Category: Datenschutz

Veröffentlichung: Online-Suche und Marketing

„Think of it first as an advertising system“: Personalisierte Online-Suche
als Datenlieferant des Marketings von Theo Röhle bei “Kommunikation und Gesellschaft”. Gerade erschienen und sicherlich für die Surveillance Studies und alle Interessierten lesenswert.

Suchmaschinen gehören seit langem zu den wichtigsten Werbeträgern im Netz und es wird mittlerweile offen zugestanden, dass die gezielte Vermarktung von Werbeplätzen sich zur Kernaufgabe der Suchmaschinenbetreiber entwickelt hat. Um dem Ruf nach relevanteren Suchergebnissen nachkommen zu können, binden neue Formen der personalisierten Suche immer weitere Bereiche des Nutzerverhaltens in den Suchprozess ein, gleichzeitig schaffen die gesammelten Daten aber auch die Grundlage für eine noch engere Verzahnung ökonomischer Interessen mit dem persönlichen Nutzungskontext. Mit Bezug auf aktuelle Theoriebildung aus den „Surveillance studies“ diskutiert der Beitrag die Rolle der personalisierten Suche als Bindeglied zwischen Nutzer und Werbung.

Werbung, Konsum und Ãœberwachung

Unter dem Titel “Orwell im Netz” hat die Zeit einen interessanten Artikel zu den Kollateral-Schäden des Online-Marketing veröffentlicht. Allen voran betreibt Google das “geheime” Marketing, wie die Zeit es nennt, mit großem Elan. Das das uns Nutzer durchaus betrifft und nicht nur ein zu vernachlässigender Effekt der schönen neuen Online- und Konsumwelt ist, wird dort sehr schön beschrieben (und ist auch so neu nicht):

Wohin die Sammelwut personenbezogener Daten führt, beschreibt das Internet-Portal Yahoo ganz unverhohlen auf seiner Webseite. An einem Tag generiere Yahoo mit 16 Terabyte weltweit mehr Nutzerdaten als der weltgrößte Einzelhandelskonzern Walmart in einem ganzen Jahr, protzt der Internetdienstleister. Datenspezialisten leiten daraus Verhaltensmuster ab, qualifizieren Benutzergruppen und entwickeln komplexe Modelle für Entscheidungsprozesse vor dem Kauf. Das Ziel: Die Anzeigen soll genau dann eingeblendet werden, wenn die Kaufabsicht feststeht und der Interessent dabei ist, eine Entscheidung für eines der Angebote zu treffen.

Telefonüberwachung gegen Doping

Seit die auch teilweise von mir geschätzten Radstars ihr Doping zugegeben haben – was dann auch nicht mehr wunderte – dreht die Politik und die Sportfunktionärselite komplett am Rad. Völlig aus dem Ruder zu laufen scheint aber mal wieder der Bundessicherheitsminister Schäuble. Wie in einem schlechten Reflext wärmt er offensichtlich bei jeder Gelegenheit eines seiner Lieblingsthemen auf – diesmal ist es die Telefonüberwachung.

Das Doping eine Reihe von Auswirkungen auf den Sport und die Gesundheit von Menschen hat, bleibt unbestritten, aber nur im Sinne einer Verfolgung der Täter zu drängen und von einem “ehemals” sauberen Sport (ganz allgemein) zu reden, ist einfach nur Unsinn. Schäuble selbst verteilt die Gelder an die Verbände, fein sauber nach Leistung und Medallienspiegel – und da werden ein paar Medaillien weniger bei einer Olympiade schon schnell zum Existenzkampf für Verband und Sportler. Und die Verbände haben sich bisher daher auch nicht sonderlich angestrengt, was den Kampf gegen das Doping angeht. Vielleicht sollte Herr Schäuble mal an der richtigen Stelle für Argumente suchen, statt auf allen Feldern und mit jeder billigen Ausrede die Ãœberwachungskomptenzen des Staates auszuweiten, wie er es in penetranter Weise seit geraumer Zeit tut. Was kann man die Uhr danach stellen. Bundeswehr im Innern – kommt auch bald wieder, keine Sorge.

Die wirklich zu diskutierende Frage wäre, müssen sich Hochleistungssportler – sogenannte Kaderathleten – eine andere, weitgreifendere Art der persönlichen Ãœberwachung zur Ausübung ihres Berufes gefallen lassen – ja oder nein? Gentests, Gesundheitsüberwachung und anderes als Teil des Berufes? Die Ansätze für eine solche Debatte sind vielfältig – Gesundheitsfürsorge, Kontrolle für einen fairen Wettbewerb, Kriminalisierung, Wirtschaftsmacht usw.

