2015, Nils Zurawski
Diese Kurzgeschichte ist 2018 in der Festschrift zum 125-jährigen Jubiläums meiner alten Schule, dem Kaiser-Friedrich-Ufer-Gymnasium, erschienen.
Wenn man über die Brücke geht, die sich über den kleinen Kanal erstreckt, dann den Uferweg kreuzt und durch den Park schlendert sieht man zuerst einen kleinen Spielplatz, dann einen Zaun, dahinter ein Flachbau, zwei Stockwerke hoch, bunt, funktional, eine Schule oder eher ein Kindergarten. Die richtige Schule steht dahinter. Ein Bau aus dem Kaiserreich, gewaltig, übergroß, eine Anstalt im wahren Sinne des Wortes, mit einem Portal aus drei Bögen, braungrau, mit einem Treppenaufgang, der durch moderne Geländer ergänzt wurde. Davor Fahrräder, Kinder, Schüler. Nicht mehr zu sehen war der Ort eines Kampfes, der hier einmal stattgefunden hatte zwischen Schülern und Baggern, Jugendlichen und den Behörden. Ein von vornherein aussichtsloser Kampf, der deshalb um so mehr im Gedächtnis geblieben ist. Ein Kampf um alles. Um alles, was uns damals wichtig war. Wichtig für unsere kleine Welt, die hier vollkommen egoistisch, wie das Kinder eben so tun, verteidigt wurde. Ob sich überhaupt jemand zurück erinnert, wenn er durch den Park geht und den Kindergarten sieht, bezweifle ich stark. Aber es gab ihn, unerbittlich, kurz nach diesem Winter vor 35 oder so Jahren. Ich blieb stehen und schloss für einen Moment die Augen.
Ob, wenn man sich zurück erinnert, die Winter immer besonders kalt waren, früher, mag gut sein. Dieser war es. Irgendwann 1978 oder 1980. Das Gute an kalten Wintern in Hamburg ist, dass aus dem Regen Eis wird und die Wege zu einer glatten Bahn. Für Schüler um die zehn, zwölf Jahre herum war das auf jeden Fall eine Riesensache. Es gab keine Berge in Hamburg, also wurde auf diesen Mini-Eisbahnen geschliddert und gerutscht. Winter in Hamburg bedeutete damals wie heute kurze Vergnügen, meist wenig Schnee, obwohl nur Eis eigentlich viel besser war. Und wenn es denn dann mal irgendwo einen Berg gab, meist kurze Abhänge, schräge Wiesen oder Gestaltungselemente eines Parks, erhöhte das die Freude nur.
Genau so ein Hügel lag vor unserer Schule, staubig im Sommer, das bisschen Rasen war niedergetrampelt oder mit unseren Fahrrädern vernichtet worden. Die Großen hingen da im Sommer ab, rauchten, diskutierten die Weltlage, scheuchten uns Kleine weg. Im Winter, besonders in den sehr kalten, verwandelte sich der Hügel dann allerdings zu unserem Spielplatz. Die Spuren der selbstgetretenen Wege waren mit dem Schnee bedeckt, der mehr und mehr vereiste, je mehr wir hochgingen um runter zu rutschen. Immer wieder, jede Pause. Bis die Lehrer auf die Idee kamen, dass wir Kleinen gar nicht die Schule verlassen durften oder jemand ja die Aufsicht hätte führen müsste bei dem Spektakel, war der Winter schon halb rum. Wichtig dabei vor allem eines: der Hügel gehörte uns! Die Lehrer waren Zaungäste, die Oberstufenschüler machten den dicken Max und versuchten die Kleinen zu gängeln, die konnten sich aber den Attacken entziehen und rutschten einfach weiter. Jede Pause, den ganzen Winter lang.
