Unterschicht und Ãœberwachung

Nun wird seit Wochen über die “Unterschicht” geredet und alle haben etwas dazu gesagt – nur hat noch niemand den Zusammenhang zwischen einer offensichtlichen Entwicklung von Armut in Deutschland (und auch anderswo) und den Maßnahmen der Kontrolle, Ãœberwachung und Disziplinierung gesprochen. Dabei ist es eigentlich offensichtlich, dass das Aufkommen immer effizienterer Kontrollregime, vor allem im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung oder im Falle des mutmaßlichen Missbrauches von ALG II, nicht nur zufällig sein kann. Die politische Klasse steuert entsprechend die Diskurse über die verschiedenen Arten der Ãœberwachung – und damit von den Feinden der Demokratie – die Terrordiskussionen sind ein willkommener Anlass andere Felder in einem Aufwasch gleich mit unter eine Ãœberwachung zu stellen. Angesichts der konstatierten Armut müssen Gegenmaßnahmen, sofern sie diese nicht bekämpfen können (oder ernsthaft wollen) auf eine Kontrolle und Einhegung der “Unterschicht” abzielen. Ein Aufbegehren dieser Menschen, wie in Frankreich im letzten Jahr und erst kürzlich wieder – wäre katastrophal.

Dazu passt auch dass jemand wie Bernhard Bueb, seine mittelalterlichen Vorstellungen von Erziehung ohne größere Gegenwehr (Radiobeitrag bei WDR 5) publizieren kann und teilweise dafür auch noch gefeiert wird.

Es wird zwar ein ausgedehnte Diskussion über die “Unterschicht” geführt, selten aber eine über die “Oberschicht” – allerhöchstens einmal über die Eliten, welche dann aber nicht zum Kern des eigentlichen Problems führen oder dieses nur verdecken. Wer über Armut spricht sollte auch über Reichtum sprechen – gerade wenn es um Ãœberwachung prekärer oder gar gefährlicher Bevölkerungsschichten geht. Denn es ist die Mittelschicht, welche die Unterschicht im Auftrage der Oberschicht überwacht – nur erscheint es nie so.

Ich würde mir wünschen, dass eine Diskussion darüber auch stattfindet. Es geht nicht allein um den Datenschutz oder unsere Freiheitsrechte, sondern um grundlegende Strukturen der Macht, die nicht thematisiert werden, welche aber deutlich hinter vielen Maßnahmen und politischen Entwürfen für unsere Gesellschaft stehen.

Chips für Flugpassagiere

Damit man auch auf dem Flughafen nicht ungestört seinen zumeist langweiligen und in der Regel zielgerichteten Tätigkeiten nachgeht, gibt es jetzt ein System, das die Flugpassagie bereits vor dem Flug überwachen soll. Könnte es sein, dass damit auch herausgefunden werden soll, was sie vielleicht mit der oftmals vielen freien Zeit so anfangen, um ihnen noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen….??
BBC und ZDnet berichten.

Nächsten Monat wird ein Prototyp auf einem Flughafen in Ungarn gestestet werden, wobei es in der Entwicklung noch verschiedene Hürden zu überwinden gibt. Es muss sichergestellt werden, dass Passagiere die Optags tragen und dass ein Austausch mit anderen Personen nicht möglich ist. Gleichzeitig dürfen Persönlichkeitsrechte nicht eingeschränkt werden, sagte Brennan. Anfänglich werden keinerlei personbezogene Daten gespeichert. Über die zukünftige Aufnahme biometrischer Daten wird aber nachgedacht.

Treffpunkt WissensWerte “Videoüberwachung”

TSB Technologiestiftung Berlin, rbb Inforadio und Technologie Stiftung Brandenburg laden ein zur Talkrunde “Kuck mal, wer da kuckt…! Videoüberwachung – technisch Machbares, gesellschaftlich Akzeptiertes und zukünftig Wünschbares” ,
23. Oktober 2006
18.00 Uhr
Ernst Reuter Haus, Str. des 17. Juni 112, 10623 Berlin.

