Month: März 2011

Neues Buch zu Ãœberwachungspraxen

Bei Budrich UniPress ist jetzt der Sammelband “Ãœberwachungspraxen – Praktiken der Ãœberwachung” erschienen. Der Klappentext sagt worum es geht:

Überwachung ist nicht einfach da, sondern passiert – durch eine Vielzahl von Tätigkeiten und Handlungen wird sie als soziale Tatsache erst hergestellt. Überwachung bringt Menschen über Technologien oder durch Gesetze und Vorschriften vermittelt in Berührung und stellt soziale Beziehungen her. Kurz: Es wird gehandelt und Praxen bilden sich heraus.

Die Beiträge gehen dieser Fragestellung auf den Grund – anhand ganz verschiedener Beispiele und Perspektiven.

U.a. mit dabei sind Dietmar Kammerer und Peter Ullrich, die auch hier im Blog mitschreiben.

Ãœberveillance, mal wieder

Von den australischen Kollegen, die uns den diskussionswürdigen Begriff “Ãœberveillance” gebracht haben, gibt es auf deren Blog ein paar interessante Videos von des ISTAS-Syposiums der IEEE in Australien vom Juni 2010. Dort werden durchaus interessante Fragen diskutiert. Der Knaller ist das erste Video – mit dem Titel “Birth of a Word” – welches eine Form der Selbstüberwachung dokumentiert, mit dem Ziel die eigene Erinnerung festzuhalten und jederzeit abrufen zu können. Ich frage mich, ob die Leute nie Gäste haben, oder ob letzteren bewusst war, dass sie Teil einer Privatobsession waren, die ich befremdlich finde …. aber es geht noch weit darüber hinaus…

Hooligans in elektronischen Fußfesseln

Das von mir sehr geschätzte WDR Magazin Sport Inside hatte am Montag (21.3.2011) einen Bericht zu polnischen Hooligans angesichts der 2012 bevorstehenden Europameisterschaft gebracht. U.a. so berichtet Sport Inside, gibt es Ãœberlegungen, den Hooligans oder als solchen identifizierten Fans elektronische Hand und Fußfesseln anzulegen, um sie zu orten. Das ich Fußball-Fans und viele Aspekte der Fankultur für problematisch halte ist kein Geheimnis, insbesondere wenn es um die Gewalt geht, die sich das Feld Fußball als Arena ausgesucht hat. Aus meiner ambivalenten Einstellung zum großen Theater Fußball mache ich kein Hehl – dennoch gibt es hier Entwicklungen, die unschön sind, da sie generell bestimmte Persönlichkeitsrechte zur Debatte stellen, die zu anderen Zeiten andere Gruppen treffen könnte. Eine Diskussion sollte das allemal wert sein – auch wenn mein Verständnis für die Hooligans gegen null geht.

Löschanträge wirken

Netzsperren sind das Mittel der Wahl bei Kinderpornographie? Sieht wohl nicht so aus:

– Im Januar hat das BKA aufgrund von gemeldeten Websites mit Kinderpornografie insgesamt 143 Seiten Mitteilungen ins Ausland versandt. 81 Prozent der Seiten lagen bei Providern in drei Staaten (33 Prozent USA, 33 Prozent Russland, 15 Prozent in Kanada).
РEine Woche nach Versand der ersten Mitteilung hatten die Provider 68 Prozent der beanstandeten Seiten gel̦scht, nach zwei Wochen waren 93 Prozent der Seiten gel̦scht.
РNach vier Wochen und zwei weiteren Mahnungen waren 140 der im Januar gemeldeten 143 Seiten gel̦scht.

(Quelle: SpOn; mit eigenen Hervorhebungen)

Radio: Datenkauf und Fingerabdrücke

Auf BBC Radio gibt es zwei interessante Beiträge zu den Themen Verkauf von Daten sowie eine Untersuchung von Fingerabdrücken.

Das Programm zu den Daten bringt nicht so viel Neues (Start bei ca. 13:45), ist aber interssant zu hören.