Als der erste Mann mit so einem Messgerät vor unserer Schule erschien, begann der Kampf. Der Theodolit war eine Kampfansage. Wir hatten uns das nicht ausgesucht, noch hatten wir angefangen. Bauarbeiter latschten über unseren Hügel, nahmen Maß, zogen Absperrband kreuz und quer über den Hügel und um das ganze Gelände. Der Winter war noch nicht ganz vorbei, Reste von Schnee lagen noch vereinzelt auf den Wiesen, unter Büschen oder auf Verkehrsinseln rum, da versprach das gerade angebrochene Jahr interessant zu werden. Zuerst einmal entfernten wir das Flatterband. Die Großen animierten die Kleinen dazu. Die bekamen weniger Ärger. Außerdem wurden wir nicht so richtig wahrgenommen und konnten einfach überall rumflitzen. Also ab damit. Das ging ein paar Tage so weiter. Wenn wir aus der Schule gingen, zogen wir einfach das Zeug von den Eisenstangen, am nächsten morgen spannten die Vermesser das Band neu. Inzwischen hatten die Großen in Erfahrung gebracht, was das alles sollte. Eine neue Eisbahn für den nächsten Winter würde es nicht sein – soweit war uns das auch mit zehn Jahren schon klar. Da wütete jemand auf unserem Spielplatz und das durfte nicht ungestraft so bleiben. Als der zermürbende Kleinkrieg um das Flatterband nicht so richtig zündete und wir uns nur ermahnende Belehrungen von unseren Lehrern anhören mussten, entschieden die Großen, dass wir jetzt richtig kämpfen müssten. Aber womit? Der Winter war vorbei, eine Schneeballschlacht fiel also aus. Sie beschlossen, der Bau müsse verhindert werden. Gegen Bagger? Gegen echte Erwachsene, noch dazu grobschlächtige und furchteinflößend aussehende Bauarbeiter, ein paar hatten sogar Tattoos, Nach vielem hin und her wurde beschlossen den Hügel zu besetzen. Es war sowieso gerade die Zeit der Demonstrationen und Sitzblockaden. Im Fernsehen konnten wir das täglich verfolgen. Irgendwo in Deutschland oder auf der Welt saßen Menschen rum, demonstrierten gegen irgendwas oder auch mal dafür. Meistens allerdings, dass ging auch einem Zehnjährigen auf, ging das eher nicht so gut für die Sitzenden oder Demonstrierenden aus. So viel hatten wir schon gelernt. Jetzt also eine Hügelbesetzung. Gleich nach der Schule. Während des Unterrichtes gab es zu viel Ärger. Erst mit den Lehrern und dann, sollten wir so mutig gewesen sein, mit unseren Eltern. Das war der eigentlich unangenehme Teil. Deshalb eine Besetzung nach der Schule. Mit Plakat und irgendeiner redete auch. Durch ein kampferprobtes Megaphon, dass einen irren Sound hatte. Von der Rede weiß ich nichts mehr. Aber an die Gesichter der Bauarbeiter kann ich mich noch erinnern, die gerade Feierabend machten, als wir den Hügel stürmten. Noch war ja gar richtig viel passiert. Eine richtige Baustelle war das noch gar nicht, bis auf einen Bauwagen, wo die Männer Kaffee tranken, rauchten und rumsaßen, und das rot-weiße Flatterband. Keine Bagger, keine Zäune, kein Loch und der Hügel war auch noch da.
Jetzt saßen wir also da und besetzten den Hügel. Es war unser, machten wir deutlich. Die Bauarbeiter scherten sich nicht drum und gingen nach Haus. Am nächsten Tag war Schule und die Besetzung das wichtigste Thema. So ging das eine Weile weiter. Wir besetzten, entfernten das Flatterband, das hatten die Bauarbeiter auch schon mitbekommen und sich beschwert. Die Ansage an den Direktor war, sollten sie uns dabei erwischen, gäbe es Senge. Nun dann. Inzwischen rückten die ersten Bagger an, die Baustelle wurde eingerichtet. Wir mussten handeln. Besetzen nach Schulschluss brachte nichts, wenn sie, während wir bei Mathe schwitzten, den Hügel abtrugen. Also die große Pause. Die Großen hatten einen Plan, wir machten mit, fühlten uns groß dabei. Und so zog ein Haufen von 30 Schülern in der großen Pause zum Hügel und besetzte ihn. Die Bauarbeiter machten gerade Mittag. Der Winter war fast vorbei, der Boden weich genug zum Graben. Wir sahen unsere letzte Chance. Als die Männer aus ihrem Bauwagen rauskamen, staunten sie nicht schlecht. 30 Schüler saßen auf dem Hügel, der erste Spuren einer mutwilligen Erosion aufwies und hoben zwei Banner in die Luft: „Wir weichen euren Baggern nicht“ stand auf dem einen, „Hände weg von unserem Hügel“ hatten wir übermutig auf das andere geschrieben. Die Bauarbeiter lachten kurz und machten dann eine klare Ansage, den Hügel zu verlassen. Wir blieben, rückten enger zusammen und hofften, dass sie Kinder nicht einfach so anfassen würden. Sie fingen an zu drohen, wir hakten uns unter, sie kamen bedrohlich nah. Die ersten bekamen Schiss und wichen zurück. Es folgte ein Ultimatum, die Hälfte von uns, vor allem die Kleineren, gingen langsam in Richtung Schule, die keine 30 Meter entfernt war. Sicheres Gebiet. Und außerdem war auch die Pause bald vorbei. Als es klingelte waren wir alle wieder drin, berauscht von unserem Mut, enttäuscht, dass wir die Typen nicht wirklich beeindruckten konnten.
