“Dritte Welt” als Versuchskaninchen der Überwachung?

Warum sollte moderne Überwachungstechnologie Halt vor Weltgegenden machen, die, so könnte man meinen, andere Probleme haben. Aber Authentifizierung und Identifizierung spielen zum einen in vielen Zusammenhängen eine wichtige Rolle:

Immer wieder werden in verwüsteten Gegenden Hilfsprogramme missbraucht, und die Stärksten bereichern sich. Das WFP argumentiert, nur mit biometrischen Prüfungen könnten die Hilfsgüter die wirklich Bedürftigen sicher erreichen. Sonst fließe das Geld an Kriegsparteien, das könne man als humanitärer Helfer nicht zulassen. Doch das Misstrauen gegen die internationale Organisation ist groß, und einmal mehr stößt der Einsatz biometrischer Systeme auf Widerstand.

Zum anderen ist die Vermutung des Autors des Artikels Biometrie in Hilfsprogrammen. Ohne Gesichts-Scan kein Essen (SZ, 6.8.2019, Autor: Adrian Lobe) dass hier ein Testbed für Überwachungstechnologien bestehen könnte nicht so weit hergeholt.

Die Journalistin und Medientheoretikerin Ariana Dongus argumentiert, die Flüchtlingscamps des UNHCR seien “Versuchslabore für biometrische Datenerfassung”: Neue Technologien würden im globalen Süden getestet, bis sie in der westlichen Welt als sicher und damit verkäuflich gelten. Die neomarxistische These: Der Norden liefert die Technik, den Menschen im unterentwickelten Süden bleibt nichts anderes übrig, als diese zu nutzen. Die Abhängigkeit geht weiter.

So wurden viele Technologien und Verfahren ehedem in den Kolonien getestet und verbessert. Und in Ergänzung zu dem Artikel sei hier der Bericht Track, Capture, Kill: Inside Communications Surveillance and Counterterrorism In Kenya von Privacy International empfohlen, der zusätzliche Informationen liefert und die These stützen würde.