Mit:
– Dr. Leon Hempel
Zentrum für Technik und Gesellschaft, Technische Universität Berlin
– Dr. Ivo Keller
vis-à-pix GmbH, Potsdam
– Dr. Michael Weber
DResearch Digital Media Systems GmbH, Berlin
– Prof. Dr.-Ing. Thomas Sikora
Technische Universität Berlin, Fakultät IV – Elektrotechnik und Informatik

Moderation: Thomas Prinzler, Wissenschaftsredaktion rbb Inforadio

“Jeder Mensch ist einmalig”: Biometrie meets Wellness

Mehr als bloß Sicherheit: Wohlfühlgarantie und Einmaligkeit. Die Firma byometric system ag, spezialisiert auf Iriserkennung, greift auf ihrer Homepage tief in die Esoterik-Jargon-Tasche, um ihr Sicherheits-High-Tech-Produkt zu verkaufen.

EINMALIGKEIT
Jeder Mensch ist einmalig. Seine Iris auch.
Wir haben gelernt, die Iris zu lesen, und haben aus ihr einen Ausweis gemacht. Fälschungssicher, unverlierbar.
Dieser Ausweis bietet Freiheit von Codes, Cards und Keys. Der Blick in eine spezielle Kamera genügt. Die Natur garantiert die Sicherheit.
Sich frei fühlen, sicher sein, sich selber finden. Jeder Mensch soll diese Chance haben. Denn jeder Mensch ist einmalig.

Das ganze wird illustriert von der Abbildung eines Mannes, der in schneeweißen (=”unschuldigen”) Klamotten im Lotussitz meditiert (mit geschlossenen Augen, übrigens). Auf seinem T-Shirt sehen wir ein grafisches Symbol, das man je nachdem als abstrakte Iris oder als Zielscheibe lesen kann. (Das wäre doch mal ein schönes Entgegenkommen sicherheitsbewußter Bürger: Wir lassen uns alle im nächsten Copyshop unsere Iris oder Retina stark vergrößert aufs T-Shirt drucken, damit wir auch über Distanz identifiziert werden können.)
Dass der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily im Vorstand der Firma sitzt, war Anlass einer Kleinen Anfrage der FDP im Bundestag (Drucksache 16/2716). Ãœber Bosch Sicherheitssysteme hat byometric einen größeren staatlichen Auftrag im Rahmen des Projekts “Automatisierte und Biometriegestützte Grenzkontrolle” erhalten.

Ergänzung (13.4.2007): Hier der Link zur Antwort der Bundesregierung auf die FDP-Anfrage.

Bericht: DGS-Tagung: Surveillance Studies

Am Dienstag fand in Kassel auf der DGS-Tagung die adhoc-Session zu den Surveillance Studies statt. Überrasschenderweise waren trotz 30 Konkurrenzveranstaltungen rund 30 Personen erschienen, wovon die meisten bis zum Ende geblieben sind. Nach meinen thematischen und programmatischen einleitenden Worten gab es zwei sehr interessante Vorträge von Gerrit Hornung (Kassel) und Stephan Humer (Berlin). Die anschließende Frage- und Diskussionsrunde war kreativ und engagiert.

Im Gegensatz zu anderen Surveillance-Sessions in Durban (ISA), Sheffield oder jüngst in London bei den Geographen, wo das Thema Surveillance Studies als solches nicht mehr einführend diskutiert wird, war hier das Interesse groß, zu sehen, worum es sich eigentlich handelt, was das Forschungsfeld sein kann und wie man es aus soziologischer Sicht füllen kann. Es wurde offensichtlich, dass ein thematischer Zugang und nicht eben ein disziplinärer einen großen Reiz hat – vor allem unter den zumeist jungen Zuhörern Zuhörerinnen. Unklarheit bestand über die Definition und Abgrenzung des Themas – wahrscheinlich auch weil die Idee für die meisten Anwesenden neu war und die wissenschaftliche Diskussion nicht bekannt. Ich denke wir haben mit der Session einen Nerv getroffen und hoffe, dass das Thema und der theoretisch-methodische Rahmen in irgendeiner Weise auch in der DGS fortgeführt werden kann.

Damit aber praktisch weitergearbeitet werden kann, möchte ich hier einen Vorschlag machen: Was wir brauchen ist eine Leseliste, die den Stand der Forschung reflektiert. Eine kommentierte Auswahl von Büchern und Aufsätzen, die wichtig sind, um auch hierzulande die Idee der Surveillance Studies voranzubringen. Dieses scheint mir vor allem in Hinblick auf die Idee, aber vor allem auf diejenigen wichtig, die sich neu mit dem Thema bzw. seinen einzlenen Aspekten befassen.

