Es passiert selten, aber es passiert: Videokameras im öffentlichen Raum werden abgebaut, weil der Ort nicht mehr als Kriminalitätssschwerpunkt gilt. Die Diskussion, die in Mannheim jetzt allerdings losgeht, offenbart die wahren Gründe für die Begeisterung der Kameras, zumindest bei den Einzelhändlern, die mit dem Element Sicherheit Geschäfte machen wollen.
Die Werbegemeinschaft City findet das “gar nicht gut”, wie Vorsitzender Lutz Pauels beklagt. Generell verstehe er Bedenken gegen eine überzogene staatliche Ãœberwachung. “Aber in der Innenstadt sind die Kameras notwendig und sinnvoll, hier haben sie sich bewährt”, betont Pauels. Die Sicherheit sei ein “enorm wichtiges Argument für den Einzelhandelsstandort”, hebt er hervor. “Stadt und Polizei hatten das bisher gut im Griff, jetzt besteht die Gefahr, dass alles wieder losgeht. Darauf sollte man nicht warten”, fordert Pauels ebenso wie der Bürger- und Gewerbeverein östliche Innenstadt. Beim “MM”-Bürgerbarometer 2002 befürworteten 84 Prozent der Befragten die Kameras.
Sicherheit vor wem ist dann die Frage – vor denen, die nichts kaufen und die anderen Kunden verschrecken, vor den Unliebsamen, den Pennern, Bettlern, Junkies, Jugendlichen, Skatern usw…. oder vor den Ladendieben und Kleinkriminellen, die die Kunden bedrohen. Die Polizei sieht das herzerfrischend pragmatisch und tut was sie gesagt hat: Kein Kriminalitätsschwerpunkt mehr – die Kameras kommen ab! Wie es weitergeht warten wir dann mal ab. Eine Innenstadt aber nur wegen des Einzelhandels zur Sicherheitszone zu erklären, wäre dann doch etwas zu viel des Guten und zum Glück hier nicht so einfach durchsetzbar. Aber auch da wird dem Vorbild England nachgeeifert und es werden so genannte Business Improvement Districts (IHK infos – Wikipedia-Eintrag, sieht nach IHK aus – Wikipedia engl. ) implementiert. Damit wird aber öffentlicher Raum zunehmend privatisiert und dann bedarf es auch irgendwann nicht mehr der Zustimmung der Polizei, ob Kameras hängen dürfen oder nicht. –>> Zum Phänomen der BIDs hier noch ein kritischer Beitrag von Georg Glasze.
Schön ist natürlich zu sehen, wie andernorts dann gleichzeitig, offenbar ohne Würdigung der Erkenntnisse der Kollegen Videoüberwachung ausgebaut wird – mit dem Zusatz “…. hofft bei der Verbrechensbekämpfung…. ” – das ist doch ganz schön vage für so harte Innenpolitiker.