Ich bin erst kürzlich über diese Idee von Amazon gestolpert, sie ist aber schon ein Jahr alt. Ich kann nicht beurteilen, ob es sie inzwischen tatsächlich (noch) gibt, aber die Idee ist schon recht abenteuerlich und dann auch wieder typisch Amazon. Hier ein Bericht der BBC vom Mai 2021: Amazon offers ‘wellness chamber’ for stressed staff.
Was soll das aber genau sein? Eine Kammer mitten in einer der Amazon-Logistikzentren, in die gestresste Arbeiter:innen gehen können um für sich zu sein. Nicht größer als ein geräumiges Dixi-Klo, sind sie dort den Blicken ihres Arbeitgebers entzogen und können etwas für ihr “mental wellbeing” tun – so die Idee, vorgetragen vo der Einfinderin – siehe Video am Ende.
During shifts employees can visit AmaZen stations and watch short videos featuring easy-to-follow well-being activities, including guided meditations, positive affirmations, calming scenes with sounds.”
BBC, 21.5.2021
Wer die Idee des Panopticons von Bentham kennt, weiß, dass auch dort eine Ecke in der Zelle vorgesehen war, die den Blicken der Wärter entzogen war. Sie waren in der Zelle, aber nicht sichtbar. In dieser Hinsicht ist auch die Wellness Champer zu verstehen. Was im Panopticon noch der Logik eines Gefängnisses geschuldet war – die konnten sowieso nicht weg – geriert hier zu einer vermeintlichen (und somit zynischen) Wohltat des Arbeitgebers. Jeder weiß, wenn man drin ist, man wird dabei beobachtet und allein dass kann auch Aufschlüsse darüber geben, wie man drauf ist oder dass man seiner Arbeit nicht gewachsen sei. Wer weiß das schon.
Hier zu passt auch der Aufsatz meines Kollegen Sami Coll: Knowledge, power, and the subjects of privacy: Understanding privacy as the ally of surveillance », Information, Communication and Society, Vol. 17, n° 10, pp. 1250-1263, der diese Situation für das Verhältnis von Privatsphäre und Überwachung auslotet und auf den Punkt bringt.