Category: Datenschutz

Nachtrag: Int. Datenschutz-Ranking

Wie in einem Kommentar zu dem Bericht des Surveillance Studies Network angemerkt wurde, steht in dessen Bericht nichts über eine Datenschutz-Ranking, in dem Deutschland den ersten Platz einnimmt.

Das ist richtig, denn der Bericht über die verschiedenen Länder und ihre Anstrenungen in Sachen Datenschutz finden sich in einem zur gleichen Zeit veröffentlichten Bericht von EPIC und Privacy Interntional, die ebenfalls auf der entsprechenden Konferenz Anfang November anwesend waren.
Liest man den Bericht und die dazugehöriige Tabelle und Karte, dann sieht man, dass Deutshcland und Kanada wohl die ersten beiden Plätze belegen, aber nicht die höchste Punktzahl erreichen – also hier durchaus noch Verbesserungsbedarf herrscht.

Film: Alltag Ãœberwachung

Auf dem Weblog Onlinejournalimus.de findet man den Flash-Trailer einer 45 minütigen Dokumentation der Videojournalisten Roman Mischel und Fiete Stegers zum Thema Alltag Überwachung. Zu Wort kommen darin u.a. Thilo Weichert, Rena Tangens, sowie Vertreter der Innenministerien von Bund und Ländern. Einen Sendeplatz für die Dokumentation suchen die beiden Journalisten noch, von hier aus sei ihnen viel Erfolg dafür gewünscht.

Datenmissbrauch mittels Kundenkarten

Bei Spiegel-online steht heute ein netter Artikel zum Thema Kundenkarten, über die inzwischen angeblich über 90% aller erwachsenen Verbraucher verfügen. Ausschlaggebend für den Besitz einer oder mehrerer solcher Karten sei vielfach die Überschätzung der Rabatte wohingegen mögliche Negativauswirkungen unterschätzt werden würden, obwohl sie regelmäßig auftreten:

“Bei den in Deutschland angebotenen Kundenkarten gebe es flächendeckende Verstöße gegen den Datenschutz, heißt es in einem Gutachten des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein aus dem Jahr 2003. Auch die Ergebnisse dieser Studie besitzen unverändert Gültigkeit. Damals kritisierten die Datenschützer unter anderem, dass mit den Kundenkarten mehr Daten erhoben werden als notwendig. Auf diese Weise ließen sich detaillierte Kundenprofile erstellen, mit denen Kunden gezielt beworben werden können.”

Auch fehlende Transparenz wird angemahnt. Dabei wird vor allem auf die Risiken hingewiesen, die durch Weitergabe der Kundendaten und eine eventuelle Vernetzung – ein bislang nur wenig thematisierter Aspekt – dieser Daten bzw. ihrer Nutzer bestehen.

Maut und Terror

Damit es nicht einfach so untergeht: Heute wurde die Ausweitung der Mautdaten für die Terrorbekämpfung beschlossen – zusammen mit dem Elterngeld. Das hat nichts miteinander zu tun, außer das vielleicht keiner mehr so genau hinhört. Schwere Krimininalität und Terror, dazu sollen die Mautdaten herhalten dürfen – wenn was is! Wozu Wissenschaftler und Forschung, wenn Entscheidungen sowieso nicht darauf aufgebaut sind. Mit den Mautdaten geht die nächste Aufweichung des Datenschutzes einher – und auch hier gibt es nichts zurück.

Nachtrag: Bericht des Surveillance Studies Network

BBC berichtet prominent über den Bericht unserer Kollegen aus England mit weiteren Informationen zu England und Datenschutz (dort gibt es auch den ganzen Report als pdf-Dokument). Wenn bisher nicht klar war wozu ein Forschungsnetzwerk gut war – hier ist ein Beispiel (siehe auch Handelsblatt, 3.11.2006)

Die kleine Zusammenfassung aller Ãœberwachungsmöglichkeiten zeigt verdichtet sehr schön, was eigentlich so los ist… ob das alles immer auch gleich bedrohlich zu bewerten ist, ist etwas anderes – aber dazu erforschen wir die Sache ja….

