Beobachtet werden verführt zur Wahrheit

Eine Studie der Universität Newcastle hat in einem Experiment (BBC Online) getestet, welchen Konformitätsdruck bestimmte Bilder erzeugen. Augen und Kameras suggerieren offensichtlich eine Form der Beobachtung, auch wenn diese Augen nicht real sind.

A Newcastle University team monitored how much money people put in a canteen “honesty box” when buying a drink. They found people put nearly three times as much in when a poster of a pair of eyes was put above the box than when the poster showed flowers.

Ein psychologischer Effekt, der allerdings weitreichende Konsequenzen und Anwendungsgebiete verspricht. Und die Ideen werden auch gleich mitgeliefert…

Writing in the journal Biology Letters, the team says the findings could aid anti-social behaviour initiatives.

Angesichts der Diskussion um die Datenschutz- und Freiheitsrechte der Bürger bei Videoüberwachung, scheinen sich hier viel grundlegendere Probleme zu ergeben. Nämlich die Psychologisierung sozialer Kontrolle, welche anscheinend auch kulturell verankert ist. Vielleicht ziehen die Kameras einen Großteil ihrer Wirkung daraus und nicht aus der Tatsache, dass dann die Polizei jede Untat gleich mitbekommt und man selbst zur Rechenschaft gezogen wird. Das ist dann nur das, was die Polizei aus diesem Effekt herauszieht…. und spricht gleichzeitig gegen ihre gängigen Argumente.

mehr auch bei Spiegel Online

Kommt die zentrale biometrische Datenbank?

Auf einer Tagung zum Thema “Biometrie und Datenschutz” hat Hans-Peter Uhl, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Innenpolitik der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, bekannt gegeben, er halte eine zentrale Speicherung biometrischer Daten aus Ausweisdokumenten für “nützlich”, wie heise.de berichtet. Weiterhin wird der Mann wie folgt zitiert: “Als Sicherheitspolitiker hat man Interesse an möglichst vielen Daten und Datenabgleich, da man damit Sicherheit produzieren kann.” Sicherheit kann jetzt also schon ‘produziert’ werden? So wie man Tomaten, Autos oder Kernseife am Fließband herstellen kann? Und das Rohmaterial dazu sind die Daten? Uhl, der für Datenschutzfragen gerne noch “sensibilisiert” werden würde, zeigte sich im Verlauf der weiteren Diskussion reichlich unsensibel. Auf den kritischen Einwand der innenpolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Silke Stokar, sie fühle sich unwohl, wenn sie auf Reisen gehe in Staaten, die keine Schutzgarantien für die eingelesenen biometrischen Daten abgeben, entgegnete Uhl: “Dann bleiben Sie halt zu Hause.”

Polizei mit Erfolgsmeldungen

Die Hamburger Polizei wird nicht müde ihre Videoüberwachung der Reeperbahn als großen Erfolg darzustellen. Jede Begebenheit, bei der die Kameras helfen, wird als Argument für die Kameras genutzt… auch in eigenen Pressemitteilungen (26. Juni 2006). Eine Evaluation – unabhängig und zieloffen – sollte dann auch untersuchen wieviel ihnen wohl durch die Lappen gegangen ist … und ob es sich tatsächlich um eine angemessene Einschränkung der Rechte auf das eigene Bild und die Datensicherheit des Einzelnen handelt.

Beamte in der Polizeieinsatzzentrale beobachteten gegen 05.00 Uhr
auf dem Videoüberwachungsmonitor zwei Männer, die einen Bauwagen mit
Farbspray besprühten. Die Davidwache wurde umgehend informiert und
entsandte einen Funkstreifenwagen.

Videoüberwachung von Kassiererinnen

Ver.di hat sein Schwarzbuch zum Discounter Lidl ja schon bereits vor einiger Zeit veröffentlicht – nun aber gibt es eine europäische Version und darin wohl einige Stellen, bei denen man sich nur noch an den Kopf fassen kann – wenn es bisher nicht schon geschehen ist… so werden in einigen Ländern die Mitarbeiter auch per Videokameras überwacht – und aus ihnen per Generalvedacht Diebe gemacht.

Infos dazu bei Spiegel Online und der Financial Times Deutschland.

Als besonders skandalös kritisierte die Gewerkschaft Videoüberwachung in französischen Filialen. Damit würden alle Mitarbeiter per se unter Diebstahlverdacht gestellt. Agnes Schreieder von Ver.di verwies darauf, dass es im Lager einer Filiale im französischen Nantes mehr Videokameras als im örtlichen Gefängnis gebe. Zudem ist laut Ver.di der Leistungsdruck bei Lidl so hoch, dass die Vorgaben kaum zu schaffen seien.

