Category: Innere Sicherheit / Terrorismus

Sieg der Abschreckung…?

Die Fußball-WM ist in vollem Lauf und nichts außergewöhnliches außerhalb des Spielfeldes ist passiert… auch auf dem Spielfeld nicht wo wirklich… Keine Randale, die einzigen Platzverweise blieben bisher auf den Sport beschränkt… das kann auch so bleiben… das verleitet zu der Frage, warum bleibt alles ruhig… und war der Sicherheitswahn und die fast paranoide Angst vor Anschlägen und Hooligans berechtigt?

Das Sicherheitsmonstrum, dass aufgebaut wurde, könnte abschreckend gewirkt haben, so eine Erklärung. Das würde die These belegen, dass Sicherheitsmaßnahmen wie Videoüberwachung vor allem dann abschreckend wirken, wenn über sie bereits geredet wird… der Aspekt nutzt sich zwar ab, aber so lange dauert die WM zum Glück nicht.

Oder: die Fans wollen gar keine Randale…. und das Gerede war vor allem ein Vehikel, um weitreichende Maßnahmen über die WM hinaus zu installieren und zu rechtfertigen.

Letztlich, ließe sich überlegen, ob die Maßnahmen doch greifen und wir davon nichts mitbekommen… also alles gerechtfertigt war..

Die Diskussion um die Tickets und die Datensammlungen sind eher etwas, was im Hintergrund abläuft.. der CCC kümmert sich gerade darum zu sehen, was da eigentlich wirklich gespeichert wurde… denn das kann sehr wohl Auswirkungen über die WM hinaus haben… eine Gewöhnung an Überwachungstechnologien, die über das Freudenfest Fußball eingeführt wurde..

Hoffen wir, dass es auch weiterhin ruhig bleibt und danach genau geschaut wird, warum das so war.. vielleicht ja doch nur friedliche Sportbegeisterung, die dann keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen irgendeiner Art in der Zukunft rechtfertigen würde…

RFID für Immigranten

Da hatte jemand mal eine tolle Idee für die Anwendung von RFID-Chips… warum ist darauf eigentlich niemand früher gekommen. Einfach den Zuwanderen einen Chip eingesetzt und dann wissen wir wo sie sind und was sie machen. Auch nicht verwunderlich, das die Idee aus der Industrie selbst kam.. von VeriChip – die suchen offensichtlich kreativ nach neuen Anwendungsfeldern.

Scott Silverman, Chairman of the Board of VeriChip Corporation:

Responding to the Bush administration’s call to know “who is in our country and why they are here,” he proposed using VeriChip RFID implants to register workers at the border, and then verify their identities in the workplace. He added, “We have talked to many people in Washington about using it….”

Viel fällt mir dazu nicht ein….

Neues aus der Industrie…

… auf Platform – das Neueste aus Industrie und Anwendung oder wie sie sich selbst beschreiben…

Platform is the redesigned and refocused version of CCTV Today that will offer the best editorial on networked and integrated security systems, in a fresh and vibrant magazine. Platform is targeting a pan-European readership of 9,500 installers, integrators, security & network managers and end-users and is the ideal opportunity to reach the people who make and influence purchasing decisions in this growing security market.

Auch das sollten wir beobachten…. folge dem Geld sozusagen.

Wieviel kostet Sicherheit?

…. offensichtlich nicht so viel, wenn man ver.di Glauben schenkt. Mit Stundenlöhnen um 6,10 Euro und schlechten Arbeitsbedingungen, werden die Beschäftigten, denen in immer mehr gesellschaftlichen Bereichen unsere Sicherheit anvertrauen – gerade auch jetzt während der WM – schlecht bezahlt und auch sonst eher wie “Sklaven” behandelt (O-Ton ver.di Sprecher Peter Bremme bei NDR Online (1. Juni 2006).

Wie NDR 90,3 berichtete, hatten betroffene Sicherheitsleute auf der Pressekonferenz der Gewerkschaft ihr Gesicht mit weißen Masken bedeckt, weil sie befürchteten, Repressalien am Arbeitsplatz zu bekommen. 6,10 Euro pro Stunde, das reiche selbst dann nicht zum Leben, wenn man wochenlang durcharbeite, bestätigten die Betroffenen.

ps. auch hier nutzten die Redakteure vom NDR wieder eine Kameras zur Bebilderung

Diskussionen um WM-Sicherheitskonzept

Nach der Messerstecher-Attacke am Berliner Hauptbahnhof, kommt die Diskussion um die Sicherheit bei der WM wieder voll in Gang. Langsam wäre es schön wir könnten uns über den Sport freuen – nicht über das was schiefgehen kann… da sollten wir doch erstmal die Spiele selbst abwarten… da kann noch genug daneben gehen…

Spiegel Online, 27. Mai 2006

Reuters, 28. Mai 2006

Berliner Zeitung, 29. Mai 2006

NDR Online, 29. Mai 2006 mit den Perspektiven aus Hamburg

“Wir werden bei unseren WM-Sicherheitskonferenzen über den Amoklauf in Berlin reden müssen”, kündigte Spahn [Sicherheitschef des WM-Organisationskomitees] an. Es müsse geprüft werden, ob im Vorfeld “wirklich alles bedacht” worden sei. Jedoch sei es “unheimlich schwer, einen irrational handelnden Menschen in der Masse zu kontrollieren”, räumte Spahn ein und warnte zugleich vor allgemeiner Panik.

noch mal Rasterfahndung

Jochen Bittner von der Zeit sieht in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes einen Fehler, da wir jetzt noch weniger wissen, ob wir tatsächlich Ziel terroristischer Anschläge werden können oder nicht… einen Punkt im Besonderen finde ich hierbei diskussionswürdig…

In einem Punkt muss man den Richtern ganz ausdrücklich widersprechen. Eine Rasterfahndung stellt keinen Grundrechtseingriff “von erheblichem Gewicht” dar. Er ist vielmehr von geringem Gewicht, weil, wie die Richterin Haas in ihrem Sondervotum schreibt, “nur solche Daten erfasst werden, die bereits vom Betroffenen offenbart und in Dateien mit seiner Kenntnis gespeichert” wurden.