4.2m CCTV cameras
300 CCTV appearances a day
Reg plate recognition cameras
Shop RFID tags
Mobile phone triangulation
Store loyalty cards
Credit card transactions
London Oyster cards
Satellites
Electoral roll
NHS patient records
Personal video recorders
Phone-tapping
Hidden cameras/bugs
Worker call monitoring
Worker clocking-in
Mobile phone cameras
Internet cookies
Keystroke programmes

Labour träumt sogar von einer Megadatenbank, die vom Blutdruck bis zum Führerschein alle Personendaten zusammenführen würde. (Handelsblatt)

Bericht zur Ãœberwachungsgesellschaft

Zur jährlichen internationalen Tagung der Datenschutzbeauftragten, die in heute und morgen in England stattfindet, wurde auch der dazu angefertigte Bericht des Surveillance Studies Network vorgestellt (das englische Pendent des Forschungsnetzwerkes).

Der 140-seitige Bericht wurde von der Expertengruppe im Auftrag des britischen Datenschutzbeauftragten erstellt. Thomas sagte, die Datensammlungen könnten zum Schutz gegen Terroranschläge und organisierte Kriminalität nützlich sein. “Aber unkontrollierte oder übertriebene Ãœberwachungsmaßnahmen fördern ein Klima des Verdachts und zerstören Vertrauen.” Der Studie zufolge werden sich die Ãœberwachungsmaßnahmen innerhalb der kommenden zehn Jahre nochmals deutlich ausweiten. tagesschau.de (2.11.2006)

Die Autoren des Berichtes sind Wissenschaftler aus Großbritannien, Kanada und Norwegen – und haben den Surveillance Studies damit einen großen Dienst erwiesen. Bis wir hierzulande soweit sind, dauert das wohl noch….Eine Verknüpfung des britisch- internationlen Surveillance Studies Network mit unserem deutschen Forschungsnetzwerk wird in naher Zukunft stattfinden – zumindes auf der kommunikativer Ebene… dazu mehr wenn es soweit ist.

Nachtrag: Schülerdatei und Überwachung

In Hamburg protestieren Opposition und andere Verbände gegen die neue Schülerdatei, die auch die Lage illegaler Kinder in puncto Schulbesuch gefährden würden.

NDR Online, 1.Oktober 2006 Protest gegen Meldepflicht von Kindern in Hamburg

Gegen diese Meldepflicht und die Datenweitergabe regt sich jetzt heftiger Widerstand: Gewerkschaftsvertreter, die GAL und mehrere kirchliche Einrichtungen appelierten an die Schulleiter, sich im Falle einer Pflichtenkollision für das Recht der Kinder auf Bildung und gegen die Meldepflicht zu entscheiden. Sie befürchten, dass Eltern ihre Kinder wegen der neuen Auflagen der Schule fernhalten. Ein Schulleiter sagte dazu zu NDR 90,3: “Wir sind Schule und nicht die Polizei”.

Dazu auch Markus Born bei Telepolis: Deutsche Schüler unter verschärfter Beobachtung