Wie absurd muss es denn noch werden…?!

Videoüberwachung macht Helden

Die Welt (26. Juni 2006) berichtet in einem Artikel von einem Ãœberfall in England, der durch Kameras aufgezeichnet wurde. Zwei Jugendliche wurden angegriffen – einer von ihnen starb durch einen Messerstich. Für seine Mutter ist Daniel ein Held, da er sich bevor er selbst verletzt wurde, vor seinen Freund stellte und diesen zu verteidigen versuchte. Das Band wurde in England im Fernsehen ausgestrahlt – zur Abschreckung und um zu zeigen, dass Täter mit Videoüberwachung gefasst werden können. Daniel hilft das alles nicht mehr. Er ist ein fragwürdiger Held und die Rolle der Videoüberwachung scheint mir hier doch sehr überzogen dargestellt zu sein. Daraus Rückschlüsse auf den Erfolg der Kameras zu ziehen, ist unredlich, für die Polizei und andere Befürworter aber nur eine Bestätigung für ihre Wirksamkeit – leider nicht bei der Verhinderung solcher Taten.

“Es war eine schwere Entscheidung”, sagt sie [die Mutter]. “Wir wurden von der Polizei darum gebeten, um zu zeigen, wie CCTV kriminelle Aktivitäten überwachen kann. Dieses Video zeigt die harte Realität der Messerüberfälle in diesem Land. Es war eine grundlose Attacke, und es hätte jeden treffen können.” Als sie das Filmmaterial zum ersten Mal sah, so Pollen weiter, wollte sie ihren Sohn einfach nur am Leben sehen. “Den Ãœberfall zu sehen und zu wissen, ihn nicht stoppen zu können, war das schrecklichste überhaupt.”

Es wäre obszön angesichts dieser Tat für eine Ausweitung der Kameras zu plädieren, das die Gründe für die Gewalt nicht gelöst werden, einzig die Täter gefasst werden konnten. Wenn es dass ist, was die Polizei hauptsächlich will, dann hat sie – und mit ihr die Politiker – ihre Aufgabe grundlegend verfehlt. Sicherheit ist etwas anderes.

Satelliten für Menschenrechte?

Der Christian Science Monitor berichtet über die Möglilchkeiten Menschenrechtsverletzungen per Satellit zu überwachen. gibt es also gute Ãœberwachung und schlechte. Wo sind die Grenzen und wer zieht diese. Ich finde, das ist ein schönes moralisches Dilemma, welches eine ganze Menge von Fragen aufwirft. Moralische Deutungshoheit – Demokratieverständnis von Aktivisten – welche Aktivisten – welche Art von Menschenrechtsverletzungen??? Auch wenn ich keinen Zweifel hege, dass es in diesem Fall um hehre Ziele ging, so sind diese Ãœberlegungen doch legitim – zumal Satelliten nicht einfach so verfügbar sind und daher die Frage aufkommt, wer zahlt das und aus welchem Grund?

Satellites can monitor volcanoes, map deforestation, and help sell real estate. But can they document human-rights violations?
Yes, activists say.
Already, high-altitude images of Zimbabwe’s destruction of a settlement has increased pressure on the government to curb its abuses. Now, human-rights groups are focusing on Darfur, Chad, and Burma. In eastern Burma, for example, the government is accused of aggressively attacking an ethnic minority.

(Christian Science Monitor, 22. Juni 2006)

Könnte man damit auch Guantanamo überwachen und die Situation und Menschenrechtsverletzungen dort dokumentieren…? Da scheint allerdings dann wieder die Frage nach der Finanzierung und dem Zugriff auf die Satelliten eine wichtige Rolle zu spielen.

Augen Augen Augen

Das mit der Bemerkung zu den Augen auf Kameras als gängige Bebilderung von Büchern zu Ãœberwachung und anderem wächst sich zu einem neuen Hobby aus… hier sind noch zwei, die mir ein Kollege zugeschickt hat…
Beim ersten ist es zugegeben etwas undeutlich, aber in der Mitte meine ich ist doch eine Iris zu erkennen… das zweite spricht für sich….

Poster-MediaAge.jpg

Was kostet die innere Sicherheit?

Die hamburgPolis veranstaltet am 13. Juli in der Pony Bar (Grindelviertel an der Uni) in Hamburg eine Podiumsdiskusson zum Thema:

Videoüberwachung, Lauschangriff, Rasterfahndung –
welchen Preis wollen wir für unsere innere Sicherheit zahlen?

Es diskutieren Thilo Weichert (Landesbeauftragter für den Datenschutz Schleswig-Holstein) und Manfred Jäger (innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion der Hamburge Bürgerschaft). Moderation: Gerrit Hornung.

