Die neue Vermessung der Welt

Kartographie ist offenbar auf dem Vormarsch. So bringt die ZEIT jede Woche eine neue Karte zu Deutschland heraus (leider habe ich noch nicht herausfinden können, wo alle in einer Ãœbersicht aufgeführt sind) – die letzte zu den 50 reichsten Deutschen. Welch tieferer Sinn dahintersteckt erschließt sich mir noch nicht, gehen doch diese Karten über eine bloße einfach beschreibende Funktion nicht hinaus. Aber auch hier – ein neues Bild der Wirklichkeit, dass sich anzusehen lohnt. Vielleicht sollte man diese Karte einmal mit den Sicherheitsaufkommen in den Städten, den Ausgaben für Sicherheitstechnik o.ä. vergleichen – dann wären wir einen Schritt weiter…

Nun hat die Welt einen Artikel zu Ich-Geografie veröffentlicht – Die neue Vermessung der Welt. Darin geht es um Kartendienste im Internet, mit denen die Nutzer ihre eigenen Karten der Welt (ihre Weltbilder ?!?) machen bzw. darstellen können. Welt wird organisiert, allen mitgeteilt und offensichtlich überwacht. Da die Karten allen zugänglich sind, bildet sich ein sehr buntes Bild der Welt heraus, welches mehr als Atlanten persönliche Bilder der Welt repräsentieren.

“Wir bewegen uns auf die Ich-Geografie zu; der Nutzer wird der Mittelpunkt der Welt”, diagnostiziert Karin Frick vom Gottlieb-Duttweiler-Institut in Zürich, einem Thinktank, der sich mit Zukunftsmärkten beschäftigt. Nicht mehr Jerusalem, Mekka oder Paris bildeten die Bezugspunkt der Geografie, so die Trendforscherin, sondern die Vorlieben des Einzelnen: “Das Lokale wird von persönlichen Interessen überlagert.”

Repräsentationen haben aber immer auch ein Eigenleben – sie sind eben nicht nur Ich-Geografie, sondern werden wahrgenommen und Teil anderer Sichtweisen, Darstellungen und Orientierunsmuster. Gerade Karten von Verbrechenshäufungen, wie sie auch von den Crime Mapping Units hergestellt werden, beeinflussen das Weltbild, wie sie auch auf die Ursprünge ihrer Entstehung hinweisen und bereits das dahinterstehende Weltbild offenbaren. Vielleicht sind solche Ich-Geografien der Ursprung für Maßnahmen, wie die gated communities in Nord- und Lateinamerika , aber auch im Irak, wo in Bagdhad neue Zonen eingeführt werden sollen, komplett mit biometrischen Ausweisen und allem was dazu gehört. Auch eine Ich-Geografie…

Für Forschungszwecke sind diese Karten auf jeden Fall interessant. Für eine Diskussion um Überwachung jenseits des Staates sind sie zumindest ein Ansatz der zeigt, das es für Überwachung auf Feldern, die nicht mit Kameras und Datenbanken zu tun haben, wenig Sensibilität gibt. Wahrscheinlich auch, weil hier der Begriff Überwachung im eigentlichen Sinne nicht mehr greift, dennoch Phänomene wie Kontrolle, Repräsentation, Ausschluss und letztlich auch Überwachung durch Stigmatisierung greifen könnten. Ich schau mir die Karten mal genauer an und dann gibt es mehr zu dem Thema.

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