Category: Fernseh/Radio/Medien-Tipp

Zeitblog: Kulturkampf

Durch Zufall bin ich drauf gestoßen – das Blog der Zeit mit dem Namen Kulturkampf. Interessant deswegen, weil es eine Rubrik hat, die “Surveillance Studies” heißt.

So überraschend ist das dann auch wieder nicht, sind die Autoren doch Markus Beckedahl, Christiane Schulzki-Haddouti sowie die Zeit Online-Redakteure Kai Biermann und Tina Klopp.

Mich hat es dennoch gefreut, auch wenn ich den Begriff nicht erfunden habe, so hat er sich offensichtlich weiter verbreitet, als ich gedacht hätte. Schön so. Und interessant sind die Beiträge und ihre Autoren allemal.

dradio: Indect & co

Ob Computer  immer mehr von Bilder, Daten und Zusammenhängen verstehen ist auch in der Forschung fraglich. Das Projekt Indect meint ja und entwirft mit viel Geld eine beänstigende Ãœberwachungsmaschine. Dradio fragt noch einmal nach und stellt auch andere Projekte rund um den Computer und das Thema Daten vor – in der Sendung Breitband vom 27.11.2010: Indect, Kinect, Datablog, Internet-Eyes und Witch-House

Überwachung auf allen Kanälen

Deutschland im Jahr 2017: Zu den allgegenwärtigen Videoüberwachungskameras sind Nackt- und schließlich sogar “Brainscanner” hinzugekommen. Der Staat sieht und weiß alles. Eine militante Gruppe wehrt sich dagegen. Leute geraten zwischen die Fronten.

Zum Glück: Alles nur Science-Fiction. Ab morgen startet auf SWR “Alpha 0.7  -Der Feind in dir”. Keine Serie, sondern ein “transmediales Medienprojekt”, das via Fernsehen, Radio und Internet erzählt wird, in einer Art “Alternate Reality Game”.

Der Sender hat dermaßen viele Informationen, Clips und Interviews zum Projekt auf seine Seiten gestellt, dass ein Ãœberblick schwierig ist, aber mein erster Eindruck: Komplexe Verpackung für simplen Inhalt. Doch wer weiß. Dass ein öffentlich-rechtlicher Sender dermaßen auf das Thema setzt, ist erst mal kein schlechtes Zeichen. Ob die Serie, pardon: “das Universum”, dem Thema gerecht wird, wird man abwarten müssen.

Film: Article 12, Waking up in a Sureillance Society

Wo der Film in Deutschland zu sehen sein wird, konnte ich nicht rausfinden – in Leeds läuft er in diesem Monat auf einem Filmfestival und in Locarno im nächsten Jahr. Sollte er aber in ein Kino in unserer aller Nähe kommen, bitte ich um Benachrichtigung, denn es scheint sich zu lohnen.

Mehr gibt es hier: Article 12, Waking up in a Sureillance Society

Kunst: Urban Art Surveillance

Seit dem 1. September läuft das dreimonatige Ausstellungsprojekt Urban Art Surveillance von Réni Jaccard in Zürich.  Dafür werden, so der Künstler auf seiner Webseite, die umliegenden Teile der Stadt Zürich über längere Zeit auf Spuren verschiedener Formen von Urban Art untersucht und dokumentiert. Das Dokumentationsmaterial wird während dieser Zeit im Schaufenster Seite Brauerstrasse ausgestellt und regelmässig aktualisiert. Begleitend werden Diskussionen und Exkursionen stattfinden.

watching the streets of Zurich

Kann man Datenschutz lernen?

Die Veranstaltung ist zwar schon etwas älter, aber das Video mit den Vorträgen und den Diskussionen lohnt sich noch immer. Aus der Annenberg Washington Series hier ein Video zum Thema “Can privacy education help consumers?” (April 17, 2008, National Press Club, Washington, D.C., http://annenbergwashingtonseries.org/

Veranstalter ist Joseph Turow, der als Kommunikationswissenschaftler einige interesannte Dinge zum Thema Privastphäre und Datenschutz geschrieben hat – sein Blog Media today and tommorrow – sein Profil an der Annenberg School for Communicatons, Uni. of Pennsylvania.

Maßgeschneiderte Werbung

Ist zwar schon zwei Wochen her, aber deshalb nicht irrelevant – ein Radioprogramm der BBC (bei ca. 27.00 Min), das sich mit Sky TV und deren Werbestrategien beschäftigt. In diesem Falle geht es um das, was man unter Geo-Marketing versteht:

“Sky already uses the information they hold about customers to determine the adverts they see when watching TV online but now they want to extend this to some of their TV channels. So what you get in an ad break will be determined by your post code, subscription package and other data they hold about you”.

in diesem Zusammenhang ist auch ein Bericht von n-tv interessant, der von Werbung berichtet, die erkennen kann, wer vorbei geht und sich entsprechend auf den Kunden dann einstellt – so eine Szene gab es auch in dem Spielberg Film “Minority Report”.  Hinter der Forschung steht in diesem Fall das Institut für Anthropomatik in Karlsruhe.

