Category: Sport/Olympia/Fußball-WM

Randbemerkung zur Dopingstudie

Ich verfolge das Thema mit großem Interesse und habe ja auch schon wiederholt vor allem zum Thema der Dopingkontrollen hier gepostet – daher auch jetzt angesichts der jüngst veröffenltichten Studie eine kleine Randbemerkung von mir dazu. Der DOSB-Chef Thomas Bach bemerkte, dass aus “datenschutzrechtlichen Gründen” nicht alles aus der Studie veröffentlicht werden dürfte (ARD oder die ZEIT berichten ausführlich).

Interssant ist, dass bei der Kontrolle der Sportler auf deren Privatssphäre nicht so viel Rücksicht genommen wird. Datenschutz und Privatsphäre sind nicht das Gleiche, aber die Vehemenz, die Bach hier an den Tag legt zum Schutze ehemaliger Sünder, vermisse ich im Umgang mit aktuellen Sportlern und in der nötigen Diskussion um Dopingkontrollen und die eingesetzten Techniken. …. nur eine Randbemerkung….

ps. Fast vergessen in der aktuellen Diskussion ist, dass die Studie nicht neu ist – aber gerade jetzt so viel Wirbel verursacht. Warum ist mir nicht klar.

Sichere olympische Spiele

Wie der Guardian berichtet sieht der Chef-Organisator der Olympischen Spiele von London in diesem Sommer entspannt entgegen, vor allem wenn es um die Sicherheitsmaßnahmen geht, die das Fest nicht beeinträchtigen werden.

Olympic security will not overshadow visitor welcome, says Lord Coe. Troop and military hardware deployment will not turn London into a siege city during Games, says head of organising committee. (Guardian, 27.12.2011)

Schwer zu glauben, andererseits, ist London bereits eine “City under Siege”, wie Stephan Graham es beschreiben würde. Die bereits bestehenden Maßnahmen haben aus der Metropole bereits eine Sicherheitsstadt gemnacht – allein die Kameras und der Ring of Steel dürften Anlass genug sein, über die Bemerkungen von Lord Coe zu diskutieren. Der Einsatz von Truppen, also Soldaten, ist auch für Großbritanien, abgesehen von Nordirland, neu. Die Forscher stehen in den Startlöchern und wir werden im Anschluss jede Menge von Analysen bekommen, die am Beispiel der Spiele von London die Verbindungen von Mega-Events und Ãœberwachung weiter vertiefen werden. Die Frage nach der Beeinrächtigung ist dabei keine leichte, weil es sich hier auch um die immer wieder gern zitierten “subjekten” Gefühle von Sicherheit handelt und diese vielleicht gar nichts mit dem Sp0rt bzw. dem Vergnügen Sport zusehen zu tun haben. Ich bin gespannt was wir lesen und wie es tatsächlich wird in London in diesem Sommer.

In dem Zusammenhang ist vielleicht auch interessant, was so passiert, wenn wirklich mal etwas passiert – der Guardian hat eine Seite zu den Riots zusammengestellt – gewissermaßen eine Nachlese mit allem was dazu gehört.

Ãœberwachung und Mega-Sportveranstaltungen

Die neueste Ausgabe von Urban Studies (November 2011; 48 (15)) widmet sich dem Thema der Mega-Sportveranstaltungen von der Fußball WM zu den Olympischen Spielen, nachzulesen und zum freien Download hier: Special Issue: Security and Surveillance at Sport Mega Events – Guest editors: Richard Giulianotti and Francisco Klauser.

Die Zusammenstellung passt gut zum Buch Security Games, welches vor ein paar Monaten erschienen ist und welches hier vorgestellt wurde. Manche Ãœberschneidung thematisch und von den Autoren her ist sehr nah, ein paar neue Sachen sind aber auch dabei. Insgesamt eine sehr gute Ãœbersicht, sowohl im Sammelband als auch in der Urban Studies.

Privatsphäre oder sauberer Sport?

Bei der Tagung Play the Game in dieser Woche in Köln gab es einige interessante Sessions zum Thema Doping. Abgesehen, dass ich davon, dass ich zum, Verhältnis von Doping und Überwachung dort einen kurzen Vortrag gehalten habe, äußerte ein Journalist auf dem Podium einen sehr bedenkenswerten Gedanken.

Gefragt, wie er 1 Million Euro sofort in den Anti-Doping-Kampf einsetzen würde, antwortete er, dass er damit Juristen bezahlen würde, die vor den Gerichten klären sollten, was denn tatsächlich Vorrang haben sollte – Privatssphäre oder die Integrität des Sportes. Ich war verwundert, es klärte sich aber auf, dass er keinesfalls die beiden Dinge gegeneinander abwägen wollte – und auch sah, dass im Namen des Anti-Doping-Kampfes einige elemtare Grundrechte über Bord geworfen werden – zu leicht und unkritisiert, wie ich meine.

Privatssphäre oder  Integrität des Sportes – das ist somit die Frage, die ich für interessant und hinsichtlich des Anti-Doping-Kampfes für elementar halte. Mein Gefühl ist, dass die Antwort kein entweder-oder sein wird, noch im gegenwärtig üblichen System des Sport und seiner polit-ökonomischen Bedingungen zu finden sein wird. Die Frage ist aber gestellt und ich bin gespannt auf die Antworten – auch von den Athleten selbst. Ein Forschungsprojekt ist in Vorbereitung, in dem auch dieser Frage nachgegangen werden soll.

