Month: Dezember 2006

Ãœberwachungsdrone für 1.000 Euro – Watching them watching us

Spiegel Online schreibt über ein Produkt, dass auf dem Chaos Computer Congress demonstriert wurde:

Mal sehen, was der Nachbar treibt

Seit brauchbare Drohnen kommerziell verkauft werden, ist Überwachung aus der Luft nicht länger ein Privileg für Militär und Polizei. Hacker auf dem Chaos Communication Congress diskutieren bereits völlig neue Einsatzfelder.

Polizeidrohne gegen Demonstrantendrohne – so stellt sich ein Teilnehmer am Chaos Communication Congress Protestaktionen in ein paar Jahren vor. Seine Vorstellung ist alles andere als absurd, denn kleine fliegende Ãœberwachungskameras dürften in den nächsten Jahren erschwinglich werden, sodass selbst kleinere Bürgerinitiativen sich damit ausrüsten könnten.

Interessanterweise in der Rubrik Spielzeug abgelegt. Die MD4-200 kostet derzeit ca. 10.000 Euro, soll aber nach Aussage der Netzaktivisten für ca. 1.000 auch in Eigenproduktion innerhalb eines Jahres hergestellt werden können.

Call for Papers: Kriminal-Geographie

Für das nächste Jahr ist an der Uni Potsdam eine Tagung zum Thema:
“Kriminalität und Raum – Das Projekt einer ‚kritischen Kriminalgeographie’” geplant.

Termin ist der 14./15. September 2007.
Vortragsangebote sind bis zum 28. Februar 2007 einzureichen (Organisator: Bernd Belina)

Sowohl Raum/Räumlichkeit als auch Kriminalität/Kriminalisierung sind Ergebnisse sozialer Konstruktionen/Produktionen. Weder ist Raum rein physikalisch als Container zu verstehen, noch ist Kriminalität oder Abweichung etwas ontisches. Die seit einigen Jahren auch hierzulande wieder boomende Mainstream-Kriminalgeographie hingegen ist sowohl ätiologisch orientiert als auch einem Containerraumverständnis verhaftet; dabei interessiert sie sich vor allem für die Bedeutung von Raum bzw. für die spezifischen Merkmale von Räumlichkeiten für die Chancen der Begehung kriminalisierbarer Handlungen und in jüngerer Zeit verstärkt auch für Sicherheitsempfindungen/Kriminalitätsfurcht in öffentlichen Räumen.

Ich denke, dass ist auch für die Überwachungsforscher und aus Sicht der Suveillance Studies durchaus von Interesse.

Vortrag: Videoüberwachung und Gesellschaft

In der Vortrags- und Diskussionsreihe “Umwelt Entwicklung Frieden” an der Universität Osnabrück findet am 17. Januar eine Veranstaltung zum Thema Videoüberwachung statt.

Dr. Gisbert van Elsbergen
“Wieviel Videoüberwachung verträgt unsere Gesellschaft?

Ort: Hörsaal der Geographie
Seminarstraße 19 A | Geb.02, Raum E 04
Tag: Mittwoch | 17. 1. | 18.15 Uhr

Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr

Das Blog ist zwar noch kein Jahr alt, aber das erste Jahr des Entstehens geht zu Ende. Wir machen auch 2007 weiter und hoffen auf noch mehr Einmischung, Engagement, Diskussionen innerhalb des Netzwerkes und darüberhinaus. Was so ein Netzwerk an Forschern, Praktikern, Journalisten und Aktivisten vielleicht ausrichten kann, hat unser englisches Pendent im Herbst gezeigt mit seinem Bericht zur Lage der Surveillance Society. Im nächsten Jahr werden wir aktiv mit dem SSN kooperieren.

