Month: Februar 2009

Noch ein Skandal? – Journalisten heimlich gefilmt

Die Frage würde ich mit nein beantworten. Die Bespitzelungen sind keine Skandale mehr, sondern Alltag, gewöhnliche Frechheiten und Maßlosigkeiten im Umgang mit Kritik, weil es so tolle Möglichkeiten gibt und anscheinend das Gefühl für den verantwortungsvollen Umgang mit Daten, Kritik und der Privatsspäre anderer abhanden gekommen ist.

Hier nun also ein Fall aus Frankfurt: Datenschützer rügt Fraport.

Corpus delicti

Ich kenne weder das Buch, welches dieser Tage erscheint, noch das Theaterstück, was vor 2 Jahren uraufgeführt wurde. Zur literarischen Qualität kann ich also nichts sagen, aber das kann ich ja nachholen. Aber die Begeisterung (“Das Buch der Stunde”, die Zeit, 26.2.2009) über das von Julie Zeh gewählte Thema und die Umsetzung in einer Dystopie verlegt ca. 50 Jahre in Zukunft ist schon beachtlich., ja tut so als würde sie das Problem gerade als erste erkennen. Selbst für die Literatur tut sie das nicht, wohl aber als eine der wenigen Autoren der Gegenwart nimmt sie sich eines Themas an, welches – so sagen wir Wissenschaftler, Aktivisten und Datenschützer – seit Jahren heiß ist, welches aber nicht genut Beachtung findet. Erst wenn die Post, Telekom und die Bahn ihre Mitarbeiter beschnüffeln, dann regt es plöthlich alle auf – vorher wird uns Panikmache attestiert.

Wie auch immer. Es zeigt sich einmal mehr: Wir brauchen die Kunst, um auf Themen aufmerksam zu machen, die unter uns seit Jahren diskutiert werden, die keinem wirklich neu sind und dennoch keine Beachtung gefunden haben. Gesundheit und Hygieneideologien als faschistische Ansätze einer Kontrollgesellschaft werden schon länger diskutiert, das Verhältnis von Disziplin und Körper seit Jahren in den Seminaren zu und um Foucault und die Gesundheitskarte steht in der Kritik, wenn sie auch keiner hören will. Jetzt also ein Buch dazu, was gefeiert wird – ob es den gewünschten Effekt haben wird, bleibt abzuwarten – vielleicht kann Literatur dann doch nicht so viel.

Tarnkappe gegen Videoüberwachung

Eine einigermaßen schräge Idee kommt aus den Laboratorien von HP – dort wurde eine Art Schutz vor Kameras entwickelt, vor der man sich allerdings registrieren muss, damit man dann auch geschützt ist…. Der Standard hat dazu einen Artikel, in dem er der – gutwillig gesagt – grotesken Idee tatsächlich mit Ernsthaftigkeit begegnet und auch Datenschützer und andere Kritiker zu Wort kommen lässt. Das ist richtig, versteht mich nicht falsch, aber der Ansatz von HP ist so absurd, dass jede weitere Diskussion sich eigentlich von allein erledigt.

Filmtrailer: Echelon Conspiracy

Der Trailer für einen neuen High-Tech-Paranoia-Thriller ist online verfügbar. In “Echelon Conspiracy” geht es offenbar um ein Handy im iPhone-Style, das alles weiß und alles kann. Wer es besitzt, knackt im Casino den Jackpot, vermeidet Flugzeugabstürze und kriegt die gutaussehenden Frauen. Der Nachteil: Man wird ständig beschossen, verfolgt, von U-Bahnen überfahren. Und eifersüchtig ist das Mobiltelefon auch noch. Schaltet man es ab, droht es mit freundlicher Stimme damit, einen umzubringen.

Internet Profiling als Doku-Film

Die Idee hört sich einigermaßen schräg an, und die Umsetzung erfordert einige Geduld und Hingabe, um sie zu verstehen. Aber es lohnt sich der Idee selbst nachzugehen und den Suchanfragen, die bei aol “verloren” gegangen sind – also die öffentlich wurden, nachzugehen und in ihrer Dichte darin so etwas wie Teile menschlicher Identität zu sehen, bzw. den Verrat der Privatsphäre, den jemand fälschlicherweise dachte zu haben, als er bei aol auch Suche ging – das gilt natürlich für alle Suchen überall und nicht nur für aol.

Und warum der Film I love Alaska heißt, weiß ich auch nicht sicher bis jetzt.