Die Sendung zu den Fingerabdrücken wagt einen historisch-kritischen Blick auf die Technik, die mittlerweile gut 100 Jahr alt und in Gebrauch ist. Die Frage der Sendung ist: Sind Fingerabdrücke wirlich so einmalig und wertvoll wie immer behauptet wird.

Anwesenheitskontrolle bei Medizinern in Münster

Ich wusste es ja immer schon, dass meine Almer mater zu den fortschrittlichsten gehörte – und nun bestätigt sich das mal wieder. Seit einem Jahr prüft die medizinische Fakultät die Anwesenheit ihrer Studierenden per Chipkarte ( aus: Westfalen heute). Ich fand die Nachricht in einem kleinen Unimagazin. Eine Recherche ergab, dass es kaum negatives darüber im Netz gab, keine Kritik wegen möglichem Datenfraß oder gefährdetem Datenschutz. Das System heipt ELAn und wird durchaus positik besprochen. Eines der Hauptargumente ist, dass die Karte für mehr Flexibilität im verschulten Studium der Medizin sorgt – Mehr Freitheit für den Stundenplan.

In der Münsterschen Zeitung gibt es einen Artikel, in dem wenigstens das Wort “1984” einmal vorkommt – aber nur um es gleich zu entkräften, denn der Datenschutz sei besonders streng, so die Fakultät in dem Bericht.

Ich selbst kann weder das Medizinstudium beurteilen, noch weiß ich mehr über diese Karte – es sollte mich aber wundern, wenn alles so harmlos und einfach ist, wie es dort geschildert wird. Und das Argument, es helfe doch den Studierenden und auch den Dozenten, mag richtig sein. Nicht alles was Kontrolle und Ãœberwachung ist, ist die Erfindung böser Mächte, sondern manchmal schlicht den Verwaltungsanforderungen von Behörden (hier: Uni und Studium) oder den Ideen von Unternehmen geschuldet. Ein genauer Blick darauf sollte sich dennoch lohnen. Wenn also jemand etwas mehr weiß – nur raus damit.

Doch keine 4 Millionen Kameras in Britain??

Ein Report von  Graeme Gerrard, dem Deputy Chief Constable of Cheshire Constabulary and ACPO lead on CCTV, kommt bezüglich der in Britannien stehenden Kameras zu einer neuen Einschätzung, die die bisher kursierende, immer wieder kolporierte und nie hinterfragte Zahl ungefähr halbiert.

If anyone asks us for a figure for the number of CCTV cameras in the UK, we will tell them that the best research we have to date says it is approximately 1.85 million. And the real figure for the number of times the average person is likely to be ‘caught’ on CCTV in a day is less than 70 – and most of these will be at your workplace or fleeting glimpses by cameras located in shops. (Graeme Gerrard)

In einem ausführlichen Blogeintrag im The Police Chief’s Blog erklärt er wie er zu der Einschätzung kommt und warum dennoch die Kritik an einer Ãœberwachungsgesellschaft zurückgenommen werden muss – denn es geht nciht darum wer die meisten Kameras zählt, sondern welche Intentionen dahinter stehen. Vor diesem Hintergrund ist auch die daran anschließende Diskussion auf der Surveillance JiscMail list (Thema: Numbers of CCTV cameras in UK) sehr lesenswert. Ein paar unserer Kollegen diskutieren dort die Ergebnsse. Vor allem Journalisten sollten das lesen, bevor sie die vermeintliche Sensation verkünden, dass wir uns alle immer geirrt haben. Die 4 Millionen waren halt nur eine Schätzung, die allerdings bereitwillig übernommen wurde. Die darauf bauenden Argumente funktionieren noch genauso mit 2 als auch mit 4 Millionen.

Wer es ganz genau wissen will, muss ohnehin loslaufen und selbst zählen. Von daher ist der Beitrag durchaus interessant und die Diskussion dazu wichtig.