024, online leider noch nicht frei zugänglich, aber ihr könnt mich fragen… )

Was Erfindungen so reden, wenn Zeit ist…

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Technologie(n) bei der Arbeit oder besser beim Chillen!

ps. war mir unsicher ob der Kategorien hier…

Oscar Gandy, Oral History zum Panoptic Sort

Oscar Gandy gilt als einer Vordenker dessen, was man heute unter Surveillance Studies versteht. Mit dem von ihm entwickelten Konzept des Panoptic Sort hat der Professor emeritus der Annenberg School for Communication, der University of Pennsylvania, der Community ein wichtiges Stichwort gegeben.

In einem Oral History-Projekt der Annenberg School for Communication erzählt er in 4 Videosessions über sein Leben und seine Arbeit. Da er ein guter, kluger und interessanter Erzähler ist, lohnt es sich da mal reinzuhören. Es gibt auch Transkripte dazu, man kann das also auch mal für ein Zitat nutzen, ohne es selbst rauszuschreiben.

Die Surveillance-Preise gehen weiter

Seit Ende 2022 pausiert der Surveillance Studies-Preis, es gab also für 2023 und 2024 keine Ausschreibung. Jetzt soll sich das wieder ändern. Wir haben die Zeit genutzt einen Verein zu gründen, der den Preis jetzt verleihen wird und dann auch in der Lage ist Spenden einzunehmen, um das ganze professioneller und auch nachhaltiger umzusetzen.

Der Verein heißt panoptopia e.V., ist mittlerweile eingetragen und als gemeinnützig anerkannt worden. Die Vorsitzenden des Vereins sind Nils Zurawski (1.) und Daniel Moßbrucker (2.), weiterhin Paul Zurawski als Schatzmeister und Ronja Kniep, die für den Bereich “Preise” zuständig sein wird.

Es wird nun bald eine Ausschreibung folgen und der Preis wieder Fahrt aufnehmen. Das Thema ist so virulent wie nie zuvor und wir freuen uns auf die neue gemeinsame Arbeit. Mehr Infos zu Verein, uns und den Preisen folgen in Kürze, dann auch auf einer eigenen Webseite.

VR und die Simulation der Wirklichkeit?

Nachdem das Weizenbaum-Forum am 10.12.2024 recht erfolgreich lief (das Video dazu folgt in Kürze), habe ich noch ein paar Nachgedanken zu dem Thema VR, auch weil mich das besprochene Projekt neugierig auf mehr VR gemacht hat, nicht nur, aber vor allem auch in Bezug auf Training und Ausbildung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte.

Das Projekt K3VR ist in der Tat recht interessant und kann m.E. nach eine gute Ergänzung im Trainingsbetrieb der Polizei im Umgang mit Eskalationen sein. Auch wenn es eine Vielzahl an Fragen gibt, bietet die VR-Technik echte Alternativen zu den oft ungeliebten Rollenspielen im Training. Ob die simulierte Wirklichkeit, die ja auch immer an bestimmte Parametern orientiert ist, dann Auswirkungen …

cfp: Open Access

Call for Abstracts für die Sonderausgabe „Open Access – kultur- und sozialwissenschaftlich gelesen“ der Zeitschrift kommunikation@gesellschaft

aus dem Call: “Es werden insbesondere Beiträge eingeladen, die reflektierend, analysierend und auch argumentierend auf den Gegenstandsbereich Open Access blicken. Die Sonderausgabe fragt nach dem Stand von Open Access in den Kultur- und Sozialwissenschaften und möchte neue Forschungsperspektiven und -ansätze dieser Disziplinen für Open Access und die Open-Access-Bewegung abbilden. Beiträge sind beispielsweise zu den folgenden Themen mit Schnittmenge zu Open Access möglich:”

Das ist zwar kein Beitrag strikt zu Überwachung o.ä., aber ein dennoch enorm wichtiges Thema für die Wissenschaft, daher dieser Eintrag. Einsendeschluss für die Abstracts: 31.12.2024

Biodaten, Überwachung, “Rasse”

Die Story bekommt man so in aller Kürze gar nicht zusammengefasst: ‘Race science’ group say they accessed sensitive UK health data (Guardian 17.10.2024). Sie zeigt aber warum diese abstruse Geschichte auch für ein Blog wie diesen hier interessant ist.

Wie überkommene, falsche, absurde, aber immer weiterlebende “Rasse“-Theorien (race kllingt zwar weicher und wird im englischen Sprachraum zwangloser benutzt, dadurch wird das Konzept dahinter aber nicht besser) benutzt werden, um Menschen zu kategorisieren hat gerade wegen der Kategorisierungen eben auch mit Überwachung zu tun. David Lyon nennt es Social Sorting, wobei er nicht nur vermeintlich ethnische Merkmale (was immer diese sein könnten) mein, sondern allgemein soziale Aspekte, die sich klassifizieren lassen.

Dass es in dem Artikel auch um DNA-Daten von britischen Bürgern in der UK-Biobank geht, ist dann der weitere Link zu den Themen des Blogs. Datenschutz, biometrische Daten, Datensammlungen und vor allem ihre Auswertung für zweifelhafte Forschungen und Zwecke, wie der Artikel es nahelegt – immerhin geht es um “race science” eingedeutscht etwa “Rassenkunde”.

50 Jahre: The Conversation

Filmfreaks und Surveillance-Nerds werden den Film kennen: The Conversation, deutsch: Der Dialog, von Francis Ford Coppola. Ein Film aus dem Herz Amerikas in Zeiten von Watergate und allgemeiner Paranoia. Zum 50. Jubiliäum gibt es dazu jetzt einen Roundtable mit Experten.

50 years after The Conversation: A Virtual Roundtable on a Watergate Thriller in the Age of Snowden

Das ganze findet statt am 14. Novmber um 0.00 Uhr deutscher Zeit, also in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (orig. 13th November at 5pm CST). Man muss sich anmelden, kann dem dann aber per ZOOM folgen. Ich werde dabei sein und freue mich schon drauf. Man muss sich anmelden!!

ps. In Enemy of State von 1998 (Tony Scott, mit Will Smith) wird eine der Schlüsselszenen fast bildgenau nachgestellt, für alle deren Filmherz bei so etwas jubelt…

Videoüberwachung, mal wieder

On reloaded oder nur mal wieder etwa zur alten, immer gleichen Debatten zu Videoüberwachung. Aus der Sendung quer, beim Bayrischen Rundfunk, vom 31.10.2024, ein Bericht zu Videoüberwachung mit einem einem spöttischen Unterton (und ein paar Kommentaren von mir): Pfeif’ auf Datenschutz: Bürger für mehr Videoüberwachung, Autor: Stefan Foag.

Und als wäre es abgesprochen, finde ich heute früh diese Nachricht in einem Newsletter: Chicago’s Expensive Camera Network Helps Solve Few Crimes, National Criminal Justice Association, 2.10.2024