Haben die Menschen denn tatsächlich Kenntnis von all den Daten, die über sie gespeichert werden? Was ist vernetzt und was nicht.. wo sind die Grenzen zwischen privaten Datenbeständen und staatlich erhobenen? Wer kontrolliert das wirklich… ? Eine solche Aussage ist leichtfertig. Darauf kann keine Argumentation für oder gegen die Rasterfahndung aufbauen.

In diesem Zusammenhang ist das Spezial der Zeit zum Thema Terrorismus sehr lesenswert.

USA rücken von Vorratsdatenspeicherung ab

. F. James Sensenbrenner, Vorsitzender des “House Judiciary Committee”in den USA ließ durch einen Sprecher verlautbaren, dass er “ein solches Gesetz nicht verabschieden würde”. Ein solches Gesetz – das heißt in diesem Fall ein Gesetz zu einer Vorratsdatenspeicherung, denn während in Europa die verpflichtende Vorratsdatenspeicherung trotz der Widerstände von Datenschützern und Bürgerrechtlern per EU-Richtlinie geregelt und die Umsetzung z.B. in Deutschland durch den Bundestag bereits beschlossen wurde, hat sich die USA bisher weiterhin für das Quick Freeze Verfahren entschieden.

Im Gegensatz zur “Data Retention” (Speicherung aller Daten um ggf. im Nachhinein einige Daten zu verwenden) setzt Quick Freeze darauf, dass bei einem konkreten Verdacht der Provider angehalten wird, die betreffenden Daten zu speichern. Obgleich nach dem 11.09.2001 die Datenschutzüberlegungen in den USA und die Sicherheitsgesetze kollidierten und z.B. der sogenannte “PATRIOT ACT” den Geheimdiensten weitreichende Befugnisse gibt, sind die USA in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung doch wieder ein Vorbild. Und sie scheinen es bleiben zu wollen.

“Legislation on this issue will not be introduced by Chairman Sensenbrenner, and he is not interested in considering any legislation like it,”

Schleswig-Holsteins Datenschützer Weichert warnt vor staatlicher Willkür

Auch wenn die Mehrheit der US-Bürger bereit zu sein scheint, die Ausforschung ihrer Kommunikationsgewohnheiten im Tausch gegen fragwürdige Sicherheitsversprechen hinzunehmen (s. Florian Rötzer in Telepolis: Sicherheit geht vor Datenschutz), zeigen die Berichte über das gigantische verdeckte Überwachungsprogramm der National Security Agency (s. auch Süddeutsche Zeitung: Der überwachte Amerikaner) wie sehr sich die Exekutive im “Krieg gegen den Terror” verselbständigt und demokratischer Kontrolle entzieht. Selbst vor Jahren in die Mühlen geheimdienstlicher Machtpolitik geraten, als der damalige Verfassungsschutzchef Eckhart Werthebach 1991 mit einem diffamierenden Dossier seine Bewerbung um den Job als Datenschützer Brandenburgs torpedierte, stellt Thilo Weichert, der Landesdatenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein nun in einem Beitrag im Technology Review die Frage “Wie viel Freiheit müssen wir aufgeben, um unsere Freiheiten zu schützen?” und warnt vor den Folgen exzessiver und unkontrollierter Überwachung.

Thilo Weichert: Überwachung ohne Transparenz fördert staatliche Willkür, in: Technology Review 5/2006.

Report über NSA-Schnüffelei macht Ärger in den USA

Zum Wochenende noch was aus Amerika, wo die NSA es wohl mir ihrer Neugier etwas übertrieben hat…

Anger grows over NSA surveillance report
aus: CNET News, May 11, 2006

By Declan McCullagh

WASHINGTON–Capitol Hill politicians reacted angrily on Thursday to a new
report about how President Bush’s eavesdropping program has secretly
collected records of telephone calls made by tens of millions of Americans.

Infos auch bei Telepolis, 11. Mai 2006

und auch in Deutschland hat wohl der BND ein wenig zu viel wissen wollen…

Stern, 12. Mai 2006
tagesschau.de, 12. Mai 2006

“Policing Crowds – Privatizing Security” : Tagung zu neoliberaler Sicherheitspolitik

Parallel zur Sicherheits- und Sponsoren-WM findet am 24./25. Juni 2006 in den Räumen der NGBK in der Oranienstraße 25, 10999 Berlin-Kreuzberg die internationale Tagung “POLICING CROWDS – PRIVATIZING SECURITY: Neoliberal Policing in the long 1990s – and Beyond” statt. Die Tagungsbeiträge werden sich mit den Zusammenhängen von Sport und Sicherheit im Neoliberalismus, der Kommodifizierung von Sicherheit, der Expansion der Überwachung und der Zukunft sozialer Bewegungen nach 9/11 beschäftigen.

Tagungssprache ist Englisch. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.policing-crowds.org.