Simulation und Überwachung

Bei Deutschlandfunk Kultur gibt es einen sehr interessantes und tolles Feature zum Thema Digitalisierung in der Stadtplanung unter dem Titel: Sim City: Wenn ganze Metropolen im Computer leben. Die Kurzbeschreibung lautet dazu wie folgt: “Rathäuser sammeln Daten über ihre Städte und erstellen daraus „digitale Zwillinge“. Das könnte die Stadtplanung revolutionieren.”

Was hat das mit Überwachung zu tun? Erstmal nichts, dann aber viel.

Denn wenn, wie in dem Feature ausgeführt, die Echtzeit-Daten der Stadt in ihrer Gesamtheit vorliegen – so zumindest der Wunsch der Planer – dann bietet das großartige Möglichkeiten der Überwachung nicht nur der Stadt als Infrastruktur, für die Planung, sondern auch ihrer Bewohner, ohne die eine Stadt für uns irrelevant sein würde. Verkehr, Wohnen, menschliche Aktivitäten und Bewegungen, Sonne, Strom, Wind, Grünflächen – man kann sich viele Parameter denken.

Konzeptionell charmant in dem Beitrag ist der Verweis aus Jorge Luis Borges’ Kurzgeschichte “Von der Strenge der Wissenschaft, 1946” (die ich als Kartograhie-Fan nicht kannte, wie ich schamhaft bekenne), in der es um eine Karte im Maßstab 1:1 geht – also eine eher unsinnige Idee, da Karten Repräsentationen sind, keine Klone der Wirklichkeit. Die Simulation der Wirklichkeit, eine wahrscheinlich dann passgenaue Simulation, der gewünschten Wirklichkeit, wie sie sich mit Daten, aber eben nicht mit dem Eigensinn der Menschen abbilden lassen würde, wäre ein geradezu starkes Instrument der Überwachung – spätestens wenn die Simulation zur Wirklichkeit wird (wie Jean Beaudrillard es für das Simulacrum formulierte). Von daher leben diese (simulierten) Metropolen nicht nur im Rechner, sondern können die Wirklichkeit mehr formen, als ursprünglich gedacht war, in Echtzeit möglicherweise.

Zu Jorge Luis Borges Kurzgeschichte “Von der Strenge der Wissenschaft” (1946), gibt es Hintergründe in einem Text von Alfons Hug “Der Atlas des Imperiums

Zu Karten im Maßstab 1:1 gibt es bei Wikipedia einen Eintrag.

Und in “der Kartograf und seine Welten” erzählt Philippe Rekacewicz (Kartograf der Le Monde Diplomatique) über Karten im Dienst von Machtinteressen und über die Kartografie als Kunst.