Month: Juni 2009

Vorträge zu Überwachung

Da die Kollegen in der Pädagogik so nett waren und den Vortrag aufgezeichnet haben – und ihn dann auch noch im Netz verfügbar machen, will ich bescheiden darauf hinweisen, wo er liegt. Das Thema: Weniger vom Lehrer, mehr vom Schüler – neue Bildungsansätze zwischen ’soft surveillance’, Selbstverantwortung und Emanzipation gehalten im Rahmen der Ringvorlesung Medien & Bildung am Institut für Erziehungswissenschaften der Uni Hamburg. Auch zu finden auf der Plattform Lecutre2Go der Uni Hamburg

Weiterhin gibt es den Vortrag “Ãœberwachungsstaat aus Terrorangst” aus den Carl Friedrich von Weizsäcker – Friedensvorlesungen zu globalen Herausforderungen der Menschheit und Verantwortung der Wissenschaft am Carl Friedrich von Weizsäcker-Zentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung, Universtiät Hamburg ebenfalls im Netz zu sehen (hier müsst ihr ein wenig runter scrollen).

Historisches zu Ãœberwachung

Hier ein Buchitpp, der mir interessant für das Thema des Blogs zu sein scheint.

Ruben Wickenhäuser (Hg.): Das steinerne Auge: Historische Anthologie zu Überwachung und Kontrolle

Das Buch enthält, so die Beschreibung, verschiedene Kurzgeschichten, die sich historisch mit Überwachung auseinandersetzen. Ich finde solche Ansätze immer gut, denn sie öffnen einmal andere Perspektiven auf das Phänomen, noch dazu wenn die Wissenschaft einmal außenvorbleibt.

Neue Angsträume….?

Die Meldungen sind zwar schon eine Woche alt, aber bisher blieben die Kommentare (zB. beim epd) zur neuesten Kriminalitätsstatistik des Bundes, geäußert von Rainer Wendt von der DPoIG, unwidersprochen. Die Deutsche Welle hat einen längeren Artikel zu dem Thema, in dem auch Wendt zitiert wird:

Laut Statistik hat sich die Zahl der gewaltsamen Angriffe um 9,1 Prozent auf knapp 73.000 Fälle erhöht. Rainer Wendt forderte deshalb mehr Videoüberwachung, damit so genannte “Angsträume” gar nicht erst entstehen.

Daneben ein Foto mit der Bildunterschrift: “Öffentliche Plätze und Parks verwandeln sich immer öfter in “Angsträume”.

Warum widerspricht niemand, woher weiß Herr Wendt wie Angsträume entstehen, warum kann er Kriminalität als alleiniges Merkmal für Angsträume bzw. räumliche Unsicherheiten generell darstellen. Er liegt falsch. Das hat das Hamburger Videoüberwachungsprojekt gezeigt (siehe auch den jüngsten Artikel dazu. Entlarvend finde ich allerdings seine weitergehende Argumentation, die das eigentliche Problem zeigt:

“Unsere Straßen sind ein gefährliches Pflaster geworden”, warnte der Gewerkschaftsvorsitzende. Der Grund: immer weniger Polizisten patrouillieren auf der Straße. Deshalb müsse vor allem im Osten darauf geachtet werden, dass nicht noch mehr Stellen verloren gingen.

Dann bitte schickt doch die Polizei wieder auf Streife oder gibt es die gar  nicht mehr, die Männer und Frauen. Wahrscheindlich sind sie eingespart, bauen immense Überstunden ab (zu recht) und sollen durch Kameras ersetzt werden, die ihren Job, was die Kriminalprävention angeht, nicht ersetzen können. Herr Wendt sollte hier einmal nachdenken, bevor er entgegen aller Erkenntnisse einfach so von Angsträumen und Kameras als Lösung daher redet.

Vortrag: Kritik biologischer Prävention im Strafrecht

Eine kurzfristig, aber interessante Ankündigung: Am Donnerstag, 18.6. um 20.00 Uhr wird es einen Vortrag mit Diskussion über die “Kritik biologischer Prävention im Strafrecht” von Tobias Singelnstein und Stefan Krauth geben.

Die Veranstaltung findet im Nachbarschaftshaus Centrum, in der Cuvrystr
13 um 14.00 in Berlin statt.

Das vollständige Programm findet Ihr unter: http://www.sau.net.ms

Fürst Metternichs Überwachungsstaat

Die Rubrik Zeitläufe der ZEIT hat einen wirklich originellen und interessanen Artikel zum Thema: Metternichs IM.

Dem ersten Absatz allerdings würde ich zumindest warnend etwas hinzufügen wollen.

