Category: Forschung/Theorie

Surveillance Studies Network

Jetzt hat auch das britisch/internationale Surveillance Studies Network eine Webpräsenz – die in nächster Zukunft noch ausgebaut werden soll. Unser kleiner Blog hier und das Forschungsnetzwerk werden dann ein assozierter Teil werden. Bis jetzt hat das Netzwerk, in dem jeder offziell Mitglied werden kann, den Bericht zur britischen Ãœberwachungsgesellschaft herausgegeben und ist für das Journal Surveillance & Society verantwortlich, das leider im Moment mal wieder etwas zurückhängt mit seinen Ausgaben….

Mal sehen was beim SSN in näherer Zukunft noch passiert, ein internationales Forschungsnetzwerk mit entsprechenden Resourcen wäre durchaus angebracht und ein echter Schritt nach vorn im Hinblick auf Wahrnehmung und Akzeptanz von solch thematischer Forschung, u.a bei den Förderinstitutionen, wie z.B. dem neugegründeten European Research Council.

Mehr als Datenschutz?

Ãœberwachungsstaat oder nicht? Wohin gehen wir und wer mag das abschließend und vor allem empirisch bewerten? Angesichts eines Postings auf get-pricacy.info, in dem Peter Schaar für seine zugegebenermaßen manchmal eher weichen Äußerungen zum Thema Datenschutz, arg gescholten wurde. stellt sich mir die Frage, worum es überhaupt geht bei der Beschäftigung mit dem Thema Ãœberwachung. Und: Reichen die bloßen Hinweise darauf wie “böse” der Staat uind die Unternehmen im Umgang mit unseren Daten sind? Nein, das reicht lange nicht. Aber hierzulande wird das Thema Ãœberwachung hauptsächlich durch die Brille des Datenschutzes gesehen – oder als Widerstand gegen Videoüberwachung. Beides ehrenwerte und wichtige Themen, aber für eine wissenschaftliche und darüberhinausgehende gesellschaftlich relevante Beschäftigung mit dem Thema nicht genut. Ãœberhaupt nicht. Und dann reicht es auch nicht aus, als Datenschutz-Aktivist durch die Gegend zu laufen und anhand von ad-hoc Empirie zu meckern.

Forschung zu Ãœberwachung muss vielschichtiger werden, ohne das andere zu vergessen. Ein Telepolis-Artikel gibt zumindest eine Idee für andere Felder der Ãœberwachung und gesellschaftlichen Kontrolle, der sich in unserer Gesellschaft abzeichnen – eine Tendenz zu einer Gesellschaft des institutionellen Misstrauens u.a.. Allgemein ist das theoretische Niveau der Forschung nur teilweise vergleichbar mit dem der britischen und nordamerikanischen Forschung (vor allem Kanada). Hierzulande verändert sich das erst sehr langsam und in letzter Zeit. Für Anregungen und Ideen bin ich dankbar – auch für Diskussionen, die sich einmal mit konkreten Forschungen beschäftigen sowie anderen Aspekten als Datenschutz (der wichtig, aber nicht alles ist).

Eine Anregung zum Mitdenken und mitschreiben.

Gefahr im Ãœberfluss

Frisch aus der Presse: Tobias Singelnstein und Peer Stolle in Jungle World. Gefahr im Ãœberfluss – ein Vorabdruck einer gekürzten Fasssung ihres Beitrages zum Buch “Surveillance Studies. Perspektiven eines Forschungsfeldes”, das im März (also bald) erscheinen wird.

Ãœbrigens: Heute ist das Blog hier ein Jahr alt. Eure Meinung und Vorschläge zum Bisherigen und für die Zukunft nehme ich gern entgegen – wozu sind Kommentare sonst da…

Spionage-Ausstellung in London und die Kritik

Das Science Museum in London präsentiert eine Ausstellung rund um das Thema Spionage – einen passenderen Ort hätte man kaum finden können! Es ist vor allem eine Ausstellung für Kinder mit vielen Aktionen zum Mitmachen.

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Nun ist London nicht nur die Heimat des besten und elegantesten Geheimagenten der Welt – sondern auch die Stadt, in der die tägliche Spionage am Bürger zu ungeahnten Höhen getrieben wurde. Das britische Spyblog macht darauf angesichts einer Rede der Chefin von MI5 zur Eröffnung der Ausstellung aufmerksam. Sicher ist so eine Ausstellung für alle Kinder eine Riesenshow – aber die angemahnte ausgeglichene Darstellung wäre für Eltern als auch für viele Kinder interessant und nicht nur Fehl am Platze. Die Ausstellung läuft noch bis zum September – genug Zeit, mir selbst ein Bild zu machen.

