Month: April 2008

Sicherheitsstaat am Ende

Kongress zur Zukunft der Bürgerrechte
23. / 24. Mai 2008 – Humboldt-Universität zu Berlin

Die Politik der “Inneren Sicherheit” forciert seit einigen Jahren den Ausbau staatlicher Befugnisse. Der Bundestag hat allein in den vergangenen sieben Jahren über 50 Gesetze verabschiedet, die tief in die Bürgerrechte eingreifen. Sie reichen von der Registrierung der Konten- und Reisebewegungen über die Speicherung biometrischer Daten bis zur Ãœberwachung der Kommunikation. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar; im Sicherheitsstaat ist kein Platz für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger

Daten, Karten, Lagebilder

Eric Töpfer zum neuen Kriminalitätsatlas der Berliner Polizei und zur Tendenz der Kartenwirklichkeit und Geoinformatialisierung polizeilicher Arbeit.

Mittlerweile scheint es, als würde der Traum von der Renaissance der Kriminalgeographie und einer umfassenden Geoinformatisierung der deutschen Polizei Wirklichkeit werden. GLADIS, GISPOLIS, GeoFES oder LABIS sind die Namen, auf die “Crime Mapping”-Software bei den hiesigen Länderpolizeien hören.

Sie dazu auch: Mit Karten die Welt(en) verstehen, bei Telepolis, 29. Juli 2006.

Zur Zukunft der polizeilichen Videoüberwachung in Hamburg

Die Ãœberraschung war groß. CDU und Bündnisgrüne haben in Hamburg die erste schwarz-grüne Koalition besiegelt. Einig war man sich, dass die polizeiliche Videoüberwachung – Hamburg ist mit 17 Kameras auf der Reeperbahn und am Hansaplatz bundesweit Spitze – fortgeführt werden soll. Hierzu der Koalitionsvertrag etwas kryptisch:

An der Videoüberwachung im öffentlichen Raum an Kriminalitätsschwerpunkten wird unter besonderen Rahmenbedingungen grundsätzlich festgehalten. Zur bevorstehenden Evaluierung der praktischen Umsetzung der Videoüberwachung werden insbesondere die Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten im schweizerischen Kanton Zürich – wie beispielsweise die Prüfung von Alternativen oder die Möglichkeiten eines nur temporären Einsatzes – als Kriterien herangezogen. Bis Ergebnisse vorliegen, wird auf die Ausweitung der Videoüberwachung an neuen Standorten verzichtet.

Was die “besonderen Rahmenbedingungen” sind, wer, wie evaluiert und warum nun trotz langjähriger Beschäftigung deutscher Datenschützer mit dem Thema und jüngerer Empfehlungen des Europarates ausgerechnet der Züricher Datenschutzbeauftrage als Kronzeuge herhalten muss … dies alles bleiben offene Fragen. Insofern dürfen wir gespannt sein, wie lange der Verzicht auf die Ausweitung anhält. Als die Grünen im Jahr 2000 zähneknirschend der Videoüberwachung in Nordrhein-Westphalen zustimmten, hieß es noch, sie seien von der SPD “erpresst” worden. Hiervon kann in Hamburg wohl keine Rede sein. Klingt eher nach einem Tauschhandel: Die Fortführung der Videoüberwachung als Zugeständnis für eine vermeintlich sozialere städtische Sicherheitspolitik. Heißt es doch einen Absatz über der Vereinbarung zur Videoüberwachung:

Im öffentlichen Raum wird es keine Verdrängung sogenannter randständiger Gruppen geben. Die bestehenden ordnungsrechtlichen Regelungen bieten eine gute Handhabe gegen Störungen im öffentlichen Raum und sollen nicht weiter ausgeweitet werden.

Angesichts der Großen Anti-Bettler-Koalition aus konservativen Leistungsmoralisten, Handelskammer, Business Improvement Districts, parternalistischer Sozialverwaltung und sozialdemokratischen Bezirkspolitikern besteht der politische Erfolg der Grünen wohl hauptsächlich darin, dass auf eine Eskalation der Anti-Armen-Politik verzichtet werden soll. Also: Business as Usual in Hamburg …

Das Spiel zum Anti-Terrorkampf

War on terror – the boardgame ist ein nicht ganz ernst gemeintes Brettspiel zu einem ernsten Thema. Und warum eigentlich nicht, denn der Umgang in der Öffentlichkeit und von Seiten der Politik ist ja auch oft überzogen. Also schauts euch an. Vielleicht ein Partyknüller, der Hit für langweilige Abende – damit die Videokameras dann auch etwas zu schauen haben, wenn sie schon in die Wohnungen reinschauen dürfen…. aber natürlich nur bei Verdächtigen..

Surveillance Studies werden renoviert

Liebe Leser,

ich renoviere gerade das Blog. Es werden keine sichtbaren Veränderungen sein, sondern eine Erneuerung der Software im Hintergrund. Dadurch allerdings laufen einige Sachen  nicht wie gewohnt. Ich bitte um etwas Geduld und Nachsicht.

Vielen Dank und viel Spaß auch weiterhin beim Lesen von Surveillance Studies.

beste Grüße

Nilz

One Nation under CCTV

Banksy2CCTVSPL_468x443.jpg (Source/Quelle)
Der Graffitti-Künstler Bansky hat in London eine schönes und großes Graffitti an eine Hauswand gemalt, ohne dabei von den Kameras gestört zu werden – obwohl er anscheinend beobachtet wurde. Graffiti artist Banksy pulls off most audacious stunt to date – despite being watched by CCTV

Herrlich. Bei Flickr gibt es eine ganze Bilderserie dazu.

