2010 ist, was die Überwachung betrifft, wohl kein besonderes Jahr, nicht mehr und nicht weniger besonders als die Jahre vorher. Aber es haben noch zum Ende des alten Jahres eine Reihe von Prozessen begonnen, deren Folgen wir in diesem Jahr mit Spannung erwarten dürfen.
– Der “Nacktscanner” – kommt er oder kommt er nicht in Deutschland. In Großbritannien sind sie bereits beschlossen (wen wundert’s). Dazu gibt es auch ein Interview mit der Kollegin Regina Ammicht Quinn aus Tübingen in der FR. Im Spiegel (und wohl auch anderswo) bezweifeln Experten den Nutzen dieser Dinger. Wichtig in diesem Zusammenhang scheint mir zu sein, dass 9 Jahre nach 9/11 die Angst nicht nachlässt und die Sekurokraten immer noch eine Sau haben, die sie durch das Dorf treiben können. Die Geheimdienste patzen und der Scanner soll es dann richten oder der Mangel an überteuerten oder wahlweise unnützen Artikeln im Duty-free Bereich? Hier wundert mich so einiges…
– wir erwarten die Entscheidung im Verfassungsgerichtsurteil zur Vorratsdatenspeicherung und hoffen das für diese anti-liberalen Gesetze der Regierung die Leviten gelesen werden.
– Elena soll uns künftig beglücken – und dieses System ergibt angesichts der gegenwärtigen phantasielosen, aber wirkungsvollen (Un)Sozialpolitik der Regierung in Berlin viel Sinn. Wenn schon nur schlecht für alle gesorgt wird, dann muss man die potenziell Unzufriedenen auch noch besser überwachen, inklusive ihrer Krankentage, der Streiktage usw (auch wenn das nun nicht kommen wird) – der Lohnempfänger als dankbarer, aber möglichst ruhiger Zeitgenosse (von Bürgern will ich in diesem Sinn nicht mehr sprechen, denn das genau sollen sie nicht nicht sein, allenfalls bevormundete Kunden).
Daten, Daten, Daten und Mißbrauch wohin das Auge schaut. Aber Überwachung und Kontrolle erschöpft sich nicht darin, auch wenn die Berichterstattung es oftmals anders vermuten lässt. Ohne theoretisch zu tief schürfen zu wollen was Überwachung alles sein kann, ist es auch eine Geisteshaltung, die sich nicht nur in den frechen Vorstößen der Datenkraken zeigen, sondern auch in so banalen Ereignissen wie dem öffentlichen Anprangern von Dieben und sozialen Missetätern, wie dieser Fall hier, den der Spiegel schildert.
Der Staatsanwalt bietet Ihnen drei Optionen an”, sagte die Pflichtverteidigerin. “Erstens: ein halbes Jahr Gefängnis. Zweitens: viereinhalb Stunden öffentliche Demütigung, Eintrag ins Vorstrafenregister. Drittens: acht Stunden Demütigung, keine Vorstrafe.” Wenn Evelyn Border und ihre Tochter sich an den Pranger stellen würden, das war also das Angebot des Staatsanwalts, dann würde er den Richter bitten, auf eine Gefängnisstrafe zu verzichten.
Wenn so die Zukunft des Strafvollzuges aussieht, dann können wir uns in Deutschland ja auf etwas gefasst machen. Auch ohne dahinter eine Verschwörung zu vermuten, sind Tendenzen spürbar, die den puritanischen, bevormundenden Ton und ebensolche Einstellungen aus den USA übernehmen – ganz ohne religiöse Hintergründe – wenn es um das Rauchverbot geht oder um die Sorge vor dem übergroßen Alkoholkonsum von Jugendlichen (der wohl ein Problem ist, dem aber mit den lächerlichen, tabuisierenden Maßnahmen, die letzthin diskutiert wurden, nicht beizukommen ist). Dagleiche gilt für Nackscanner im Kampf gegen den Terror. Ja man sollte die islamistischen Vollidioten, die einem den ohnehin schon dürftigen Flugspaß vollends vermiesen, alle möglichen Hindernisse in den Weg legen, denn es werden nie alle ihre dämlichen, gefährlichen und verquasten Ideen fallenlassen und nicht den Versuch unternehmen mit einer Bombe ein Statement zu setzen – den Wurzeln des Ãœbels kommen wir aber mit dem Ausverkauf unserer Freiheiten dabei nicht näher. Was angesichts von auf Angst basierender Regierungsmethoden im Bereich von Sicherheit als auch bei der Sorge um unsere Jugendlichen und deren Gesundheit vor allem zu sehen ist, ist ein Mangel an wirklicher Fürsorge und dem Willen etwas zu verändern. Es trifft ohnehin nur die, die keine Chance haben sich zu wehren – bestrafen ja, kümmern nein. Das man ohne Drohungen (und auch ohne Konsequenzen) auskommen kann, zeigt der Reinfall des Klimagipfels. Keine Strafen, keine Maßnahmen, keine Sorgen, keine Bevormundung – aber die kommt bestimmt auch noch – wer die Empfänger sind wird dann die große Ãœberraschung sein. Vielleicht ja mal die richtigen.
So und nun genug gemeckert. Allen ein frohes neues Jahr. Sie Surveillance-Studies werden auch weiterhin vernetzen und vermelden und hoffentlich auch Diskussioinen und Gedanken anregen.
beste Grüße
nilz
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