Ich nehme per mail oder Kommentar Vorschläge und Literatur-Tipps entgegen, was unbedingt in eine solche Liste soll und werde dann daraus eine fertigen, die hier dann veröffentlicht und diskutiert werden kann. Jede Auswahl sollte kurz begründet werden.

Die nächste Gelegenheit sich fundiert über den Stand der Surveillance-Forschung zu informieren, besteht am 30.11 und 1.12 in Berlin bei der New Surveillance-Konferenz des ZTG an der TU Berlin.

Lächle, du könntest erkannt worden sein!

In Mainz – das war ja schon bekannt – testet die Polzei derzeit ein Videosystem, mit dem sich auch Gesichter erkennen lassen. Die nächste Generation von Kameras hat somit unsere öffentliche Welt erreicht. Die hypothetische Frage, ob sie ausgeweitet wird, stellt sich eigentlich nicht. Allein Kosten und ein totales Versagen könnnen verhindern, dass die Technik auch in anderen Städten und Ländern Begehrlichkeiten wecken.

Videoüberwachung. Kameraauge auf! HR Online, 10.10.2006

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte das Projekt. Um Menschen vor Terroranschlägen zu schützen, sollte modernste Technik zur Hilfe genommen werden, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg dem ZDF. Allerdings könne Technik Polizisten nicht ersetzen. Sollte der Versuch erfolgreich verlaufen, müsse eine Diskussion über den Einsatz dieser Technik geführt werden. Es müsse aber auch darauf geachtet werden, “wie hoch die Fehlerquoten sind”.

Manche Argumente werden auch dann nicht richtiger, wenn man sie unablässig wiederholt…. Schutz vor Terror….

Das ZDF hatte gestern dann auch einen Bericht dazu gesendet und weitere Informationen aufs Netz gelegt: Täterjagd mit Kamera und Computer

Der Fernsehbericht wurde von einem aufmerksamen Kollegen aufgenommen. Und hier noch ein Nachschlag dazu.

Außerdem ein Artikel von Deflef Borchers bei Heise News: Foto-Fahndung im Mainzer Hauptbahnhof.

Sicherheitsindustrie mahnt Politik!

so so so… folgendes steht im Branchenblatt innovative Verwaltung: Videoauswertung und Erfahrungsaustausch schaffen mehr Sicherheit. Und natürlich haben diese Verbände nur unsere Sicherheit in Sinn und nicht ihre eigenen Bilanzen…

Der IT-Branchenverband SIBB e. V. fordert Sicherheitsbehörden und -organisationen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene auf, moderne Sicherheits-Technologien endlich aktiv einzusetzen. Angesichts der hoch brisanten Sicherheitslage ist es nicht akzeptabel, Technologien nur in Pilotprojekten auszuprobieren und danach mit überalterter Technik weiterzuarbeiten.

Weiter heißt es:

Aus flächendeckend vorhandenem Videomaterial können Tathergänge weitestgehend rekonstruiert werden. Aus den Erkenntnissen können Erfahrungswerte für künftige Sicherheitsstrategien erarbeitet und umgesetzt werden. Damit können künftige Terrorakte nach gleichem Muster frühzeitig erkannt und auch verhindert werden.

Wie und woher diese Erkenntnisse stammen, angesichts der Vorfälle in jüngster Zeit, bliebt offen. Auch wird hier unverblümt der Terrorismus mit der Kriminalitätsbekämpfung vermischt. Es ist ein plumber Versuch, Technologien mit Panik und Angst verkaufen zu wollen.

Videoüberwachung in Hamburg gescheitert (?)

so titelt zumindest die WELT vom 30.9.2006. Die Kriminaltitätsrate sei gestiegen, die Kameras hätten ihren Zweck nicht erfüllt, Verbrechen würden nicht verhindert. Die Polizei hält dagegen, dass vor allem das Dunkelfeld aufgehellt wurde – und hat wohl damit ein wenig Recht. Aber selbst aus Polizeikreisen heißt es, wenn man mal konkret nachfragt, dass die Kameras vor allem zu Aufklärungszwecken gut sind, verhindert wurde damit noch nicht wirklich etwas. Wie auch immer, die Hamburger Polizeiführung hält natürlich daran fest und wird das Instrument in der Zukunft wohl auch noch an weiteren Plätzen in Hamburg ausbauen.