Am nächsten Morgen kamen wir früher zur Schule. Wir setzten und vor Beginn des Unterrichts auf den Hügel, noch waren unsere Feinde nicht im Einsatz. Als sie kamen staunten sie nicht schlecht. Und wir waren vorbereitet. Als sie wieder drohten, zogen wir unsere Wasserbomben hervor und drohten ebenfalls. Wir waren nur noch ein Dutzend, aber bewaffnet und mutig und schnell. Schneller, so hofften wir, als die dicken Männer in ihren Arbeitsstiefeln und mit ihren Bierbäuchen. Und die Schule war nicht weit. Das würden sie nicht wagen.
Die Tür war zum Glück fast erreicht. Wir stürzten die Treppen des Schulportals hoch, rutschten aus, fingen uns, liefen weiter auch wenn die Füße den Boden gar nicht berührten. Ein paar Voraus, der Rest von uns im Pulk hinterher. Hinter der Tür, die leider nach außen aufging und ganz im Stile der im frühen 20. Jahrhunderts erbauten Anstalt groß und schwer war, hofften wir auf Rettung. Denn die Bauarbeiter waren hinter uns her. Und das schneller als wir ahnten und plötzlicher als wir uns das ausgerechnet hatten. Am Anfang beachteten sie uns kaum, lachten ein wenig überheblich und hatten wohl gedacht, so kleine Knirpse würden es nicht wagen. Als wenn wir genau das gespürt hatten, hat uns diese Haltung nur angestachelt. Wir wollten für voll genommen werden. Seit wir begonnen hatten unseren Hügel zu verteidigen, hatten wir viel Zeit und vor allem jede Menge Energie in unseren Widerstand gesteckt. Der Hügel ist zu von einer vagen Idee zu einer Aufgabe geworden, zu unserer Aufgabe, zu unserer Hingabe und dem alleinigen Fokus, weswegen wir morgens sehr zum Erstaunen unserer Eltern bereits früher als gewöhnlich aufstanden, unsere Sachen packten und allein unser Frühstück machten. Wir wollten möglichst früh da sein. Wir, dass waren im Kern zehn Jungs aus der Unterstufe, am Anfang ein paar mehr, nachher eher weniger. Einige hatten die Segel gestrichen, als der erste Spaß vorbei war und die ersten Eltern Ärger machten. Die Schulleitung hatte noch nicht so richtig Wind davon bekommen, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis die auch ganz offiziell da einschreiten würde. Die beiden Schnellsten waren schon an der Tür und stemmten sie auf. Einer hielt sie für die anderen auf, der Pulk schoss in den quadratischen Pausenraum mit dem kleinen Brunnen an der Wand, in dem ein in die Wand eingelassener Pelikan mal Wasser gespieen hat. Heute schaute er nur den Schülern in der Pause zu. Als der letzte drinnen war fiel die Tür mit dem gewohnten Ton schwer ins Schloss. Wir schauten uns um. Sie ging nicht wieder auf. Die dicken Bauarbeiter folgten uns nicht bis hierhin. Das war knapp. Wir schauten uns erleichtert an. Einer fehlte.