Simulation und Kontrolle: Hamburg in 3D

“Schaut auf diese ideale Stadt” titelt die taz am 31.1. und meint die neue 3D Ansicht von Hamburg, die in Kürze im Internet zu sehen und zu gestalten sein wird. Wer dort, was machen kann ist dabei noch nicht raus – wohl aber sicher dürfte sein, dass es eine schöne und saubere Stadt sein wird – eben ein Idealbild, welches Investoren anlocken soll. Der Schmutz darf dann nicht mehr stattfinden. Die Autorin fragt sich zurecht was passiert wenn die Wirklichkeit in die Simulation einbrechen wird:

Aufsatz: Ãœberwachung und Konsum

Richard Rogers (Autor von Preferred Placement) und Sabine Niederer haben mit Consumer Technology after Surveillance Theory einen interessanten Artikel zu Konsum und Überwachung jenseits der Überwachung in Foucaults Panoptikon geschrieben. Sie versuchen zu klären inwieweit das Modell des Gefängnisses noch hinreichend beschreibt, was Konsumenten jeden Tag erleben und welche Konsequenzen die bereitwillige Abgabe von Daten für Annehmlichkeiten hat. Die einst überwachten Subjekte besitzen jetzt vielfach die Artefakte der Überwachung selbst, Kontrolle über Konsum: die Annehmlichkeiten steigen, je transparenter wir werden, jede Weigerung macht suspekt, Nachteile die Folge. Roger und Niederer zeigen Wege zu einer Theorie nach Foucault auf und illustrieren am Beispiel von Konsum die Dynamik und unser Verhängnis.

According to surveillance theory after Foucault, consumers are enticed into participating in being watched in exchange for product, as Poster and Elmer write.

Everyday people, the under-surveilled progs in Orwell’s terms, or the data-challenged queued up in airports in Deleuzian language, are increasingly the subjects of surveillance. The question remains whether the unruly consumer-prisoner, consumer-soldier, consumer-patient, consumer-worker and consumer-student are using products without surveillance built in. Which consumer technology is still available without it? (Consider buying professional grade technology, and set mode to manual.)

Eine Diskussion darüber lohnt sich auf jeden Fall – auch um vom Panoptikon ein wenig Abstand zu gewinnen und neue Ansätze bekannt zu machen – zumindest hierzulande geschieht das noch zu wenig. Ein weiterer Kommentar bietet noch ein paar Gedanken….

Ãœberwachungs-Special bei der Zeit Online

In der aktuellen Ausgabe der Zeit findet sich ein Dossier zum “Ãœberwachungsstaat Großbritannien”. Wer es noch nicht wusste, der weiß es jetzt: Die Briten, allen voran der scheidende Premier Tony Blair, finden das ganz klasse. Die Einschätzung, dass sich

das Mutterland der Demokratie sich zum rabiatesten Ãœberwachungsstaat der westlichen Welt verwandelt”

ist nicht neu – spätestens seit dem Bericht des Surveillance Studies Network im letzten November. Eine Sammlung von Artikeln aus der Zeit zu Datenschutz und Terrorbekämpfung steht ebenfalls online, in denen es vor allem um Ãœberwachung geht. Die Themengliederung ist zwar etwas unglücklich – Ãœberwachung ist mehr als Terrorbekämpfung und auch die Presse sollte das inzwischen mitbekommen haben – es verkauft sich vielleicht besser, naja gut… eine kurze Rezension des Artikels folgt, wenn ich damit ganz durch bin und mir ein paar mehr Gedanken gemacht habe.

Dokumentation: Every step you take…

Der Österreicher Nino Leitner hat sich in Großbritannien umgeschaut und einen Dokumentarfilm mit Interviews zur Situation auf der Insel gemacht. Polizisten, CCTV Operateure, Forscher – u.a. Clive Norris, und Experten kommen zu Wort. Der Trailer verspricht einen exzellenten Film in Form und Inhalt, der vor allem die Komplexität des Themas berücksichtigen zu scheint. Genaueres kann ich sagen, wenn ich den ganzen Film gesehen habe.

“Every step you take”
von Nino Leitner
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ps. in diesem Fall sind die Kameras und Monitore zur Illustration mal in Ordnung – es geht ja auch genau darum…

Call for Papers: Kriminal-Geographie

Für das nächste Jahr ist an der Uni Potsdam eine Tagung zum Thema:
“Kriminalität und Raum – Das Projekt einer ‚kritischen Kriminalgeographie’” geplant.

Termin ist der 14./15. September 2007.
Vortragsangebote sind bis zum 28. Februar 2007 einzureichen (Organisator: Bernd Belina)

Sowohl Raum/Räumlichkeit als auch Kriminalität/Kriminalisierung sind Ergebnisse sozialer Konstruktionen/Produktionen. Weder ist Raum rein physikalisch als Container zu verstehen, noch ist Kriminalität oder Abweichung etwas ontisches. Die seit einigen Jahren auch hierzulande wieder boomende Mainstream-Kriminalgeographie hingegen ist sowohl ätiologisch orientiert als auch einem Containerraumverständnis verhaftet; dabei interessiert sie sich vor allem für die Bedeutung von Raum bzw. für die spezifischen Merkmale von Räumlichkeiten für die Chancen der Begehung kriminalisierbarer Handlungen und in jüngerer Zeit verstärkt auch für Sicherheitsempfindungen/Kriminalitätsfurcht in öffentlichen Räumen.

Ich denke, dass ist auch für die Überwachungsforscher und aus Sicht der Suveillance Studies durchaus von Interesse.