Kameras: Wildwuchs, Diskurs: Stillstand

SPIEGEL Online hat einen Artikel über Videoüberwachung in Berlin: Kameras außer Kontrolle. Viele Neues steht nicht drin: Keine “Kriminalschwerpunkte” im Berliner ASOG, Zahl der Kameras seit Jahren steigend, keine zentrale Meldepflicht, die meisten Kameras ohne Hinweise, viele Kamerasignale unverschlüsselt, also “anzapfbar”, kaum präventive oder repressive Wirkung des Einsatzes, keine Evaluationen, die Politik gibt sich dennoch überzeugt, usw.

Am Ende steht: “Kameras sind kein Allheilmittel.” Den Satz hat man schon zu oft gehört, als dass er noch sinnvoll wäre. Die Technik entwickelt sich weiter, die Kameras breiten sich aus, aber der Diskurs darüber scheint stehen zu bleiben – man sagt oder schreibt halt, was man immer sagt oder schreibt. Warum ist das so?

Schlimmer noch: Zugleich setzt der SPIEGEL einen Link von einem scheinbar “kritischen” Artikel auf einen Hintergrundartikel eines Vertreters des thüringischen Innenministeriums, der munter Klischees und Mythen weiter verbeiten darf, u.a den so beliebten wie falschen Zusammenhang zwischen “Kriminalität”, “Vandalismus”, “sozialen Randgruppen”, der “Verwahrlosung öffentlicher Orte” und dem berühmten “Sicherheitsgefühl der Bevölkerung”. Oder, dass  ausgerechnet die Pilotprojekte in Brandenburg als Beweis für die Nützlichkeit von Ãœberwachung gelten dürfen, dabei wurde sie teilweise sogar wgene Erfolgslosigkeit wieder eingestellt. Oder dass sich mit Hilfe von Videoaufzeichnungen “rasch Geschehensabläufe rekonstruieren und Tatverdächtige identifizieren” lassen usw., bla bla bla…

Update: SPIEGEL Online legt mit einem (ähnlich lieblos recherchierten) Artikel über CCTV in London nach: Big Brother sieht sich satt.

Update (2): Nun auch ein Artikel über New York. Der Autor behauptet, der so genannte “Ring of Steel” in London, “ein Hightech-Kordon”, bestünde “aus schätzungsweise einer Million Kameras”, eine viel – gigantisch – zu hoch gegriffene Ãœbertreibung/Schätzung. Die genaue Zahl der Kameras, die dem “Stahlring” zugerechnet werden können (und diese Zurechnung ist an sich schon ein Problem; der “Ring of Steel” ist kein einheitliches CCTV-System, sondern eine martialisch-blumige Umschreibung für eine Kombination verschiedener,auch baulicher Maßnahmen in der City of London,  ANPR-Kameras machen nur einen Teil davon aus) liegt wohl eher zweischen ein- und dreitausend; vgl. Jon Coaffees exzellent recherchierten Aufsatz.

Videoüberwachung und Ethik

Auf DeutschlandRadio Kultur gab es ein Interview zu den ethischen Grenzen der Videoüberwachung. Angesiedelt ist es im Projekt “MuVit – Mustererkennung und Video-Tracking. Sozialpsychologische, soziologische, ethische und rechtswissenschaftliche Analysen” (darüber hatte ich hier bereits geschrieben).

Regina Ammicht Quinn, die Leiterin des Projektes:

“Wir haben jetzt im Vorfeld die Chance, während der Technikentwicklung zu überlegen: Welches wären denn innerhalb dieser Technikentwicklung die ethisch relevanten Punkte? Gibt es da welche? Kann eine Technik so oder entwickelt werden? Es ist nicht ethisch relevant, ob der Knopf grün oder blau ist. Aber es ist unter Umständen ethisch relevant, welche Vorrichtungen tatsächlich da sind. Wie, auf welche Art und Weise diese Aufmerksamkeitslenkung passiert. Oder sozusagen welche Grundbegriffe oder welche Grundurteile so einer Mustererkennung zugrunde gelegt werden.

Die Arbeit an solchen Projekten ist nicht ehrenrührig, aber zumindest schwierig, denn da könnten insbesondere kritische Wissenschaftler unter Umständen in Zwiespälte geraten, die man so offen einmal thematisieren sollte. Ich selbst habe mir eine Teilnahme an einem anderen BMBF Sicherheitsprojekt daher länger überlegt und dann zugesagt. Die Gründe erläutere ich, wenn das Projekt startet.

Law in Action – BBC Radio 4 programme on privacy

Eine gute halbe Stunde lang – ein Radiofeature zur Frage, wann ist etwas öffentlich, wann privat? Das alles vor dem Hintergrund britischer Anti-Terror-Gesetze, die es u.U. auch verbieten Fotos von Gebäuden zu machen. Nicht immer liegen die Leute richtig, die meinen sie können darüber bestimmen oder sich vor Fotografen schützen. Die Ausstellung “Exposure” kommt auch darin vor. Insgesamt hörenswert.

Joshua Rozenberg investigates how the police, the courts and those responsible for protecting personal data strike a balance between the need to safeguard civil liberties and the police’s responsibility to prevent crime. Are there enough safeguards to protect the public from being unfairly linked with criminals? Is maintaining public order being used as an excuse to engineer a surveillance society? Or are the authorities simply taking the minimum steps to ensure a determined and well-organised minority of protesters bent on disruption do not wreck the lives of the law-abiding majority?

Radio: Law in Action – Tue, 08 Jun 2010 (BBC Radio 4)

Law in Action website