Die Geschichte des deutschen Überwachungsstaates im zwanzigsten Jahrhundert – vom Büttelreich der Hohenzollern bis zum Stasiparadies der DDR – führt weit zurück ins frühe neunzehnte. Sie ist vor allem mit einem Namen verbunden: Klemens Fürst Metternich.

Sind nicht auch die neuesten und jüngsten Ãœberwachungs- und Kontrollorgien Ausdruck eines Staates, der niemandem traut? Ist wirklich 1989 Schluss gewesen. Sicherlich die gegenwärtie Lage ist nicht mit der Stasi vergleichbar – dennoch gibt es Ideen und Strukturen, die sich über die DDR hinweg bis heute ähneln, nämlich die ständige Angst vor Feinden des Staates, mit denen dieser wiederum besser regieren, weil mehr Eingriffe in das persönliche Leben seiner Bürger rechtfertigen kann. Das ist heute schwieriger als bei Metternich oder in der DDR, aber vorhanden. Deshalb gilt es auch heute genau hinzuschauen, was wo und wofür passiert oder gut sein soll.

Here lies Eric Ambler

In der Speicherstadt-Kaffeerösterei, Kehrwieder 5, findet am Dienstag, 23. Juni um 20.30 Uhr die 2. Schwarze (Hafen-)Nacht: zu Ehren Eric Amblers statt.

Eintritt: 5 €

Ein (Vor-)Lese-Abend zum 100. Geburtstag des Erfinders des  Polit-Thrillers, Eric Ambler.

U.a. mit dem Hamburger (Kriminal-)Schriftsteller Gunter Gerlach und Eberhard Michaely (Saxophon). – Es gibt Geschichten von Eric Ambler, von Gunter Gerlach, einen rätselhaften (Denksport-)Fall für alle – und ansonsten das Ãœbliche: Abgefeimte Textmontagen, Mörderische Spannung, erlesene Verbrechen, clevere Böse, gewissenlose Schöne, knallharte Ermittler – und ein sanft meuchelndes Saxophon. Weitere Info.

Lesetipp: “Wir” von Jewgenij Samjatin

Der Roman “Wir” (1920) von Jewgenij Samjatin gilt als der erste Roman, der eine völlig überwachte Gesellschaft beschreibt.

Wir spielt im „Einzigen Staat“, einem Gebilde, das nach einem 200-jährigen Krieg und der „allerletzten Revolution“ entstand. Dieser Staat besteht aus einer von einer Mauer geschützten Stadt, die Häuser dieser Stadt besitzen Wände aus Glas. Heerscharen von „Beschützern“ wachen über das „Wohl“ der Einwohner, deren Leben bis zum kleinsten Handgriff reglementiert ist, über allen steht ein übermächtiger „Wohltäter“. „Nummern“ – gemeint sind Menschen –, die sich gegen diese „Fürsorge“ wehren, werden öffentlich hingerichtet. Der Einzelne zählt nicht, was zählt, ist das Kollektiv. Im Laufe des Buches wird unter anderem eine Gehirnoperation entdeckt, die das Fantasiezentrum im Menschen entfernt und somit Gedanken des Widerstandes unmöglich macht. (wikipedia.de)

Der Roman ist als Volltext im Internet (hier und hier)  erhältlich und, wer lieber Gedrucktes mag, in mehreren Übersetzungen auch als Taschenbuch.

all eyes on you

Auch wenn sich unter Ãœberwachungs-Forschern bereits eine leichte Müdigkeit ausmachen lässt, was das Thema Vidoeüberwachung angeht, – insbesondere die Frage nach der Präventivwirkung und den Folgen der Kameras ist ein wenig phantasielos – so haben es die Aktivisten und Künstler noch nicht völlig ausgeschöpft. Die Ausstellung hier scheint sich zu lohnen.

“all eyes on you”

ja alle blicke fallen auf uns und so werden wir tagtäglich, nicht nur von unseren mitmenschen registriert, sondern auch von vielen künstlichen “augen”.

das ausstellungsprojekt “all eyes on you”, das von sascha johne im rahmen des kultur-sommers rheinland-pfalz in mainz organisiert wird, mischt sich mit künstlerischen arbeiten, aber auch filmscreenings und einem poetry-
slam in aktuelle diskussionen um die nicht nur in “cool britannia” fortschreitende überwachung ein.

eröffnung: do. 4. juni
nacht der museen mainz: sa. 6. juni
filmabend: mi. 10. juni (citizen cam & faceless)
poetryslam: sa. 13. juni

ausstellung 5. – 20. juni
di.-do. 15.00-20.00
fr. 15.00-22.00
sa. 12.00-20.00
so/feiertags 12.00-18.00

altes weinlager/zollhafen mainz (in mitten des rheins, nähe kunsthalle und hafengarten)