Warum so wenig Widerstand?

Das Fragen sich dieser Tage viele mkit denen ich sprach – Journalisten, Aktivisten, Wissenschaftler, interessierte und beunruhigte Bürger. Jochen Bittner versucht eine Antwort in der Zeit.

Seien wir ehrlich. Es fürchtet sich niemand mehr vorm gläsernen Bürger – weil jeder glaubt (und sei es zu Unrecht, siehe oben), dass er ohnehin durchleuchtbar ist. Die Vorstellung vom Staat, der nur das vom Bürger weiß, was dieser freiwillig preisgibt, ist so passé wie ein Ostermarsch. Damit ist der Schaden, den der Datenschutz verhindern wollte, angerichtet. Wer sich überwacht fühlt, wird scheu und konform, traut sich nicht mehr aufzumucken. Und gegen Gefühle ist selbst Herr Schaar machtlos.

Ja es ist ein Glosse. Aber hat er Recht. Ist es das oder was ist es. Antworten, die mit dem üblichen “früher waren wir noch nicht so verwöhnt, träge”, oder “politisch interessierter” usw. lasse ich nicht so einfach gelten. Es muss andere Antworten für das Verhalten der Bürger geben, die nicht auf einem Fatalismus beruhen. Mit dem sich auch heute kein guter Widerstand initiieren ließe….. Mehr Infos zur Ãœberwachung gibt es dann auch in einem Zeit-Schwerpunkt und Aktuelles bei tagesschau.de.

Google kauft DoubleClick

Nachdem schon einige Wochen über die Übernahme von DoubleClick durch Microsoft oder Google spekuliert wurde, gab Google gestern bekannt, dass die Werbefirma für 3,1 Milliarden Dollar übernommen wird. DoubleClick vermittelt seit den Anfängen des Internets Bannerwerbung und verfolgt über spezielle Cookies die Clickstreams der Nutzer auch über unterschiedliche Webseiten hinweg. 2000 geriet die Firma in die Kritik, weil sie durch die Übernahme der Direktmarketing-Firma Abacus Internetnutzer namentlich identifizieren und individuelle Profile erstellen konnte. Seitdem gibt sich DoubleClick datenschutzbewusst und verzichtet angeblich auf das Tracking personenbezogener Daten. Trotzdem hat Google mit DoubleClick eine der größten verfügbaren Sammlungen von Clickstreams erworben und verfügt nun in Kombination mit den eigenen Daten über ein detailliertes Bild der Internetnutzung als je zuvor.

Stasi 2.0 – oder warum die Ideen so toll klingen und doch so schlecht sind.

Heute wurde im Bundestag das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Ein weiterer Baustein der Kontrolle und Ãœberwachung im Zuge der Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung. Dass Frau Zypries dabei meint, sie würde die Bürgerrechte ausbauen ist fast ein Hohn, aber logisch in ihrer Argumentation. Was für diese bisher neueste Maßnahme gilt, galt auch schon für alle anderen Ideen: Sie klingen toll und die Politiker meinen es in der Regel auch ehrlich, wenn sie sagen, “wir passen auf, dass nichts Unrechtmäßiges damit passiert”. Leider beweisen sie damit nur ihre Naivität und Inkompetenz, indem sie den vielen menschlich-technischen Systemen genau eine Bestimmung zuordnen und nur eine Verwendungsmöglichkeit (dazu auch ein schönes Gespräch zwischen dem Hamburger Senator Udo Nagel und dem Hamburgischen Datenschützer Hartmut Lubomierski im Abendblatt).

Dazu aber ist die Technologie zu komplex, menschliches Handeln zu irrational und die Begehrlichkeiten groß, als das es keine Funktionswanderungen, Missbräuche und Allmachtsphantasien gäbe, die nicht dazu führen würden, das zum einen Fehler sich einschleichen und zum anderen die Nutzung einfach ausgeweitet wird. Und Datenfehler treten auch jetzt schon zig-fach auf – überall dort, wo sie verarbeitet werden. Wenn daran allerdings die Klassifizierung als Terrorist hängt, dann ist es eben bedenklich und daher zu erst einmal kritisch zu sehen. Wozu Allmachtsphantasien führen, zeigt uns Innenminister Schäuble Woche um Woche, wenn er die nächste Sau durchs Dorf jagt – immer mehr, immer neu und immer umfassender soll sie werden, seine Kontrollgesellschaft, gebaut auf einer diffusen Angst, deren tatsächliche Grundlage bald nicht mehr von der von ihm konstruierten Wirklichkeit zu unterscheiden ist.

