Category: Videoüberwachung / CCTV / BodyCams

Gericht verhandelt Hamburger Videoüberwachung

In dieser Woche verhandelt das Hamburger Verwaltungsgericht eine Klage von einer Anwohnerin der Reeperbahn, die sich durch die Kameras in ihrer Privatsspäre gestört sah. Die Kameras filmten offensichtlich ihre Wohnung im ersten Stock eines Wohnhauses. Die taz berichtete bereits letzte Woche über den Fortgang des seit längerem anstehenden Verfahrens, das nun auch vor Gericht verhandelt wird.

Arbeit zu Videoüberwachung – und wer forscht eigentlich was?

Nachdem eine Magisterarbeit zu Videoüberwachung nun auch bei jetzt.de vorgestellt wurde und seit einigen Wochen bereits im Netz immer wieder mal auftaucht, frage ich mich: ist das alles was es dazu im Moment gibt? Welche Ideen oder laufenden Projekte gibt es derzeit eigentlich, die sich im weitesten Sinne mit dem Thema Überwachung befassen?

Die Arbeit von Florian Glatzner ist ordentlich geschrieben und recherchiert, auch wenn es wenig eigene empirische Erkenntnisse gibt und die Arbeit hauptsächlich die (bürger- und datenschutz-) rechtlichen Aspekte aufgreift. Aber es geht ja auch um eine Magisterarbeit, da sollte man nicht noch drei Jahre lang  irgendetwas forschen müssen. Ein Kritikpunkt darf aber nicht unerwahnt bleiben: Zwar ist bereits im Titel die Rede vom “öffentlichen Raum” – dieser wird allerdings nur mit einem Satz besprochen. Videoüberwachung als räumlich orientierte Praktik, wird leider nicht in eine enger stehende Verbindung zu Raum gebracht – so als wäre dieser immer schon da. Und dabei schreibt der Autor von “Angsträumen” – ein idealer Ansatzpunkt, um Raumkonzepte wenigstens kurz zu erwähnen.

Aber zurück zur Frage: Was läuft in der Forschung in Deutschland im Moment zu Ãœberwachung oder was ist geplant? Ich weiß von drei recht unterschiedlichen RFID-Projekten aus Hamburg, die gerade beantragt werden und zwei weiteren zu Raum, Sicherheit, Kartierung und Ãœberwachung, die ich selbst vorbereite. Was noch. Schreibt es auf oder mir per E-Mail, ich würde gern mal eine Ãœbersicht erstellen und hier veröffentlichen…..

Big Blimp is watching you

In Caracas schwebt neuerdings ein Ãœberwachungs-Zeppelin über der Stadt. Unbemannt, polizeiferngelenkt und mit diverser Ausspäh-Technik versehen, soll es – außerhalb der Reichweite von Verbrecherkugeln, wie betont wird – die Ordnungskräfte bei ihrem Kampf gegen Straßenkriminalität unterstützen. Auch am New Yorker Himmel wurden solche Flug-Späh-Geräte schon gesehen, ebenso beim Athener Ãœberwachungs-Großexperiment “Olympiade 2004”. Zwei weitere heliumgetriebene Fluggeräte hat Caracas beim koreanischen Hersteller HanGIS bereits geordert. Und wenn sich die Kriminellen dann wundersamerweise immer noch auf die Straßen trauen: Da oben ist noch jede Menge Platz! Kein Problem, hundert silbrige Luftschiffe kreisen zu lassen. Finanziert werden könnte das Projekt, indem man die Zeppeline in bewährter Weise als Werbeflächen einsetzt. Welcome to Blade Runner.

Streit um Videoüberwachung in Hamburg

In Hamburg gibt es nach wie vor Streit um die Fortführung und Ausweitung der Videoüberwachung. Dabei sind die Positionen fest verteilt. Der Senat mit Udo Nagel und den CDU-Politikern halten es für einen vollen Erfolg, die Grünen und der Datenschutzbeauftragte sind dagegen, werfen dem Senat Ungenauigkeit und Versagen vor und sorgen sich um die Freiheitsrechte der Bürger. Die SPD will die innere Sicherheit als Kompetenzfeld nicht verlieren und ist mit einem beherztem “ja, aber” dabei. Sie hat insgesamt die schwächsten Argumente und spielt in der Diskussion eigentliche keine entscheidende Rolle.

Bei Hamburg 1 sagt Nagel, dass die Mehrheit für Videoüberwachung sei. Dabei vergisst er zu erwähnen an welche Bedingungen diese Aussagen durch die Bürger geknüpft sind (siehe –> Studie zu Videoüberwachung in Hamburg). Bei solchen Aussagen geht es mir manchmal gehörig auf die Nerven, wie und welche Argumente immer wieder verbreitet werden, zumal der Senat den empirischen Beweis nach wie vor schuldig bleibt und das wohl auch in Zukunft will. Gegen den politischen Willen ist nun einmal nichts zu machen. Selbst einer offenen Diskussion stellt er sich nicht – die oppositionellen Politiker können leider auch nicht aus ihrer politischen Haut und so wird die Ausweitung kommen – und die schwachen und leicht zu entkräftenden Argumente weiterhin und immer wieder von jedem vorgebracht.

Allein Nagels Einwand, es gäbe mehr private Kameras ist ein Fortschritt – aber niemand hat gesagt, dass diese gut und richtig sind. Die rechtliche Lage ist hier allerdings noch viel ungeklärter. Allerdings kann die Masse der privaten Kameras keine Argument für die Einführung öffentlicher Kameras sein.

