Month: November 2007

Bildbearbeitung, kollektives Gedächtnis und Überwachung

Dieser kleine Film zeigt, was alles möglich sein kann – die Vorstellung wie diese Technologie mit Ãœberwachungskameras genutzt werden kann ist eindrucksvoll und beängstigend zugleich. Da bleibt dann nichts mehr ungesehen – für niemanden mehr. Die Vorstellung einer übergeordneten Kontrollinstanz gehört dann endgültig der Vergangenheit an, denn diese Technologie verbindet die “kollektive Erinnerung” von Photos und Filmen um sie allen zur Verfügung zu stellen… die Konsequenzen müssen noch diskutiert werden…
Film:
Photosynth Prototype
What a horrible time to be blind

.. und hier gibt es mehr Informationen zu der Software – bei Microsoft – Microsoft Research Lab – wen wundert es?!

Aus der Welt der Kameras – updates…

In Berlin wird diese Woche ein neues Polizeigesetz verabschiedet, das auch die Videoüberwachung vorsieht und dazu hauptsächlich die Kameras der BVG, aber auch eigene, nutzen will. Vielleicht aber wird es ja auch nichts..

Diese Kameras allerdings, so das Ergebnis der Evaluation, sind eigentlich nicht in der Lage ihren Zielen gerecht zu werden.

Ein ähnliches Ergebnis wurde für die Kameras im Brandenburger Modellversuch festgestellt – mit beeindruckender Offenheit von Seiten der Polizei:

Nach fünf Jahren habe man die nicht unbedeutende Erkenntnis gewonnen, dass am Rathenower Standort vor allem die präventive Wirkung der Kamerabeobachtung nicht so groß sei wie erwartet.

Auch das kann als Erfolg des Versuches gewertet werden – immerhin weiß man dort jetzt genau Bescheid. Die Gründe warum das so ist, waren allerdings nicht wirklich neu – aber jeder hat das Recht auf eine eigene Erkenntnis. Und immerhin werden die richtigen Konsequenzen gezogen. Das ist nicht überall der Fall.

Im Mutterland der Videoüberwachung versuchen derweil Experten die Bänder auszuwerten, auf denen vielleicht der Mörder des Rhys Jones zu erkennen ist – und wo waren den dort die präventiven Effekte der Kameras, möchte man dort auch mal fragen. Und warum passiert dermaßen viel in dem Land, in dem an fast jeder Ecke eine Kamera steht? – Es muss an noch mehr als nur an Kameras hängen. Dazu gibt es ein sehr interessantes Feature bei dradio – auch als Text – von Martin Zagatta “Messer und Revolver – Großbritanniens bewaffnete Teenager.

Gerade aber der “Nanny State” England scheint die ersten abzuschrecken, die es sich auch leisten können, einfach wegzugehen – so wie der Schauspieler Ewan McGregor (Trainspotting / Star Wars), der einfach genug hat von den Kameras und anderem.

Immerhin stoppt Transport for London gerade ein Modellversuch mit Live-Kameras, vielleicht ein erster Schritt des Umdenkens – ich denke eher nicht.

L.A. / USA: Kartieren der muslimischen Einwohner

Die Los Angeles Times berichtete vor ein paar Tagen von einer doch sehr merkwürdigen Initiative der Polizei von Los Angeles – sie wollen die muslimischen Bewohner LAs auf einer Karte festhalten und einen besseren Ãœberblick und einen Schutz vor Terror effektiver zu machen:

Los Angeles Police Department Deputy Chief Michael P. Downing, who heads the bureau, defended the undertaking as a way to help Muslim communities avoid the influence of those who would radicalize Islamic residents and advocate “violent, ideologically-based extremism.”
“We are seeking to identify at-risk communities,” Downing said in an interview Thursday evening. “We are looking for communities and enclaves based on risk factors that are likely to become isolated. . . . We want to know where the Pakistanis, Iranians and Chechens are so we can reach out to those communities.”