Nachtrag: Schülerdatei und Überwachung

In Hamburg protestieren Opposition und andere Verbände gegen die neue Schülerdatei, die auch die Lage illegaler Kinder in puncto Schulbesuch gefährden würden.

NDR Online, 1.Oktober 2006 Protest gegen Meldepflicht von Kindern in Hamburg

Gegen diese Meldepflicht und die Datenweitergabe regt sich jetzt heftiger Widerstand: Gewerkschaftsvertreter, die GAL und mehrere kirchliche Einrichtungen appelierten an die Schulleiter, sich im Falle einer Pflichtenkollision für das Recht der Kinder auf Bildung und gegen die Meldepflicht zu entscheiden. Sie befürchten, dass Eltern ihre Kinder wegen der neuen Auflagen der Schule fernhalten. Ein Schulleiter sagte dazu zu NDR 90,3: “Wir sind Schule und nicht die Polizei”.

Dazu auch Markus Born bei Telepolis: Deutsche Schüler unter verschärfter Beobachtung

Schule als Feld der Ãœberwachung

Die Institution Schule war immer schon ein Ort der Beobachtung und Disziplnierung. Bereits Michel Foucault hatte darauf hingewiesen. Jetzt aber will man nach dem Muster anderer zentraler Register in Deutschland auch die Schüler erfassen, um einen Ãœberblick über die Bildungskarrieren der deutschen Pennäler zu bekommen. Ist das wirklich alles? Der gläserne Schüler(Spiegel Online) wird Wirklichkeit, fragt sich nur was sie Konsequenzen sind – auch die unbeabsichtigten. In Hamburg regt sich bereits der Widerstand, denn hier befürchtet die Opposition, das damit auch der Schulbesuch der Kinder von illegal in Deutschland lebenden Menschen unmöglich gemacht wird. Hamburger Schulleiter fordern zum Ungehorsam auf und solche Schüler, die illegal in Deutschland leben nicht zu melden. In Hamburg kommt es dabei zu einem geradezu exemplarischen Konflikt von fürsorglicher und kontrollierender Ãœberwachung. Nach dem Fall Jessica, dem Mädchen, das von seinen Eltern vernachlässigt und verwahrlost zu Hause abgemagert starb, will die Stadt solche Fälle verhindern und mit der Erfassung die Lücken schließen, die sich aus der Nicht-Meldung ergeben. Damit wird aber ein anderes Fass aufgemacht. Es entsteht ein Konflikt, der manchen vielleicht doch ganz Recht ist, kann man so doch gleichzeitig noch gegen Illegale vorgehen.

Aus der “Jessica-Datei” drohe somit eine “Yesim-Datei” zu werden, sagt Harms in Anspielung auf den Fall einer 13-jährigen Schülerin aus St. Pauli, die trotz ihres illegalen Status eine normale Schullaufbahn einschlagen konnte und Dank einer Kontrolllücke nicht aufgefallen war. (taz)

Die Entscheidung für die Schüler und ihr Recht auf Bildung, gegen eine zentrale Erfassung, deren Sinn und Zweck sich nicht sofort erschließt, ist hervorzuheben und hilft vielleicht auch den Rest der Datei zu überdenken.

Der Leiter einer Grundschule, dem das Abendblatt Anonymität zusicherte, bestätigte diese Praxis. Allein bei ihm gebe es drei Kinder, deren Eltern offenbar keine gültige Aufenthaltsgenehmigung haben. An vielen anderen Schulen, vor allem in Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil, sei dies seit zehn bis 15 Jahren üblich. Nach Schätzungen von Lehrern handelt es sich um mehrere Hundert Kinder in Hamburg.
“Es gibt Schulen, die individuelle – und nicht unbedingt legale – Wege gefunden haben, Schüler, die nicht gemeldet waren, am Unterricht zu beteiligen”, bestätigt auch Katrin Blümel, Vorsitzende der Lehrerkammer Hamburg. (HH Abendblatt)

Adhoc-Gruppe Surveillance Studies auf DGS-Kongress

Surveillance Studies – Forschung und Theorie neuer Formen der Ãœberwachung, Kontrolle und des Social Monitoring – so der Titel der adhoc-Gruppe beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vom 9. bis 13. Oktober in Kassel.