Videoüberwachung in Hamburger Kaffeeläden

Nicht nur dass man sich beim Bestellen eines Kaffees durch groteske Größenbezeichnungen und die wirrsten Geschmacksrichtungen wählen muss – nein, dabei wird (wurde?) man auch noch gefilmt. Balzac-Coffee in Hamburg hat offenbar die Kunden und die Angestellten zur Sicherheit (wessen?) dabei mit Videokameras überwacht. So wie es sich für einen trendy-Betrieb, der auch eine Filiale mitten im Uni-Viertel betreibt ja offensichtlich gehört. Das passt natürlich schön zu den Geschichten um Lidl und andere, die letzthin ins Gerede gekommen sind.

Die ZEIT hat dazu ein kleines Dossier verfasst – dass es nur Lidl war, die seine Mitarbeiter auf die eine oder andere Art überwachen ließ und lässt, wäre dann doch recht naiv.
Das Hamburger Abendblatt hat daher aus gegebenem Anlass mal ein wenig rumgefragt und knapp zwei Jahre nach den ersten öffentlichen Kameras in der Hansestadt eine Bestandsaufnahme gemacht – “Datenschützer warnen vor Video-Wildwuchs“. Kameras nicht nur auf der Reeperbahn und dem Hansaplatz, sondern auch in den Schwimmhallen, in Geschäften, der U-Bahn uns wer weiß sonst noch wo. Im Schnitt so der Artikel ist der Hamburger 5 Mal am Tag im Visier der Kamera. In London waren es vor wenigen Jahren bereits 14mal am Tag – ein Rekord, den man nicht einholen sollte. In dem Artikel kommt auch der Hamburge Datenschützer zu Wort:

Doch dass alle privaten Videoüberwacher sich streng an die Vorgaben halten, mag Datenschützer Lubomierski nicht glauben. Nur wenn sich mehr Bürger gegen die allgegenwärtige Videoüberwachung wehren, werde es ein Umdenken geben. Lubomierski: “In der U-Bahn ist die Videokamera gut für das Sicherheitsgefühl – in jedem kleinen Laden oder Lokal muss es nicht sein.”

Ob das so pauschal richtig ist, wage ich zu bezweifeln – da lassen die Ergebnisse unserer Untersuchung auch andere Schlüsse zu. Generell tut dieser Artikel, was alle tun: Videoüberwachung wird auf das Vorhandensein einer Kamera reduziert und nicht als komplexes System aus Technik, sozialem und räumlichem Kontext sowie Intention gesehen. Schade eigentlich, aber das ist wohl schwer zu vermitteln.

BIDs – ein anderes Instrument der Ãœberwachung

Technische Ãœberwachung steht zwar nicht im Zentrum, spielt aber auch eine
Rolle:

Töpfer, Eric, Volker Eick & Jens Sambale (2007): “BIDs – neues Instrument
für Containment und Ausgrenzung? Erfahrungen aus Nordamerika und
Großbritannien”
, in: Prokla. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft,
Nr. 149 (4/2007), S. 511-528.

Souriez, vous êtes filmés!

Eine Reportage in der heutigen taz über Brüsseler Bilder-Piraten und die Aktion Souriez, vous êtes filmés!, die dazu auffordert, sich den Raum vor den Kameras wieder anzueignen – durch Gegenfilmen, spontane Theateraktionen oder Tortenwerfen. Schöne und wichtige Aktion – obwohl man sich (wie so oft) doch fragen muss, ob Kritik an Videoüberwachung keine andere Form finden kann als die, sich vor die Kameras zu stellen, die ganze Konfrontation im Bild festzuhalten (Nach dem Motto: “Ich gegen die Kamera!” – d.h. das Problem zu individualisieren) und dann auch noch im Netz zu veröffentlichen…

RFID. Vom Ursprung einer (all)gegenwärtigen Kulturtechnologie

Bei Kadmos erschienen:

RFID. Vom Ursprung einer (all)gegenwärtigen Kulturtechnologie

Aus dem Klappentext:

RFID, Radio-Frequency-Identification, ist in aller Munde. Doch aus allen Mündern spricht’s das zweifach Gleiche: die Funkchips auf den Dingen unseres Alltags sind entweder vergötterter Hi-Tech oder aber sie sind datenschnüffelndes Teufelswerk. Dieses Buch sucht den schmalen Horizont dieser Debatte mittels einer konkret recherchierenden Medienwissenschaft zu erweitern. Was verbirgt sich hinter diesen vier Buchstaben?

Journal zu Migration und Ãœberwachung

Metamute – obwohl bereits im Februar mit einer Ausgabe zu Ãœberwachung und Migration im weitesten Sinne erschienen, ist immer noch ein guter Tipp und nicht zu spät.

We are living through an intensification of citizens’, and non-citizens’, visibility to capital. Database convergence, states of emergency and points-based immigration systems destroy the legal and informational grey zones in which the poor shelter and organise. As black economies and shadow sectors are exposed to the light of networked information in the interests of population management, border enforcement, welfare clamp-downs and, above all, profit, what are the risks and advantages of visibility? What do (political and artistic) representation and rights have to offer the illegal and ‘invisible’?