What goes on tour…

… will be broadcasted worldwide – könnte man den alten Spruch (..stays on tour..) abwandeln, wenn man den Fall des englischen Rugbyspielers Mike Tindall betrachtet, der beim Knutschen mit einer neuseeländischen Schönen auf CCTV gebannt wurde. Das ist nicht sonderlich interessant, wenn der Nationalspieler nicht auch der Mann von Zara Phillips wäre, der Enkelin der britischen Königin. Verdächtigt wird einer der Türsteher der Bar, das Material verkauft zu haben. Ja, ein Bruch von Gesetzen, Privatsphäre, Datenschutz usw. Fast möchte man meinen das Paperazzi langsam überflüssig werden, wenn die besten Bilder ohnehin die sind, die ganz ohne sie entstehen. Ohne ein moralische Wertung vorzunehmen – die Welt wird auf jeden Fall ärmer ohne Geheimnisse, deren Veröffentlichung weder zum Weltfrieden beitragen, noch die Weltverschwörung schlechthin aufzudecken vermögen. Die Promi-Klatsch-Welt ist auf jeden Fall um eine Geschichte reicher, das wars dann aber auch. Der Versuch totaler Transparenz, unter welchen Argumenten auch immer – hier wohl die Sicherheit einer Bar – untergräbt auch weiterhin Aspekte unserer Gesellschaft, die sich privat oder staatlich in eine Mißtrauensgesellschaft wandelt. Eine solche aber verlangt nur nach mehr Ãœberwachung. Tindall hin oder her, das sind die eigentlichen Botschaften solcher Randgeschichten der Promiwelt. Ob es England geschadet hat, wird sich im Viertelfinale gegen Frankreich zeigen.

Hooligans in elektronischen Fußfesseln

Das von mir sehr geschätzte WDR Magazin Sport Inside hatte am Montag (21.3.2011) einen Bericht zu polnischen Hooligans angesichts der 2012 bevorstehenden Europameisterschaft gebracht. U.a. so berichtet Sport Inside, gibt es Ãœberlegungen, den Hooligans oder als solchen identifizierten Fans elektronische Hand und Fußfesseln anzulegen, um sie zu orten. Das ich Fußball-Fans und viele Aspekte der Fankultur für problematisch halte ist kein Geheimnis, insbesondere wenn es um die Gewalt geht, die sich das Feld Fußball als Arena ausgesucht hat. Aus meiner ambivalenten Einstellung zum großen Theater Fußball mache ich kein Hehl – dennoch gibt es hier Entwicklungen, die unschön sind, da sie generell bestimmte Persönlichkeitsrechte zur Debatte stellen, die zu anderen Zeiten andere Gruppen treffen könnte. Eine Diskussion sollte das allemal wert sein – auch wenn mein Verständnis für die Hooligans gegen null geht.

Sicherheit und Kontrolle bei Großevents

Die Kollegin Stefanie Baasch hat mit einer Analyse zur Videoüberwachung bei der Fußball-WM 20006 ihre Dissertation vorgelegt, die sicherlich lesenswert ist und sich einreiht in die Diskussion um Videoüberwachung.

Herstellung von Sicherheit und Produktion von Kontrollräumen im Kontext von Großevents: Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Hamburg

Workshop: Sport-Megaevents und Ãœberwachung

Call for paper proposals for a workshop on “The Surveillance Games” Simon Fraser University at Harbour Centre, Vancouver, BC. November 20-22, 2009

Mega-events such as the Olympic Games, the FIFA World Cup, and high profile political summits such as the G8 and World Trade Organization meetings have all been identified as primary targets for terrorist attack and have undergone extensive security and surveillance transformations as a result. Mega-events now serve as focal points for security and surveillance proliferation. They are microcosms of larger trends and processes, through which we can observe the complex ways security and surveillance practices are implicated in unique confluences of technology, institutional motivations, and public-private security arrangements.

Die Frist endet am 31. März.

Freie oder dopingfreie Gesellschaft?

Offensichtlich geht nicht beides. Die FAZ berichtet über das Dilemma der Dopingfahnder, die nach dem neuen WADA-Code sich selbst ad absurdum führen könnten, denn was darin festgehalten ist, ist die lückenlose Totalüberwachung mit ausgesprochenem Generalverdacht der betreffenden Sportler. Videoüberwachung und die Vorratsdatenspeicherung sind bezogen auf die Gruppe der betroffenen Sportler so als ob ein Mutter ab und zu in den Hof den Kindern zuruft “seid ihr alle da? Macht ja keinen Unsinn!”

Die Kritik der Sportler ist berechtigt, die der Datenschützer und Juristen ebenfalls. Dass aber Radsportler in Belgien klagen und sich deutsche Mitglieder der Regierung sich aber ausgerechnet zu Wort und Bedenken anmelden, ist schon bizarr. Die Regierung hatte bisher wenig Probleme damit auch noch jedes Grundrecht einzuschränken oder zumindest den Versuch zu machen. Und Doping ist kein Einzelfall, sondern systematisch und Teil des Profisports, mit seinen Sponsoren, den Fördermitteln des Bundes, dem chauvinistischen Geheul bei Olympia und einem vielen Heuchlern, die gern im Glanze der Sportler stehen und diese nur beschränkt unterstützen und so tun, als gäbe es das alles nicht. Es bleibt aber die Frage nach den Möglichkeiten ein Dopingkontrollsystem der Fairness zuliebe zu schaffen, welches gleichzeitig die Bürgerrechte und die Privatsspäre weitgehend achtet. Was wäre zu tun?

Ein wie ich finde sehr interessantes Thema, was hier nicht zum letzten Mal (oder ersten Mal) auftauchen soll. Und sicherlich auch ein ergiebiges Feld der Forschung. Ich freue mich auf Anregungen und Kommentare.