Nie wieder wollten wir weglaufen, was sollten die Bauarbeiter schon tun, Kinder verprügeln? Die Chancen standen gut für uns uns. Je kleiner wir waren, desto besser. Thomas hatten sie auch nur an den Ohren gezogen, seine Wasserbomben abgenommen, die er auch beim Laufen nicht losgelassen hatte und sich einen Spaß daraus gemacht ihm ordentlich Schiss einzuflößen. Er hatte sich dabei nass gemacht, das war es dann aber auch schon. Er stand heute wieder mit uns dabei und war festentschlossen. Er hatte noch eine Rechnung mit den Bauheinis offen. Es war noch vor Schulbeginn, halb acht oder so. Wir standen bereit, hatten uns bewaffnet mit Wasserbomben, waren aber vor allem entschlossen den Hügeln nicht zu verlassen. Die ersten Meter waren schon angebaggert, als hätte jemand von dem Hügel abgebissen. Es war höchste Zeit. Mit dem Bagger dauerte das keine zwei Tage mehr und der Hügel war Geschichte. Überzeugt davon, das wir das tatsächlich verhindern konnten hatten wir uns am Flatterband vorbei Zugang zum Hügel verschafft. Als der Bautrupp anrückte, staunten die Männer nicht schlecht – da standen wir schon wieder und hatten das Plakat „wir gehen hier nicht weg“ gehisst. Das alte hatte eine unserer Mütter verschwinden lassen, wegen des bemalten Bettlakens hatte es auch reichlich Ärger gegeben. Wir sind daher jetzt auf Pappe ausgewichen. Wir waren nervös, aber keiner wollte weggehen. Noch war die Chance da. Die Bauleute riefen eher nebenbei, dass wir verschwinden sollen, dann noch was von Hosenscheißern, aber dabei beließen sie es auch zunächst.
Als die Bagger anfingen weiter an dem Hügel zu nagen, fingen wir an zu schreien und zu protestieren. Die ersten Wasserbomben flogen, was völlig unnötig war, denn mittlerweile hatte es angefangen zu regnen und der Boden wurde immer matschiger. Die Bauarbeiter fühlten sich trotzdem angemacht und wurden sauer und fingen an, Dinge zurück zu schmeißen. Vor allem flog Matsch und Sand, dann machte einer einen Schlauch an und das Wasser kam auch von vorn und das mit einem ganz schönen Druck. Wir versuchten uns zu schützen, blieben aber stehen und fingen ebenfalls an mit Matsch zu werfen. Den gab es ja mittlerweile reichlich. Wir standen bis zu den Knöcheln drin in dem aufgeweichten Boden. Es entwickelte sich eine echte Schlacht, bei der wir ein paar gute Treffer landen konnten. Die Schulglocke hatte bestimmt schon geläutet, wir haben es nicht gehört. Dafür hatten sich am Flatterband ein paar unserer Mitschüler versammelt und feuerten uns an. Große wie kleine. Einige der Oberschüler konnten sich offenbar für die Schlammschlacht begeistern und fingen an von der Seite die Matschbomben zu werfen. Zwar hielt der immer stärker werdende Regen die meisten davon ab, lange dabei zu bleiben, aber ein paar wollten es schon wissen. Es flog der Dreck durch die Luft, der Strahl aus dem Wasserschlauch sorgte dafür, das wir auch garantiert von allen Seiten nass wurden, die Oberschüler schrieen Parolen, die wir gar nicht verstanden und ehrlich gesagt mit dem Hügel auch nicht mehr viel zu tun hatten. Da war von System die Rede, Unterdrückung, Kapitalismus und so‘n Zeug. Die Bagger hatten zwischenzeitlich aufgehört zu graben, jetzt aber ging er wieder an. Einem der dicken Männer war das wohl alles zu dumm und er wollte Tatsachen schaffen. Mitten in dem Spektakel begann er brutaler als vorher in den Hügel zu stoßen und das Loch zu vergrößern, während die Oberschüler, wir und die andern Bauarbeiter uns mit Matsch, Wasser und lächerlichen Parolen bewarfen. Völlig nass inzwischen hatten wir den Schulbeginn vollkommen vergessen. Die Zuschauer waren alle weg. Wir standen oben auf dem Hügel, der Bagger kam immer näher, noch ein paar Mal und wir würden in der Schaufel oder in dem Loch liegen, als der Bagger plötzlich stoppte, die Schaufel einen Meter vor und über unseren Köpfen. Irgendein Erwachsener schrie und lief wild fuchtelnd über die Baustelle. Noch mehr Verstärkung? Eher nicht. Unser Klassenlehrer mit einem Regenponcho brüllte die Bauleute an, der Direktor neben ihm, versteckt untern Regenschirm, uns. Im Hintergrund sahen wir ein grünes Polizeiauto. Das Blaulicht drehte sich, die Sirene war nicht zu hören. Als wir schon auf dem Weg ins Schulgebäude waren, wurde auf der Baustelle immer noch gebrüllt, Worte wie Anzeige, Schadenersatz, Prügel und ein paar saftige Beleidigungen konnten wir noch hören. Dann fiel die dicke Tür hinter uns zu.
