Month: Mai 2011

10 Jahre 9/11- Menschenrechte in Zeiten des Terrors

Es nähert sich ein Jubiläum. 10 Jahre 11.September 2001. In der Sicherheitsdebatte ist mit den schrecklichen Ereignissen dieses Tages vieles erklärt worden. Manche Ãœberwachungs- und Kontrollmaßnahme hatte damit sicher nichts weiter zu tun oder brauchte die Ereignisse bestenfalls noch als Katalysator oder Vorwand – andere gab es immer auch. Trotz allem macht es Sinn zu bilanzieren, wie sich Ãœberwachung und Kontrolle seitdem entwickelt sowie Freiheits- und Menschenrechte (rück)entwickelt haben.

In seiner wohl vorerst letzten Ausgabe widemet sich dem Thema ein “Salon Surveillance” in Leipzig. Zu Gast ist als Referent Rolf Gössner. Die einst von der Leipziger Kamera ins Leben gerufene Veranstaltungsreihe wird derzeit noch von wenigen Einzelpersonen getragen und vom Verein Engagierte Wissenschaft und der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen unterstützt.

Mehr Infos gibt es hier.

Donnerstag, 26.5., 19 Uhr, Halle 14 (Spinnereistraße 7, Leipzig). Eine ähnliche Veranstaltung gibt es am Tag davor (25.5., 19 Uhr) in Meißen (Kunstverein, Marktstr. 9).

Der Terrorexperte

Harald Martensteins Glossen und Kolumnen sind nicht immer mein Geschmack und wohl auch nicht jedermanns – aber diese hier ist herrlich und passt auch hervorragend zu unserem Thema: Der Terrorexperte.

“Es handelt sich um den letzten echten Männerberuf” Harald Martenstein über den Traumjob Terrorismusexperte

Ãœber den Experten Rolf Tophoven, der in der Kolumne nicht vorkommt, dafür aber in der Vergangenheit oft in vielen großen Medien und auch heute noch sehr prominent – immerhin hat er ein eigenes Institut – soll sich jeder per Suchmachine selbst ein Bild machen. Da scheint so manches schief zu sein.

Der Blick von oben

Der britischen Geographen Martin Dodge und Chris Perkinns haben eine thematische Ausgabe der Zeitschrift Geoforum zum Thema Satellitenbilder und ihre kulturellen und sozialen Konsequenzen herausgegeben. Das zwar bereits 2009, aber dennoch ist es immer noch hoch aktuell, auch und gerade für das Thema Überwachung und Kontrolle.

The ‘view from nowhere’? Spatial politics and cultural significance of high-resolution satellite imagery

Leider sind die Artikel elektronisch nicht frei zugänglich – zumindest nicht in Hamburg – dort gibt es sie in print. Wer Interesse hat, der kann mir auch eine Mail schicken.

Die Grenzen Europas…

.. nun auch im gut gemachten Tatort vom 15.5.2011 – “der illegale Tod” von Radio Bremen (hier die Chatseite mit vielen zusätzlichen Hintergründen), bei dem Frontex nicht wirklich gut wegkommt und durchaus wichtige Fragen gestellt werden. Es geht um Flucht, darum das Richtige zu tun, Frontext und die Unmenschlichkeit, mit der die EU ihre (unsere?!) Außengrenzen sichert.

Im Tatort wird auch sehr anschaulich gezeit, welche tollen Technologien und wirtschaftliche Interessen mit den Grenzen zusammen hängen. Ein Bereich von Ãœberwachung, der viel zu wenig thematisiert wird. Dank an den Tatort für einen zumindest publikumswirksamen Versuch. Sonst thematisiert Anne Will gern alles, was vorher im Tatort zum Thema gemacht wurde – Kindstötung, Soldatenheimkehrer usw – Flüchtlinge sind anscheinend nicht Grund genug, die eingefahrenen Muster zu durchbrechen. Wichtiger als die unsägliche Tragödie um die Griechen und ihre Wirtschaft wäre es allemal – zumal die Finanzkrise durchaus weiträumig in der Presse abgebildet ist…

Wer reinschauen will – die nächsten 7 Tage ist der Tatort noch online zu sehen.

Nachtrag: Auf Borderline Europa gibt es zusätzliche Informationen zum Thema Grenzen, Migration und der Grenze im Süden.

Die Maske fällt…

…. oder gab es sie nie. Bin Laden ist tot und die europäischen Länder streiten um ihre Grenzen bzw. deren Sicherung, aus Anlass der hilfesuchenden Menschen aus den Ländern, die wir aus der Ferne anfeuern ihre diktatorischen Systeme zu stürzen, um dann halbherzig zu helfen. Gleich nach dem Tot bin Ladens wurde gewarnt, vor weiterem Terror, vor neuen Anschlägen. Innenminister Friedrich und die Jusnd tizministerin Leutheuser-Schnarrenberger stritten um die Verlängerung von Gesetzen, worin der Innenminister auch die Warnung vor zukünftigem Terror hochhielt.

Angst als Mittel des Regierens wurde in letzter Zeit selten schöner sichtbar gemacht als hier. Was aber wenn der Terror zurückgeht, was wenn bin Laden und die Djihadisten ihr Momentum verlieren? Die Taliban bomben am Hindukusch, leider. Und auch in bein uns im Westen wird eine Gefahr bleiben.

