Der Anschlag war kaum geschehen, der Weihnachtsmarkt noch nicht ganz aufgeräumt, da ging die Debatte aus dem Stand los: Mehr Videoüberwachung, weniger? Die üblichen Positionen wurden ausgetauscht. Es finden sich seit letzter Woche von ganz unterschiedlichen Seiten Forderungen und Gegenpositionen, manche vermittelnd, manche irritierend entschlossen – aber alles in allem ein Bild, dass wir seit Jahren kennen.
Ich selbst habe auch nicht den Überblick, aber ein paar interessante Beiträge hier als Ausschnitt aufgeführt:
- Sichtbarkeit macht Angst. Kommentar bei taz.de (Gereon Asmuth).
- Von Videoüberwachung nicht zuviel erwarten. (Nils Zurawski bei NDR Info, hier zum Teil als Text zum Lesen)
- “Fahndungsvideos im Internet sind kein Allheilmittel” (Rafael Behr bei DradioKultur)
Dazu zwei der üblichen Positionen pro Kameras, beide aus der Zeit, hätten aber überall stehen können.
Interessant ist, dass die Diskussion den Terroranschlag mit anderen scheußlichen Übergriffen vermischt: die U-Bahn-Schubser sowie der Fall des angezündeten Obdachlosen. Zu beiden, wie auch zur Berichterstattung gäbe es ebenfalls eine Menge zu sagen. Leider bleibt die Diskussion weitgehen technisch und auf Sicherheit fixiert, stellt aber nicht so wichtige Fragen wie:
- Worum geht es bei der Sicherheit eigentlich?
- Was ist die vielzitierte Freiheit, die wir mit immer mehr Überwachung schützen wollen?
- Was hat Technik damit zu tun?
- Welche Bedeutung hat Technik in der Diskussion, wer spricht, wessen Interessen sollten genauer angesehen werden, worum geht es eigentlich?
- Ist das alles so plötzlich, wie suggeriert wird, oder wie hat sich unsere Gesellschaft entwickelt, dass so leichtfertig über Kontrollen, Freiheiten, Überwachung, Repressionen und die Aufhebung demokratischer Grundprinzipien reden?
Ja, damit würde sich die Debatte verkomplizieren, aber es wäre an der Zeit, sich auch damit zu beschäftigen, nachzudenken, jenseits der festgefahrenen Positionen, der einfachen Forderungen. An manchen Stellen passiert das bereits, es könnte aber noch viel weiter gehen. Die gesamt Diskussion über Sicherheit belegt alles mit einem merkwürdigen Firnis, die Debatten sind sehr eng, die Gesellschaft scheint mir dadurch immer konservativer, mutloser und vorsichtiger zu werden. Emanzipation ist so nicht möglich – gerade die wird aber in gebraucht um die Vielzahl an Themen zu bearbeiten, die eine stark vernetzte Welt uns aufgibt. Abschotten ist ganz gewiss keine Lösung.