Tag: Videoueberwachung

CfP – Protest und Polizei in der Überwachungsgesellschaft

Panel auf dem 26. wissenschaftlichen Kongress der DVPW, 21.-25. September 2015, Universität Duisburg-Essen (ARBEITSKREIS SOZIALE BEWEGUNGEN)

PANELBESCHREIBUNG:

Wir leben in einer Überwachungsgesellschaft: das Erfassen, Kategorisieren, Verknüpfen, Zusammenführen und Prozessieren einer Vielzahl unterschiedlichster Daten ist in ihr ubiquitär geworden. Dahinter stehen exponentiell gewachsene technische Möglichkeiten, wie auch gewandelte Sicherheitsdispositive im Paradigma der Prävention.
Diese Entwicklung hat auch immense Auswirkungen auf den polizeilichen Umgang mit Protest.

Konferenz: Technik und Protest

Zwischen Innovation, Akzeptanzmanagement und Kontrolle

An der TU Berlin findet im September (22./23.) eine Tagung zum Thema “Technik und Protest. Zwischen Innovation, Akzeptanzmanagement und Kontrolle” statt. Ein Panel befasst sich mit “Big Data, Überwachung und der Kultur der Kontrolle” (mit Beiträgen u.a. zu Videoüberwachung von Demonstrationen, Profiling und Tracking von Aktivist/innen).

Die Veranstalter/innen haben dazu einen Call for posters, media presentations and artistic interventions ausgeschrieben.

Britische Polizei manipuliert Videobeweise

Für die Londoner Polizei sieht die Gewalt auf Demonstrationen immer nur von den anderen aus, niemals von sich selbst, berichtet der Guardian. Prügelnde Polizisten auf Video sind (von der Polizei selbst) “nicht identifizierbar”, während Flaschen werfende oder anders auffällige Demonstranten, in monatelangen Sichtungen, ausnahmslos verfolgt werden. Sollte ein Demonstrant versuchen, sich und andere vor Polizeigewalt zu schützen, wird er selbst als Täter hingestellt – mit unlauteren Mitteln.

Demonstrator Jake Smith was charged with two counts of violent disorder. These charges were later dropped when Smith’s solicitor, Matt Foot, viewed the original CCTV footage and discovered that the police video had been edited to show events out of sequence, at one point implying another man was Smith while omitting footage showing Smith being assaulted by a police officer without provocation.

Kameras: Wildwuchs, Diskurs: Stillstand

SPIEGEL Online hat einen Artikel über Videoüberwachung in Berlin: Kameras außer Kontrolle. Viele Neues steht nicht drin: Keine “Kriminalschwerpunkte” im Berliner ASOG, Zahl der Kameras seit Jahren steigend, keine zentrale Meldepflicht, die meisten Kameras ohne Hinweise, viele Kamerasignale unverschlüsselt, also “anzapfbar”, kaum präventive oder repressive Wirkung des Einsatzes, keine Evaluationen, die Politik gibt sich dennoch überzeugt, usw.

Am Ende steht: “Kameras sind kein Allheilmittel.” Den Satz hat man schon zu oft gehört, als dass er noch sinnvoll wäre. Die Technik entwickelt sich weiter, die Kameras breiten sich aus, aber der Diskurs darüber scheint stehen zu bleiben – man sagt oder schreibt halt, was man immer sagt oder schreibt. Warum ist das so?

Schlimmer noch: Zugleich setzt der SPIEGEL einen Link von einem scheinbar “kritischen” Artikel auf einen Hintergrundartikel eines Vertreters des thüringischen Innenministeriums, der munter Klischees und Mythen weiter verbeiten darf, u.a den so beliebten wie falschen Zusammenhang zwischen “Kriminalität”, “Vandalismus”, “sozialen Randgruppen”, der “Verwahrlosung öffentlicher Orte” und dem berühmten “Sicherheitsgefühl der Bevölkerung”. Oder, dass  ausgerechnet die Pilotprojekte in Brandenburg als Beweis für die Nützlichkeit von Ãœberwachung gelten dürfen, dabei wurde sie teilweise sogar wgene Erfolgslosigkeit wieder eingestellt. Oder dass sich mit Hilfe von Videoaufzeichnungen “rasch Geschehensabläufe rekonstruieren und Tatverdächtige identifizieren” lassen usw., bla bla bla…

Update: SPIEGEL Online legt mit einem (ähnlich lieblos recherchierten) Artikel über CCTV in London nach: Big Brother sieht sich satt.

Update (2): Nun auch ein Artikel über New York. Der Autor behauptet, der so genannte “Ring of Steel” in London, “ein Hightech-Kordon”, bestünde “aus schätzungsweise einer Million Kameras”, eine viel – gigantisch – zu hoch gegriffene Ãœbertreibung/Schätzung. Die genaue Zahl der Kameras, die dem “Stahlring” zugerechnet werden können (und diese Zurechnung ist an sich schon ein Problem; der “Ring of Steel” ist kein einheitliches CCTV-System, sondern eine martialisch-blumige Umschreibung für eine Kombination verschiedener,auch baulicher Maßnahmen in der City of London,  ANPR-Kameras machen nur einen Teil davon aus) liegt wohl eher zweischen ein- und dreitausend; vgl. Jon Coaffees exzellent recherchierten Aufsatz.