Als unsere Eltern uns aus der Schule abholten, saßen wir auf der Bank vor dem Zimmer des Direktors, unter uns eine Wasserpfütze, wir immer noch in den nassen Klamotten. Wir warteten, warteten darauf, dass unsere Eltern rein gingen und nach 5 Minuten wieder raus. Einer nach dem anderen. Dann wurden wir meistens wortlos mit einem Kopfnicken und einer kurzen Handbewegung aufgefordert mit zu kommen. Einer nach dem anderen verschwand von der Bank. Meine Eltern kamen nicht. Nachdem ich zwei Stunden da gesessen hatte, bekam ich einen Brief in die Hand, den hatte ich am nächsten Tag wieder zurück zu bringen, unterschrieben. Ich konnte also so nach Hause gehen. Fast trocken inzwischen wieder. Der Weg nach Hause waren die längsten 800 Meter meines bisherigen Lebens.
Wenige Wochen später begannen die Hamburger Skiferien, recht früh, gleich in der ersten Märzwoche. Das Wetter war immer noch bescheiden. Der Hügel mittlerweile weg. Um die Baustelle gab es einen Holzzaun, an den wir noch ein paar Forderungen und Parolen schmierten. Die Baustelle selbst haben wir nicht mehr betreten. Ärger, ach ja. Erstaunlicherweise haben meine Eltern den Brief so unterschrieben, der große Ärger blieb aus. Meine Mutter schimpfte ein wenig, meine Vater schien so etwas wie stolz über unseren Protest zu empfinden. Dabei hatte ich mir auf dem Nachhauseweg die abenteuerlichsten Ausreden ausgedacht. War dann alles halb so schlimm. Sie musste noch mal in die Schule, fanden den Direktor dann aber auch reaktionär und somit blieb es bei der Ermahnung. Nicht alle von uns hatten so viel Glück. Nach den Ferien war der Bauzaun zwar immer noch da, aber man konnte schon die Umrisse des späteren Kindergartens erkennen. Der Rohbau aus Holz stand bereits. Nach den Sommerferien war er fertig und kleine Rotzgören spielten auf dem frisch angelegten Spielplatz hinter einem Zaun. Jahre später wurde der Bau erweitert, größer gemacht, ein Basketballplatz angelegt, ein Fußballkäfig, einen Hügel gab es nicht mehr. Wo die Kinder dort im Winter jetzt schliddern sollten war mir ein Rätsel, interessierte mich aber auch immer weniger. Wir durften eine Weile nicht vor die Schule in der Pause, sondern nur auf den Schulhof. So richtig raus ging es erst wieder in der Oberstufe.
Aus der Entfernung war der Kindergartenbau zu erkenne, davor ein Spielplatz außerhalb des umzäunten Bereiches. Mütter, Väter, Kinder spielten. Kindergarten, Spielplatz und die gesamte Anlage waren Teil eines langen Parkstreifens, der sich an dem Kanal entlangzog. Schüler fuhren vorbei, schlossen ihre Fahrräder an den Ständern vor der Treppe ab und gingen zur Schule. Immer noch mussten sie durch das große Portal mit der dicken Tür. Der Pinguin wartete in der Halle auf sie. Nichts erinnerte an einen matschigen, nassen und aus heutiger Sicht unsinnigen Kampf von ein paar Unterstufenschülern, die es wie die Großen machen wollten.
Ich öffnete die Augen und ging weiter.