Forderungen und Ergebnisse der EuRat-Studie zu Videoüberwachung

Danke Dietmar für den Hinweis… und damit schon mal ein Eindruck entsteht in welche Richtung die Studie geht, die sehr streng juristisch ausgerichtet ist, hier die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Autoren der Studie:

Video surveillance of public areas by public authorities or law enforcement agencies can constitute an undeniable threat to fundamental rights such as the right to privacy and the right of respect for his or her private life, home and correspondence, his/her right to freedom of movement and his/her right to benefit from specific protection regarding personal data collected by such surveillance. 80. Whilst individuals have a reduced privacy expectation in public places, this does not mean that they waive those fundamental rights.

Given the high level of sophistication of CCTV, it is recommended that specific regulations should be enacted at both international and national level in order to cover the specific issue of video surveillance by public authorities of public areas as a limitation of the right to privacy.

…. ob das irgendeinen Politiker beeindrucken wird, der unbedingt die Videoüberwachung haben möchte – da bin ich mir nicht sicher. Es ist ein politisches Instrument und hat nur am Rande mit Kriminalitäts- oder gar Terrorbekämpfung zu tun.

Europarat veröffentlicht Studie zu Videoüberwachung

Wie schon auf heise.de ausführlich gemeldet, hat die Europäische Kommission für “Demokratie durch Recht” des Europarates jetzt eine Studie über die Vereinbarkeit von Bespitzelungstechniken wie CCTV mit geltendem nationalem und internationalem Recht vorgelegt. Die “Venice Commission” empfiehlt darin unter anderem, dass Videoüberwachung immer deutlich gekennzeichnet werden muss, sowie die Einrichtung von spezifischen, unabhängigen Datenschutz-Institutionen, “in order to ensure compliance with the legal conditions under domestic law giving effect to the international principles and requirements with regard to the protection of individuals and of personal data.”

Alltag Ãœberwachung zum Download

Gestern Abend von Fiete per Mail bekommen: “Alltag Ãœberwachung” – der von Roman Mischel und Fiete produzierte Dokumentarfilm ist jetzt als Download bei der Tagesschau verfügbar.
Außerdem bei ihm gesehen: Eine Linkliste mit Dokus und Animationen zur Videoüberwachung.

Die Macher des auf einem Grazer Festival uraufgeführten Dokumentarfilms “Every Step You Take” sind mir zu vorgekommen und habem eine kleine Linkliste der in den letzten Monaten veröffentlichten Dokus und Animationen zusammengestellt, die sich ähnlichen Themen wie unser Film Alltag Ãœberwachung widmen. Ich lege nach – noch nicht alles habe ich selbst gesehen.

Berliner Datenschützer. Deutschland auf dem Weg in Überwachungsgesellschaft

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix sieht Deutschland auf dem Weg in eine Ãœberwachungsgesellschaft. In einem Bericht der WELT sagt er:

„Wir bewegen uns zunehmend in eine Bewachungs- und Präventionsgesellschaft“, sagte Dix anlässlich der Vorstellung des Datenschutzberichtes 2006. Bislang gelte Großbritannien als Vorreiter im Überwachen seiner Bürger, Deutschland sei allerdings auf dem besten Weg, das Inselreich abzulösen. Mittlerweile sei ein Zustand erreicht, in dem „niemand mehr sicher davor ist, unschuldig in den Streuungsbereich von Überwachungsmaßnahmen“ zu kommen.

Ob das angesichts der mangelnden Gesetzgebung in Großbritannien und der dort vorhandenen drastischen Maßnahmen tatsächlich so vergleichbar ist, auch was die Stimmung und Aktzeptanz angeht, vage ich zumindest in der Qualität zu bezweifeln. Richtig sind sicherlich seine Warnungen, dass wir zunehmend mit einer acht- und rücksichtslosen Atmosphäre konfrontiert werden, was den Umgang mit unseren Daten im Rahmen der Terrorbekämpfung der einer allgemeinen Angststimmung angeht, als auch die zunehmende Gier von Unternehmen alles und jeden in irgendwelchen Datenbanken zu speichern und als Kategorie vorzuhalten.

Massiv seien die Datenschutzverletzungen mittlerweile unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung, kritisieren die Datenschützer weiter. „Natürlich muss die Kriminalitätsbekämpfung möglich sein“, so Berlins oberster Datenschützer Dix, „die Sicherheitsbehörden sind aber derzeit derart über das Ziel hinausgeschossen, dass jeder Bürger ohne den geringsten Verdachtsmoment kontrollierbar ist.

Ãœberwachungsbilder

Die Website von Nino Leitner, Regisseur der hier bereits mehrfach erwähnten Doku Every Step You Take, aktuell auf dem Filmfestival Diagonale 2007in Graz zu sehen, verzeichnet einige Links auf weitere Filme, Dokus, Kunstprojekte, die allesamt im Netz eingesehen werden können, sehr schön sind und deshalb hier nochmal gelistet werden:

Suspect Nation (45minütige Dokumentation von Channel 4)

Faceless (Spielfilm von Manu Luksch, gedreht nach dem “CCTV Manifesto”, ebenfalls auf der Diagonale 2007)

Stop the Big Brother State (sehr lustiger Animationsfilm von David Scharf)