Donnerstag, den 13. Juli 2006, ab 20:00 Uhr
Ort: Ponybar, Allende-Platz 1
U-Bahn: Hallerstraße
S-Bahn: Dammtor

Film anlässlich der WM

Die “Frickelfraktion” hat eine kleine Filmcollage anlässlich der Fußball-WM gemacht und ins Netz gestellt. Sie erklären selbst, warum der Film wichtig ist und was uns erwarten kann. Da es auch um Ãœberwachung geht, habe ich den Link hier veröffentlicht.

grossartig wäre es, sich einfach nur an fussballspielen erfreuen zu können. doch leider ist die wm in deutschland als grossereignis manifestation vieler unschöner dinge, angefangen mit einem ausufernden nationalismus inklusive aller seiner ausgrenzenden und rassistischen folgen über horden herumgrölender fans, die für ihren “männersport” auch ihre eigene “männlichkeit” beweisen müssen, hin zu der aufrüstung der inneren sicherheit – videokameras, rfid-chips, datensammlerei, soldaten im inland, spezialeinsatzkräfte haben die wm-städte im griff.

Der Film ist leider etwas plump geraten.. auch wenn er einige schöne Verbindungen zieht und als Collage und mit Eisenstein’scher Schnittmanier die Gegensätze und die verdeckten Wahrheiten aufdecken will. Aber er soll nicht vorenthalten werden… also macht euch selbst ein Bild..

Taschenbuch des Lebens

Die Zeit hat in ihrer aktuellen Ausgabe einen interessanten Artikel zur Genforschung, speziell dem Sequenzieren von Genen. Darin stellt der Autor, Ulrich Bahnsen, auch die Frage nach dem Sinn und dem Zweck der Daten, die dort freigelegt und erkannt werden. Das berührt auch die Forschung zu Ãœberwachung in starkem Maße…. denn damit wird eine Schwelle der persönlichen Integrität überschritten, die weitreichende Konsequenzen für das Zusammenleben der Menschen haben wird – ganz zu schweigen von den Möglichkeiten der Klassifizierung von Gruppen und Menschen aufgrund biologischer Merkmale… Zusammen mit anderen Techiken und Technologien innerhalb einer suveillant assemblage eröffnen sich hier Abgründe, deren Auswirkungen wir schnellstens untersuchen sollten… jenseits ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit.

Jeder soll über sein genetisches Schicksal lückenlos informiert sein. Die Medizin und Pharmaforschung könnte Medikamente auf das persönliche Erbgutprofil abstimmen, und paarungswillige Menschen könnten sich nach passendem Genmaterial umsehen – auf dass die beiderseitige DRD4-Lustveranlagung kompatibel sei. Wie allerdings Datensicherheit, Zugriffsrechte, Eigentumsprobleme und das Management der Informationen zu regeln sind, steht in den Sternen.

Sieg der Abschreckung…?

Die Fußball-WM ist in vollem Lauf und nichts außergewöhnliches außerhalb des Spielfeldes ist passiert… auch auf dem Spielfeld nicht wo wirklich… Keine Randale, die einzigen Platzverweise blieben bisher auf den Sport beschränkt… das kann auch so bleiben… das verleitet zu der Frage, warum bleibt alles ruhig… und war der Sicherheitswahn und die fast paranoide Angst vor Anschlägen und Hooligans berechtigt?

Das Sicherheitsmonstrum, dass aufgebaut wurde, könnte abschreckend gewirkt haben, so eine Erklärung. Das würde die These belegen, dass Sicherheitsmaßnahmen wie Videoüberwachung vor allem dann abschreckend wirken, wenn über sie bereits geredet wird… der Aspekt nutzt sich zwar ab, aber so lange dauert die WM zum Glück nicht.

Oder: die Fans wollen gar keine Randale…. und das Gerede war vor allem ein Vehikel, um weitreichende Maßnahmen über die WM hinaus zu installieren und zu rechtfertigen.

Letztlich, ließe sich überlegen, ob die Maßnahmen doch greifen und wir davon nichts mitbekommen… also alles gerechtfertigt war..

Die Diskussion um die Tickets und die Datensammlungen sind eher etwas, was im Hintergrund abläuft.. der CCC kümmert sich gerade darum zu sehen, was da eigentlich wirklich gespeichert wurde… denn das kann sehr wohl Auswirkungen über die WM hinaus haben… eine Gewöhnung an Ãœberwachungstechnologien, die über das Freudenfest Fußball eingeführt wurde..

Hoffen wir, dass es auch weiterhin ruhig bleibt und danach genau geschaut wird, warum das so war.. vielleicht ja doch nur friedliche Sportbegeisterung, die dann keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen irgendeiner Art in der Zukunft rechtfertigen würde…