Die Annahme, das technische Systeme, die durch menschliches Handeln auch noch beeinflussbar sind und die politische Instrumente darstellen, neutral einsetzbar sind, ist unhaltbar und bestenfalls naiv. Da Politiker aber etwas politisch wollen und nicht wissenschaftlich begründet an die Sachen rangehen, wird es auch in Zukunft schief gehen. “Er will doch nur spielen” (ohne die Hundebesitzer pauschal abzuwatschen!!) trifft das wohl am besten – Was aber passiert, wenn ein System aus Technologie, Recht und menschlichem Handeln erstmal in Kraft ist, kann niemand sagen. Daher ist den Anfängen zu wehren und den Politikern auf die Finger zu klopfen bevor es tatsächlich irreversibel wird.

Schäuble macht ernst… und sich langsam lächerlich

Schon seit einigen Wochen sind wir Zeugen davon wie Innenminister Schäuble alles daransetzt, die Schraube an unsere bürgerlichen Freiheiten immer noch ein Stück anzuziehen. Warum er das tut, darüber hat Peter Mühlbauer bei Telepolis spekuliert. Robert Leicht meint in der ZEIT, dass mit den immer schärferen Maßnahmen nun endlich Schluss sein sollte:

In der Tat, so geht das schon lange mit den immer neuen Sicherheitsgesetzen – aber irgendwann muss Schluss sein damit. Seit Jahren schon schauen die Bürger, wie jene Witwe, den Bloß- und Nachstellungen zu. Aber jetzt reicht’s mit dem fortgesetzten Eingriff in die bürgerliche Intimsphäre. (Robert Leicht in der ZEIT)

Der Spiegel berichtet über die Hintergründe der neuesten Maßnahme – dem Zugriff der Polizei auf unsere Daten in den neuen Reisepässen   ebenso tagesschau.de mit vielen Hintergründen und dem Film “Alltag Ãœberwachung”.  Dabei sollen die Zugriffsrechte über das ursprünglich schon fragwürdige Maß hinaus erweitert werden. Matthias Gebauer schreibt dazu noch etwas über die große Koalition der Datenjäger. Ihn wundert vor allem die ungewöhnliche Einigkeit der Koalitionspartner bei diesem Thema – vor allem die SPD sei mit ihrer Kritik sehr zurückhaltend, auch wenn sie sich inzwischen eher geschockt darstellt. Es wird offenbar Zeit, dass sich der Widerstand offener und nicht nur in den vielen Blogs äußert, sonst glauben Schäuble & Co, sie täten tatsächlich etwas für die Bürger und nicht für ihre eigenen oft verqueren Sicherheitsvorstellungen, denen man berühigt einen fragwürdigen Ursprung unterstellen darf. Einen Kommentar dazu mit Reaktionen gibt es auch bei Jochen Bittner in seinem Blog – Beruf Terrorist!

Schäubles Sicherheitswahn!

DeutschlandRadio Kultur bringt ein kleines Specal zu Schäubles Sicherheitsvorstellungen, die zunehmend ausufern und inzwischen Kritik von allen Seiten auf sich ziehen – sogar aus Innenministerkreisen – Interviews und Audios auf den dradio-Seiten.

ps. auch wenn es nicht direkt um Videoüberwachung geht – der Artikel ist mit einer Kameras bebildert, doch wohl die Ikone für den Begriff Sicherheit….

Alltag Ãœberwachung zum Download

Gestern Abend von Fiete per Mail bekommen: “Alltag Ãœberwachung” – der von Roman Mischel und Fiete produzierte Dokumentarfilm ist jetzt als Download bei der Tagesschau verfügbar.
Außerdem bei ihm gesehen: Eine Linkliste mit Dokus und Animationen zur Videoüberwachung.