Ich hoffe auf inspirierenden intellektuellen Austausch und gute Infos, interessante Tagungen und Vorträge und vieles mehr.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachtstage und ein gutes neues Jahr 2007 – ich weiß noch nicht genau was alles so passieren wird, aber irgendjemand wird schon aufpassen, das ich nichts verkehrt mache und mir sagen, was für mich geplant ist… ;-)

viele Grüße und ein gutes neues Jahr

Nils

Kameras, Computer und und und..

tagesschau.de scheint sich zu einem Ãœberwachungsportal zu mausern. Heute sind auf jeden Fall drei Artikel dort zu finden, die die aktuelle Debatte um die Online Ãœberwachung aufgreifen (Kommissar Trojaner), die Fingerabdrücke in den neuen Reisepässen diskutieren sowie dem Dauerbrenner Videoüberwachung mal wieder neues Futter geben – nämlich mit einem Film in 4 Teilen. In den nächsten Tagen also kann wer will sich den Film ansehen. Nicht viel neues für die Leute, die sich ohnehin damit beschäftigen und leider auch ein paar Unstimmigkeiten in den Aussagen der Interviewten – aber ordentlich gemacht und mit alllen Aspekten, die wichtig sind. Teil 1 beschäftigt sich mit Videoüberwachung – leider nur auf Datenschutz- und Aktivistenniveau, womit Forschung und die wirklich spannenden Fragen rund um die Ãœberwachung nicht so richtig thematisiert werden. In Bezug auf Videoüberwachung bedeutet dieses, dass nie ein Unterschied zwischen Kamera und Kamera gemacht wird und immer nur mit dem großen Bruder argumentiert wird…. Das Panoptikum ist ja ein schönes Bild, aber nicht immer zutreffend und allein durch Videokameras nicht zu erklären – noch sind sie der letztliche Ausdruck und das Bedenklichste an der heraufziehenden Ãœberwachunggesellschaft und ihren surveillant assemblages.

dennoch – je mehr Infos, desto besser.

daher….. mehr zum Film Alltag Ãœberwachung

ach ja und noch was: Hunderttausende private und öffentliche Kameras…. der Satz ist falsch auch wenn er immer wieder geschrieben wird, da es nicht annähernd 500 öffentliche Videokameras in Deutschland gibt. Der Unterschied ist oft fein, aber wichtig! Auch um Kritik zu üben.

Neues Polizeigesetz für Brandenburg

Die SPD/CDU-Koalition in Brandenburg hat gegen die Stimmen der Opposition eine umstrittene Novelle des Polizeigesetzes beschlossen, das den Einsatzkräften der Polizei weitreichende Befugnisse zur “Gefahrenabwehr” zugesteht. Kritiker sehen in diesem Gesetz eine weitere Aushöhlung der Grundrechte und melden zudem verfassungsrechtliche Bedenken an. Trotz sinkender Kriminalitätszahlen in Brandenburg verteidigt Innenminister Schönbohm die Novellierung mit dem Totschlagargument, dass alles getan werden müsse um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. So muss das “subjektive Sicherheitsgefühl” mal wieder als Steigbügelhalter für die Einführung bzw. Ausweitung von akustischer Wohnraumüberwachung, Handyortung, “vorbeugender Telefonüberwachung”, “anlassbezogener Kennzeichenfahndung”, Videoüberwachung usw. usw. herhalten. Auf der Grundlage eines nicht näher spezifizierten, geschweige denn irgendwie gemessenen Gefühls (aber wie will man “subjektive” Gefühle auch messen und objektive darstellen…) wird die Palette der Kontroll- und Ãœberwachungsmöglichkeiten ausgeweitet. Dieses perfide Spiel wird leider immer wieder von konservativen Politikern gespielt. Aber es funktioniert ja anscheinend auch immer wieder.