Ein paar Filmtipps…

Die Berlinale ist zu Ende  und einer der Preise geht an einen Film, der das Thema Videoüberwachung zumindest mittelbar zum Thema macht. Die Jury verlieh den Alfred-Bauer-Preis an Gigante von Adrián Biniez.
Dietmar Kammerer gibt im taz-Blog eine kleine Übersicht über Filme, die mit Überwachung und Kontrolle thematisch spielen und u.a. auch auf der Berlinale zu sehen waren und dann hoffentlich auch in das eine oder andere Kino kommen.

Kein Datenskandal bei der Bahn

…, sondern ein Fall von unverhohlener Schnüffelei und die Missachtung von existierenden Gesetzen sowie dem Abhandenkommen jeden Maßes. Ich bin etwas unzufrieden mit der Gewichtung der Bahn-internen Anti-Korruptionskampagne in der Presse ( auch: die Zeit; Spiegel Online u.a.)  Nicht weil sie alle Recht haben, darüber in aller Schärfe zu berichten und dabei auch gute Berichte und Analysen sind, sondern weil es immer auf den Datenschutz hinausläuft und wie man den mit neuen Regeln besser schützen kann. Das ist auch der Tenor des Interviews von tagesschau.de mit Constanze Kurz vom CCC.

Ihre Argumente und Bedenken sind ohne Zweifel angebracht und richtig, aber sie treffen nicht den Punkt und den Kern der Sache. Ein verbesserter Datenschutz mit noch mehr Regeln auch für die Arbeitnehmer, Kontrollinstanzen usw. nützen alles nichts, wenn der Wille vorhanden ist, das alles nicht zu beachten und sich zu benehmen als wenn man selbst bestimmen würde, was Recht und was Unrecht ist. Die Bahn und vor ihr die Telekom haben einfach jedes Maß verloren. Da von einem Datenskandal zu sprechen ist nicht genug. Das trifft eher auf den putzigen Fall des Weihnachtsstollens zu, nicht aber auf das Verhalten im Bahn oder Telekomfall.

Es schient, als wenn die Möglichkeiten der Technologie genutzt werden, weil sie da sind und die Bespitzelung von Mitarbeitern eine normale Prozedur wäre. Der Verdacht ist ohnehin immer im Raum in diesen Zeiten (Der Freitag, 11.2.2009) – jeder ist verdächtig, gleich ob Terror, Korruption, falsche Gesinnung oder Sozialbetrug – da heißt es halt wehret den Anfängen, oder?

Und natürlich ist es eine Groteske, dass sich der Innenminister als Schutzheiliger in die Debatte einschaltet, hat er doch seit Jahren für ein Klima des Verdachtes gesorgt und die massenhafte Verdächtigung hoffähig gemacht. Warum sollen Firmen sich an Gesetze gebunden fühlen, deren Inhalt der Staat kontinuierlich aushöhlt. Immerhin ist er gegen ein Verbot von Datenabgleichen…..

Eine Vollsimulation mit Schwedens Bevölkerung

Ich glaube man kann geteilter Meinung zu diesem Experiment sein, welches eine Menge Daten nutzt um Simulationen durchzuführen, die auch der Basis der gesamten schwedischen Bevölkerung basiert, sofern sie statistisch erfasst ist. MicroSim: Modeling the Swedish Population. (zum runterladen)

Es gibt dazu einen Koimmentar in einem Blog der wohl wohl zu dem Archiv an der Cornell University gehört, wo der Artikel erschienen ist, der sich eher kritisch zu dem Verfahren und der Idee insgesamt äußert. Die Frage ist, wie so ein Steuerungsinstrument noch genutzt werden kann und auf welche Ideen man mit diesen und anderen Daten noch kommt. Und wann die Simulation der Wirklichkeit vorausgreift bzw. diese dann zum Standard erhoben wird – social engeneering einmal anders und viel perfekter.

Terrorabwehr und Datenschutz – eine Studie

Die Studie ist zwar schon von letztem Herbst, aber bestimmt immer noch frisch genug, um sich damit zu beschäftigen.

Protecting Individual Privacy in the Struggle against Terrorism: A Framework for Program Assessment der National Acedemy of Science in den USA.

This report, issued in October, 2008, examines data mining and behavioral surveillance and the privacy issues that these technologies raise, and provides policy makers with a systematic framework for assessing any information-based government program according to its utility, its compliance with existing law and American values, and its impact on privacy.