Schule als Feld der Ãœberwachung

Die Institution Schule war immer schon ein Ort der Beobachtung und Disziplnierung. Bereits Michel Foucault hatte darauf hingewiesen. Jetzt aber will man nach dem Muster anderer zentraler Register in Deutschland auch die Schüler erfassen, um einen Ãœberblick über die Bildungskarrieren der deutschen Pennäler zu bekommen. Ist das wirklich alles? Der gläserne Schüler(Spiegel Online) wird Wirklichkeit, fragt sich nur was sie Konsequenzen sind – auch die unbeabsichtigten. In Hamburg regt sich bereits der Widerstand, denn hier befürchtet die Opposition, das damit auch der Schulbesuch der Kinder von illegal in Deutschland lebenden Menschen unmöglich gemacht wird. Hamburger Schulleiter fordern zum Ungehorsam auf und solche Schüler, die illegal in Deutschland leben nicht zu melden. In Hamburg kommt es dabei zu einem geradezu exemplarischen Konflikt von fürsorglicher und kontrollierender Ãœberwachung. Nach dem Fall Jessica, dem Mädchen, das von seinen Eltern vernachlässigt und verwahrlost zu Hause abgemagert starb, will die Stadt solche Fälle verhindern und mit der Erfassung die Lücken schließen, die sich aus der Nicht-Meldung ergeben. Damit wird aber ein anderes Fass aufgemacht. Es entsteht ein Konflikt, der manchen vielleicht doch ganz Recht ist, kann man so doch gleichzeitig noch gegen Illegale vorgehen.

Aus der “Jessica-Datei” drohe somit eine “Yesim-Datei” zu werden, sagt Harms in Anspielung auf den Fall einer 13-jährigen Schülerin aus St. Pauli, die trotz ihres illegalen Status eine normale Schullaufbahn einschlagen konnte und Dank einer Kontrolllücke nicht aufgefallen war. (taz)

Die Entscheidung für die Schüler und ihr Recht auf Bildung, gegen eine zentrale Erfassung, deren Sinn und Zweck sich nicht sofort erschließt, ist hervorzuheben und hilft vielleicht auch den Rest der Datei zu überdenken.

Der Leiter einer Grundschule, dem das Abendblatt Anonymität zusicherte, bestätigte diese Praxis. Allein bei ihm gebe es drei Kinder, deren Eltern offenbar keine gültige Aufenthaltsgenehmigung haben. An vielen anderen Schulen, vor allem in Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil, sei dies seit zehn bis 15 Jahren üblich. Nach Schätzungen von Lehrern handelt es sich um mehrere Hundert Kinder in Hamburg.
“Es gibt Schulen, die individuelle – und nicht unbedingt legale – Wege gefunden haben, Schüler, die nicht gemeldet waren, am Unterricht zu beteiligen”, bestätigt auch Katrin Blümel, Vorsitzende der Lehrerkammer Hamburg. (HH Abendblatt)

Ãœberwachung im Sport: Die Folgen des Doping

Nachdem nun ein erneutes Ermittlungsverfahren gegen Jan Ullrich eingeleitet wurde haben sich die ProTour-Team und der in Sachen Doping eher behäbige Radweltverband UCI auf neue Maßnahmen und einen Ethik-Code (Kurier, Infos auch beim ZDF) im Kampf gegen Doping verständigt, die ab 2007 gelten sollen. Darin enthalten ist u.a. eine DNA-Probe der Athleten.

Die Ãœberwachung der Athleten und ihrer medizinischen Betreuung soll lückenlos werden, um das Image des inzwischen zum Millionenspektakels angewachsenen Radzirkus’ wieder in den Griff zu bekommen. Ob diese eigentlich tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifenden Maßnahmen tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg sind, bleibt abzuwarten. Ãœberhaupt ist es fraglich, den Doping-Sündern mit dem Gefängniss zu drohen – die Gründe für das Doping liegen doch noch auf einer ganz anderen Ebene – nämlich dem Wirtschaftssystem Sport und seiner gesellschaftlichen Stellung. Sind wir nicht bereit uns zu freuen über jeden Deutschen, der gewinnt? Solange wir nur vom Doping nichts wissen, ist es Ok – jede gute Leistung. Das Spektakel als solches ist bigott, nicht der Doping-Sünder.