Termin: 10. 10. 2006 um 14.15 Uhr.

Eingeladen sind alle interessierten Soziologen und andere, die den Kongress besuchen (und alle die jetzt Lust bekommen haben), ein neues Feld zu diskutieren und über dessen Bedeutung und Perspektiven zu reden bzw. mehr zu erfahren. Die Referate sind kurze Einführungen, die die Bandbreite ein wenig aufzeigen sollen. Ich werde eine perspektivische Einführung geben und dann hoffe ich auf eine rege Diskussion mit dem Publikum – Partizipation ist das Stichwort hier.

Vor diesem Hintergrund sei auch eine Publikation hingewiesen, die demnächst beim Barbara Budrich Verlag erscheinen wird: Surveillance Studies – Perspektiven eines Forschungsfeldes (Hg. Nils Zurawski).

Ãœberwachung im Sport: Die Folgen des Doping

Nachdem nun ein erneutes Ermittlungsverfahren gegen Jan Ullrich eingeleitet wurde haben sich die ProTour-Team und der in Sachen Doping eher behäbige Radweltverband UCI auf neue Maßnahmen und einen Ethik-Code (Kurier, Infos auch beim ZDF) im Kampf gegen Doping verständigt, die ab 2007 gelten sollen. Darin enthalten ist u.a. eine DNA-Probe der Athleten.

Die Ãœberwachung der Athleten und ihrer medizinischen Betreuung soll lückenlos werden, um das Image des inzwischen zum Millionenspektakels angewachsenen Radzirkus’ wieder in den Griff zu bekommen. Ob diese eigentlich tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifenden Maßnahmen tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg sind, bleibt abzuwarten. Ãœberhaupt ist es fraglich, den Doping-Sündern mit dem Gefängniss zu drohen – die Gründe für das Doping liegen doch noch auf einer ganz anderen Ebene – nämlich dem Wirtschaftssystem Sport und seiner gesellschaftlichen Stellung. Sind wir nicht bereit uns zu freuen über jeden Deutschen, der gewinnt? Solange wir nur vom Doping nichts wissen, ist es Ok – jede gute Leistung. Das Spektakel als solches ist bigott, nicht der Doping-Sünder.

Der Vorsitzende der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), Richard Pound, hat sich gegen Haftstrafen für des Dopings überführte Sportler ausgesprochen.
“Athleten sollten zweifelsohne ihren Teil der Verantwortung tragen. Mir behagt es jedoch nicht, jemanden ins Gefängnis zu schicken, weil er im Sport betrogen hat”, sagte Pound in der “WamS”. (Quelle: Sport1)

Die Konsequenzen dieser Art von Überwachung, Regulierung und Kontrolle im Sport sind überhaupt nicht absehbar und u.a. rechtlich zweifelhaft. Zweifel ob die neuen Gesetze auch mehr Recht schaffen hat auch der Vorsitzende Richter am Bundesverfassungsgericht Prof. Hans-Jürgen Papier.

In einem Interview mit der “Neuen Osnabrücker Zeitung” erklärte er: “Mehr Gesetze bedeuten ja nicht automatisch mehr Recht. Wenn der Staat immer neue Aufgaben an sich zieht, resultiert daraus eine Flut von Vorschriften, die er aber mangels Personals in immer mehr Fällen gar nicht effektiv durchsetzen kann. Ich will den Sinn einzelner Maßnahmen hier gar nicht bewerten. Es geht mir um den Trend: Wir haben kein Gesetzes-, sondern ein zunehmendes Vollzugsdefizit.”
Der Vorsitzende des ersten Karlsruher Senats meint, viele Gesetze liefen ins Leere. Den Menschen werde etwas vorgemacht, “wenn nach jedem Skandal die Gesetzesmaschine angeworfen wird und so der Eindruck entsteht, man könne mittels Gesetzen und Bürokratie alle Probleme der Gesellschaft lösen”.