Die Macher des auf einem Grazer Festival uraufgeführten Dokumentarfilms “Every Step You Take” sind mir zu vorgekommen und habem eine kleine Linkliste der in den letzten Monaten veröffentlichten Dokus und Animationen zusammengestellt, die sich ähnlichen Themen wie unser Film Alltag Ãœberwachung widmen. Ich lege nach – noch nicht alles habe ich selbst gesehen.

Berliner Datenschützer. Deutschland auf dem Weg in Überwachungsgesellschaft

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix sieht Deutschland auf dem Weg in eine Ãœberwachungsgesellschaft. In einem Bericht der WELT sagt er:

„Wir bewegen uns zunehmend in eine Bewachungs- und Präventionsgesellschaft“, sagte Dix anlässlich der Vorstellung des Datenschutzberichtes 2006. Bislang gelte Großbritannien als Vorreiter im Überwachen seiner Bürger, Deutschland sei allerdings auf dem besten Weg, das Inselreich abzulösen. Mittlerweile sei ein Zustand erreicht, in dem „niemand mehr sicher davor ist, unschuldig in den Streuungsbereich von Überwachungsmaßnahmen“ zu kommen.

Ob das angesichts der mangelnden Gesetzgebung in Großbritannien und der dort vorhandenen drastischen Maßnahmen tatsächlich so vergleichbar ist, auch was die Stimmung und Aktzeptanz angeht, vage ich zumindest in der Qualität zu bezweifeln. Richtig sind sicherlich seine Warnungen, dass wir zunehmend mit einer acht- und rücksichtslosen Atmosphäre konfrontiert werden, was den Umgang mit unseren Daten im Rahmen der Terrorbekämpfung der einer allgemeinen Angststimmung angeht, als auch die zunehmende Gier von Unternehmen alles und jeden in irgendwelchen Datenbanken zu speichern und als Kategorie vorzuhalten.

Massiv seien die Datenschutzverletzungen mittlerweile unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung, kritisieren die Datenschützer weiter. „Natürlich muss die Kriminalitätsbekämpfung möglich sein“, so Berlins oberster Datenschützer Dix, „die Sicherheitsbehörden sind aber derzeit derart über das Ziel hinausgeschossen, dass jeder Bürger ohne den geringsten Verdachtsmoment kontrollierbar ist.

Noch eine Zentral-Datei

Aus gegebenem Anlass, kommen jetzt wieder die Rufe nach einer Sexualstraftäter-Datei. Die Aufregung ist verständlich, doch ob die Konsequenzen auf allen Seiten immer mitbedacht werden ist fraglich – denn dafür hört sich das allles zu sehr nach Schnellschüssen und überstürzt an. Einfach mal machen. Vor allem Niedersachsen und Sachsen machen sich besonders stark für eine solche Datei. Es ist immer schwierig angesichts dieses Themas auch noch den Warner zu geben – und nicht dem Vorwurf ausgesetzt zu sein, ich wolle die Täter decken. Es geht um die Leichtgläubigkeit, mit solchen Dateien könne alles besser und in Zukunft solche Taten verhindert werden. Die weitreichenden Folgen von Zentraldateien werden selten richtig durch gedacht – auch wenn es sich in diesem Fall um ein augenscheinlich begrenztes Thema und Personenkreis handelt.
Der Sog von Technikgläubigkeit und die Begehrlichkeiten,die damit auch für andere Bereiche geweckt werden, sind die eigentlichen Aspekte mit denen sich die Öffentlichkeit auseinandersetzen muss – auch wenn es um das Thema Sexualstrafttäter geht. Insgesamt eine schwierige Kritik, die aber gerade deshalb umso nötiger ist und dringend geführt werden muss – nicht nur in den Blogs, sondern darüber hinaus – womit wir auch zum Thema öffentliche Aufmerksamkeit  kommen, das bei get-privacy vor ein paar Tagen diskutiert worden ist. Vielleicht sollten wir Blogger uns mal intensiver genau darüber unterhalten und dieses Problem diskutieren.

Schnüffelei bei Journalisten verfassungswidrig

Als hätten wir es geahnt: Die Aktionen der Staatsanwaltschaft beim Magazin Cicero im Rahmen der BND-Affäre waren verfassungswidrig.  tagesschau.de berichtet umfangreich zum Urteil. Im DeutschlandFunk kritisiert Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung die immer schwieriger werdenden Recherchebedingungen durch zunehmende Überwachung und Geheimniskärmerei. Das Urteil stärke die Arbeit der Journalisten, so die Verleger und Redakteure einhellig.