Der Vorsitzende der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), Richard Pound, hat sich gegen Haftstrafen für des Dopings überführte Sportler ausgesprochen.
“Athleten sollten zweifelsohne ihren Teil der Verantwortung tragen. Mir behagt es jedoch nicht, jemanden ins Gefängnis zu schicken, weil er im Sport betrogen hat”, sagte Pound in der “WamS”. (Quelle: Sport1)

Die Konsequenzen dieser Art von Überwachung, Regulierung und Kontrolle im Sport sind überhaupt nicht absehbar und u.a. rechtlich zweifelhaft. Zweifel ob die neuen Gesetze auch mehr Recht schaffen hat auch der Vorsitzende Richter am Bundesverfassungsgericht Prof. Hans-Jürgen Papier.

In einem Interview mit der “Neuen Osnabrücker Zeitung” erklärte er: “Mehr Gesetze bedeuten ja nicht automatisch mehr Recht. Wenn der Staat immer neue Aufgaben an sich zieht, resultiert daraus eine Flut von Vorschriften, die er aber mangels Personals in immer mehr Fällen gar nicht effektiv durchsetzen kann. Ich will den Sinn einzelner Maßnahmen hier gar nicht bewerten. Es geht mir um den Trend: Wir haben kein Gesetzes-, sondern ein zunehmendes Vollzugsdefizit.”
Der Vorsitzende des ersten Karlsruher Senats meint, viele Gesetze liefen ins Leere. Den Menschen werde etwas vorgemacht, “wenn nach jedem Skandal die Gesetzesmaschine angeworfen wird und so der Eindruck entsteht, man könne mittels Gesetzen und Bürokratie alle Probleme der Gesellschaft lösen”.

Ãœberwachung klassisch

Eigentlich eine erschreckende Geschichte – dann aber wieder auch wieder nicht. Der Abhörskandal in Italien (tagesschau.de, siehe auch: Spiegel Online, 21.9.2006) zeigt die Verflechtungen zwischen privaten und staatlichen Stellen, der sich nicht auf diesen Fall und diesen Bereich beschränken dürfte. Hier ging es noch um eine klassische Ãœberwachung bestimmter Personen, mit allen Mitteln moderner Technik – eine Kontrolle nicht möglich. Kontrolle staatlicher Stellen und aller anderen, die im Auftrag des Staates deren Aufgaben wahrnehmen muss bei allen Maßnahmen gewährleistet sein – nicht nur durch die Datenschützer. Die Vermischung von privaten und staatlichen Zuständigkeiten (FAZ, 21.9.2006), bei den Ordnungsdiensten, Datenverarbeitung und vielleicht auch bald bei der Videoüberwachung ist unschön und birgt jede Menge Gefahren- vor allem aber Ärgernispotential in sich. Italien ist da ein nur ein Beispiel, viellleicht auch gerade weil es Italien war…. oder doch nicht?!

Ausgerechnet der langjährige Sicherheitsbeauftragte des Telefonkonzerns, Giuliano Tavaroli, gilt als zentrale Figur des Skandals. Gemeinsam mit dem Privatdetektiv Emanuele Cipriani, dem ehemaligen Vize des italienischen Geheimdienstes SISMI, Marco Mancini, soll der leitende Telekomangestellte Telefone angezapft, Bankgeheimnisse geknackt und E-Mails heimlich mitgelesen haben. Geholfen haben dabei wahrscheinlich mehr als ein Dutzend korrupter Carabinieri und Finanzpolizisten – auch sie wurden heute verhaftet. (aus: tagesschau.de)

Und Italien steht doch nicht allein und nackt vor der Welt – in den USA (wo auch sonst) gibt es solche Thriller offensichtlich nicht nur in Hollywood, sondern auch bei Hewlett Packhard (Spiegel Online, 20.9.2006).

Volkszählung 2010

Die nächste Volkszählung kommt bestimmt … voraussichtlich 2010/2011 und im EU-Rahmen. Anl. eine BMI-Presseerklärung zum entsprechenden Grundsatzbeschluss der Bundesregierung vom heutigen Tage.

Gruß

Helmut

Internetredaktion des Bundesministerium des Innern
Pressemitteilung
Publiziert am 29. Aug 2006

Themen: Europa / Internationales, Moderne Verwaltung, Innenpolitik