Gericht beschneidet Kameraüberwachung in Hamburg

Die Welt berichtet über den Sachverhalt:

Die zwölf auf dem Kiez installierten Kameras sind ferngesteuert. Sie lassen sich aus dem Polizeipräsidium oder der Davidwache schwenken. Ebenso ist es von dort möglich, die Zoomfunktion zu bedienen. Somit lassen sich mit der Kamera ebenfalls private Bereiche erfassen. Den Richtern langt es nicht, dass der Monitor sich schwarz schaltet und die Datenspeicherung gestoppt wird, wenn die Kamera ins Private späht. Es fehle die gesetzliche Grundlage für den Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung. Die Überwachung, wie sie auf der Reeperbahn möglich ist, entspricht nicht dem Gesetz. Sie sei nur zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit zulässig. Zudem bedürfe sie einer richterlichen Anordnung. Nur in Ausnahmen, wenn Gefahr im Verzuge ist, könne der Kameraeinsatz ohne Genehmigung eines Richters erfolgen. Die Anordnung sei aber umgehend nachzuholen.

Eigentlich bedarf es keinen Kommentars – nur, dass jegliche Diskussion in der Vergangenheit zeigt, wie berechtigt die Kritik war und wie unzugänglich die Beteiligten trotz aller Beteuerungen geblieben sind. Mehr noch, ihnen schien es egal zu sein, es richtig zu machen, solange sie nur mit den Kameras einen kurzfristigen Imagegewinn erlangen konnten.

Videobilder als Unterhaltung: Dieter Bohlen wird beraubt.

Man muss kein Bohlen-Fan sein, um sich vorzustellen, das ein Ãœberfall für niemanden etwas wirklich schönes ist. Umso schöner ist es allerdings dann, zu sehen, wie RTL den Fall ausschlachtet und unser Dieter auch noch mitmacht. Sogar die Bilder seiner auf dem Grundstück angebrachten Videokameras kann man im Internet auf den RTL-Seiten ansehen -(und natürlich auch bereits bei youtube!!!) – wozu? – warum? – was soll das? Trotz der vielen Tränen, die er und seine Freundin über dieses schreckliche Ereignis vergießen, machen sie auch noch Werbung für sich, RTL und letztlich auch die Kameras. Niemand wird später unterscheiden zwischen den privaten Kameras von Bohlens Grundstück (eigentlich nichts gegen einzuwenden) und den öffentlichen Kameras, die eine ganz andere Dynamik entfalten und auf andere Dinge abzielen – und für die wesentlich zweifelhaftere Begrndungen herhalten müssen.
Wie wohl eine Umfrage zum Thema Videoüberwachung bei RTL dieser Tage aussehen würde…?!? Die unsachgemäße Behandlung des Themas in den Medien – nicht nur bei RTL – sondern auch durch einige  Journalisten und natürlich den Politikern, wird das Thema auch weiterhin hoch halten – nur leider werden wir dann nie zu einer ernsthaften Diskussion kommen können. Dieter hilft hier leider wenig weiter, auch wenn sein Exibitionismus zuweilen amüsant anzusehen ist.

Das nicht alle von Bohlens Offenherzigkeit begeistert sind kann man im Handelsblatt lesen und beim BildBlog noch einige Anmerkungen zur Berichterstattung des bunten Blattes: Raum-Zeit-Kontinuum in Tötensen gestört.

Nachtrag: Chips und die Kontrolle des Menschen

Hier noch drei Hinweise zu dem Kommentar von Kevin Haggerty im Toronto Star:

Spiegel Online: Satelliten sollen Sexverbrecher verfolgen
Telepolis: Kampfroboter zum Schutz von Grenzen, Flughäfen oder Pipelines

Und ein Buch-Tipp, der mich als Kommentar zu dem Thema erreichte: TESTAMENT VOL. 1: AKEDAH Written by Douglas Rushkoff

Und natürlich kann man auch im neuesten James Bond sehen, wie das mit dem Chip so funktioniert.. auch hier kann man Haggerty folgen, dass eine Gewöhnung an die neue Technologie, in diesem Fall über die Sympathisierung mit dem guten Agenten, erfolgt. Es ist doch ganz normal und toll…

In nur einer Generation….

werden wir oder unsere Kinder es nicht bemerkenswert finden, wenn wir in unserem Körper Microchips tragen, die alle unsere Bewegungen oder Aktivitäten aufzeichnen, speichern bzw. an weitere Datenbanken weitergeben. Kevin Haggerty, Soziologie an der Universität von Alberta beschreibt die Entwicklung und ihre Konsequenzen in der kanadischen Tageszeitung “Toronto Star”. Seine Einschätzung:

Other users include the patrons of the Baja Beach Club in Barcelona, many of whom have paid about $150 (U.S.) for the privilege of being implanted with an identifying chip that allows them to bypass lengthy club queues and purchase drinks by being scanned. These individuals are the advance guard of an effort to expand the technology as widely as possible.