Jetzt zeigt sich aber, was mit der (realen) Gefahr und der (oft geschürten) Angst vor dem Terror so lange kaschiert werden konnte. Die Ãœberwachung vieler Bereiche unseres Lebens war immer der Wunsch, die Gelegenheit vor 10 Jahren war nur sehr günstig. Die Abschottung und die damit angezettelte Diskussion, auf die auch andere Länder aufspringen werden, ist nur der Anfang. Neue Ängste werden kommen – und der Wunsch nach Ãœberwachung und kontollierender Fürsorge wird bleiben. Aber der Terror und die Ikone bin Laden ist nicht mehr und alle sehen – der König ist nackt bzw. wollte sowieso nur überwachen – Terror hin, bin Laden her!

Die Diskussion sollten sich deshalb darauf konzentrieren, wie viel wir davon, wo und zu welchem Zweck in unseren Gesellschaften brauchen, vertragen, nötig haben. Mit Vernunft geführt werden müssen sie, nicht mit Angst vor den flüchtenden Menschen aus der arabischen Welt.

Umfrage: Videoüberwachung kein Problem

Ich habe länger nichts zur Videoüberwachung geschrieben. Das mag daran liegen, dass wenig Neues und Interessantes dazu veröffentlicht wird – dafür jede Menge Nachrichten, die nur davon berichten, wo es wieder neue Kameras gibt oder das jemand dagegen ist. Nun aber bin ich über eine Umfrage gestolpert, die zeigt, dass die Deutschen gar nichts gegen Kameras haben – Videoüberwachung in der Öffentlichkeit
Für die meisten Deutschen kein Problem.

Die meisten Deutschen (88 Prozent) finden den Einsatz von Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen wie Flughäfen, Bahnhöfen oder Kaufhäusern in Ordnung. Bei den befragten Frauen liegt der Anteil sogar noch etwas höher (90 Prozent).

Na, das ist doch super. Nur was sagt uns das? Das Kameras kein Daten, Privatsphären, Freitheits/Bürgerrechte, Geheimnis, Sicherheits-Problem mehr ist – also ruhig überalls stehen können, solange nur einer sagt, dass mit den Daten alles in Ordnung ist? Aber woher wissen wir das und woher wissen wir Bürger, wer das was wozu filmt? Das jetzt nach Berlin auch wieder mehr Kameras gefordert werden – bitte schön, in Berlin ist auch Wahlkampf, aber ich gebe zu bedenken, was in dem Interview mit meinem Kollegen Leon Hempel in der taz steht:

taz: Wächst nur das Gefühl oder tatsächlich die Sicherheit?
Hempel: Das kann ich nicht sagen. Das müsste man langfristig wissenschaftlich begleiten.
taz: Keine Kamera, nicht mal eine sprechende, kann einem Opfer vor Ort helfen.
Hempel: Deshalb muss es bei Videoüberwachung vorrangig darum gehen, die Einsatzzeiten bei Notfällen unter eine Minute zu bringen. Das passiert aber in der Regel gar nicht.

Mehr gibt es dazu kaum zu sagen. Egal wieviele der Deutschen dafür sind. Die Umfrage bleibt was sie ist – eine Umfrage und keine wissenschaftliche Studie zur Akzeptanz. Wann Kameras auch zu einem Problem werden wird in dem Kommentar zut Privatisierung von Sicherheit aus der Stuttgarter Zeitung sehr elegant auf den Punkt gebracht.

Sony und der Daten-GAU

Die dpa hat in der vergangenen Woche ein Stück zum Sony Daten-GAU gemacht.Anlass war ein Umfrage zur Un/Sicherheit der Konsumenten im Umgang mit ihren Daten. U.a. zu lesen beim Stern – Online-Shopper bleiben gelassen – , aber auch vielen anderen Publkationen, die den Artikel von der dpa genommen haben. Der Kollege Kai-Uwe Hellmann, Konsumsoziologe und ich selbst kommen auch zu Wort.

Buch: Software und Alltag

Das neue Buch der beiden Geografen Rob Kitchin und Martin Dodge Code/Space Software and Everyday Life hört sich interessant an – immerhin wollen sie an empirischem Material zeigen, dass Software/Code nicht neutral ist, dass es mehr ist als nur Buchstaben und Zahlen, eben eine gesellschaftliche Bedeutung darüber hinaus hat. Ein Ansatz, der viel genutzt, aber bisher eher weniger deutlich ausgeführt wurde. Mehr dazu, wenn ich da mal reingeschaut habe.

After little more than half a century since its initial development, computer code is extensively and intimately woven into the fabric of our everyday lives. From the digital alarm clock that wakes us to the air traffic control system that guides our plane in for a landing, software is shaping our world: it creates new ways of undertaking tasks, speeds up and automates existing practices, transforms social and economic relations, and offers new forms of cultural activity, personal empowerment, and modes of play. In Code/Space, Rob Kitchin and Martin Dodge examine software from a spatial perspective, analyzing the dyadic relationship of software and space. The production of space, they argue, is increasingly dependent on code, and code is written to produce space.

Neue Ausgabe von Surveillance & Society

Surveillance & Society 8(4): Open Issue
Featuring a special debate section, with Colin Bennett, Pris Regan, John Gilliom, danah boyd and Felix Stalder discussing Bennet’s essay, In Defence of Privacy.

Articles

  • The Politics of Transparency and Surveillance in Post-Reunification Germany – Stefan Sperling
  • Surveillant staring: Race and the everyday surveillance of South Asian women after 9/11 – Rachel L Finn
  • Surveillance Cinema: Narrative between Technology and Politics – Catherine Zimmer
  • Digital Panopticism and organizational power – Jesper Taekke
  • A Conceptual Legal Framework for privacy, accountability and transparency in visual surveillance systems – Nick Taylor
  • Public-Private Partners Against Crime: Governance, Surveillance and the Limits of Corporate Accountability  – Karin Svedberg Helgesson

Coming Soon in June/July, our special issues on ‘A Global Surveillance Society?’