Nur zur Dokumentation: Die Süddeutsche Zeitung hat ein Pro und Contra zu Videoüberwachung veranstaltet. Ein Interview mit dem in München für die Kameras zuständigen Kriminalhauptkommissar Stefan Schraut ergänzt den Bericht. Anlass ist natürlich die Entführung und Ermordung des neunjährigen Jungen aus Leipzig, der zusammen mit seinem mutmaßlichen Mörder von einer Kamera in einer Straßenbahn aufgenommen wurde. Die Parallelen zum britischen James Bulger-Fall sind natürlich überdeutlich: Videoüberwachung fängt die Mörder unserer Kinder, so der Tenor. Das bestätigt mal wieder das Muster, dass die Opfer besonders erschreckender Verbrechen für die Lobbyisten der Ãœberwachung herhalten müssen. In seinem hier im Weblog schon mehrfach erwähnten Artikel “A generation is all they need” (im Netz inzwischen leider kostenpflichtig) hat Kevin Haggerty ja genau das vorausgesagt.
Auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verhalten sich vorhersehbar. Erst hat man seit April 2006 auf drei ausgewählten Linien Videoüberwachung mit Aufzeichnung, natürlich nur als “Modellprojekt”, durchgeführt und das Ganze durch eine wissenschaftliche Untersuchung bgelien lassen. Jetzt will man deren Ergebnisse, die Ende März veröffentlicht werden, nicht länger abwarten und Fakten schaffen, weil, so ein Sprecher, eh schon feststeht, “Wo die Kameras laufen, passiert weniger.” Das Muster ist dasselbe wie in Bielefeld und in Brandenburg: Auch dort wurden zuerst Evaluationen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse dann von den Entscheidern igoriert wurden. Wissenschaftler und ihre Arbeit werden so missbraucht, um den schönen Schein zu wahren, man handele ergebnisoffen und sei tatsächlich an nachprüfbaren Fakten interessiert.
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