From this point forward, microchips will become progressively smaller, less invasive, and easier to deploy. Thus, any realistic barrier to the wholesale “chipping” of Western citizens is not technological but cultural. It relies upon the visceral reaction against the prospect of being personally marked as one component in a massive human inventory. (A generationi is all they need)

Die gegenwärtig immer wieder (und dreister) geäußerten Forderungen der Sicherheitsunternehmen bezüglich der (ihrer Ansicht nach mangelnden Sicherheitsmaßnahmen gegen den Terror) sind nur die Vorboten, von dem was uns in Zukunft noch erwartet. Je schwächer der Staat bzw. je mehr versessen sein Politiker auf Technologien zum angeblichen Schutz vor Terror (und Kriminialität) sind, desto mehr wird die Industrie  ihre Forderungen druchsetzen und ihre Technologien verkaufen können. Welche Konsequenzen diese Verschiebung der Sicherheit von Staat zu privat hat, werden wir noch nicht abschätzen können. Das es besser wird, ist nicht anzunehmen, auch nicht, dass wir tatsächlich sicherer werden.

…und immer mal wieder das Internet

.. muss dran glauben, wenn dort gefährliches gesehen wurde oder im Zusammenhang mit einer Straftat – vornehmlich den Islam-Terroristen – oder den Amokläufen von Jugendlichen, alleingelassen von der Gesellschaft und ohne Ausweg in Verbindung gebracht werden kann. Der Ruf nach der Kontrolle des Internet ist dann schon ein gängiger Reflex einer hilflosen Politik. Wieviel Kontrolle braucht das Internet denn nun wirklich?, fragt sich tagesschau.de. Das die größten Mitschreier und Katastrophengewinnler dabei in der Privatwirtschaft sitzen, scheint der allgemeinen Debatte zu entgehen. Schön das die Kollegen von tagesschau.de einmal darauf hinweisen. Und ob es sich lohnt bezweifelt indes sogar die Polizei:

GdP-Mann Dicke gesteht gegenüber tagesschau.de ein, die Polizei sei “schon bei den Themen Terrorismus und Kinderpornografie nicht in der Lage, das Internet zu beobachten”. Die Suche nach Waffen erfordere Spezialisten, die waffentechnische und Internet-Kenntnisse mitbringen. Dies sei angesichts der dünnen Personaldecke nicht zu leisten. Ob sich die Suche aber überhaupt “im großen Stil lohnt, ist zweifelhaft”, so Dicke. Große Erfolge werde man dabei nicht erzielen.

Letzlich braucht man für einen Anschlag gleich welcher Art und Güte nicht die richtige Technologie oder die besten Mittel, nicht die Waffen, man braucht den Willen es zu tun – alles andere findet sich dann irgendwie mit oder ohne Internet. Den Willen gibt es nicht im Internet. Gleich ob IRA, ETA oder RAF – sie alle hatten weder Internet noch andere hochtechnische Kommunikationsplattformen – aber den Willen (und zu Beginn ihrer Aktionen auch keine übermäßige und hochtechnologische Waffenstärke). Im Moment scheint dieser Wille auf Seiten der Politik (unterstützt von der Sicherheitsbranche) aber ausschließlich darin zu bestehen, auf jedem Feld jede Ausrede zu nutzen, um die Kontrolle noch ein wenig anzuziehen. Uninspiriert und gefährlich – mehr ist das nicht.