Der Spiegel fragt sich zurecht, ob das auch für deutsche Städte eine Option sein kann und ob es überhaupt sinnvoll ist. Politiker und Sicherheitsexperten (wer auch immer das so ist in solchen Artikeln… ) halten diese Idee für Unsinn und für Deutschland nicht anwendbar. Das ist ein schönes Beispiel wie Raum konstruiert und möglicherweise kriminalisiert bzw. margiinalisiert wird. Die Wirkung solcher Karten in der Öffentlichkeit ist nicht absehbar, könnte aber – je nach Darstellung – unkalkulierbare Folgen für urbanen Raum und das Zusammenleben von Menschen haben. Die Diskriminierung von Stadtvierteln über die potentielle Verdächtigung von bestimmten Bevölkerungsgruppen durch eher pauschale Darstellungen – Muslime -> Terrorgefahr – wäre eine Folge. Einen Schutz vor Terror kann man sicher auch anders regeln, ohne solch pauschalen Verdächtigungen mit all ihren (unabsehbaren) Konsequenzen

Schnüffelei bei Journalisten

Der NDR hat sich in einer Pressemitteilung gegen die Abhöraktion eines NDR Journalisten gewehrt.

NDR Intendant Prof. Jobst Plog: “Sollte sich der schwere Verdacht gegen die Sicherheitsbehörden bestätigen, dann stellte dies einen massiven Angriff auf die Rundfunk- und Pressefreiheit dar.

Etwas mehr über die Hintergründe des Falles kann man bei tagesschau.de, bei swr.de und im Hamburger Abendblatt nachlesen.

Buch: Die digitale Identität

Die Dissertation “Die digitale Identität. Rechtsprobleme von Chipkartenausweisen: Digitaler Personalausweis, elektronische Gesundheitskarte, JobCard-Verfahren“, 2005 von Gerrit Hornung ist ab sofort ab sofort online verfügbar und im Volltext
abrufbar. Das Buch ist vergriffen und wird nicht mehr nachgedruckt.

Die Pdf-Datei entspricht hinsichtlich der Seitenzahlen dem Buch und kann
insofern seitengenau zitiert werden.

ps. Die Dissertation wurde ausgezeichnet mit dem Wissenschaftspreises 2006 der Deutschen Stiftung für Recht und Informatik (DSRI).

Vorratsdatenspeicherung – jetzt beschlossen…

Es gibt wohl niemanden, den die Abstimmung groß verwundert hat. Trotz aller Argumente und Proteste, hat der politische Wille, nicht die Argumente, gesiegt. Auf DeutschlandRadio Kultur verteidigte Ministerin Zypries ihr Gesetz (mehr Infos bei dradio.de) Alle Einwände haben nichts genützt – offenbar auch nicht die gültigen Rechtssprechungen des Verfassungsgerichtes – sonst würde sie nicht wie folgt argumentieren:

Schütte (dradio): Die Daten werden ohnehin gespeichert, aber nun können Ermittlungsbehörden darauf zugreifen. Ist das nicht doch eine neue Qualität?

Zypries: Nein! Das ist keine neue Qualität, weil das natürlich geltende Rechtslage ist. Auf die Daten, auf die man zugreifen kann, können Ermittlungsbehörden das heute schon. Voraussetzung: Sie haben den Verdacht einer schweren Straftat und ein Richter hat entschieden, dass diese Daten herauszugeben sind von dem Telekommunikationsunternehmen. Das ist heute geltende Rechtslage, und das bleibt.

Es gibt aber eine Rechtssprechung, die genau das Gegenteil von dem aussagt, was hier in dem neuen Gesetz jetzt ermöglicht wird und auch im Falle der privaten Speicherung durch die Unternehmen, den Staat als Handelnden miteinschließt (finde ich im Moment nicht, suche ich aber raus).

Heribert Prantl hat bereits vor dem Beschluss in einem Kommentar sehr passend geschrieben:

Bisher konnte der Staat nur auf die Daten zugreifen, die bei den Telekommunikationsanbietern ohnehin vorhanden waren. Künftig muss jeder Bürger und jeder potentielle Informant damit rechnen, dass sein Kommunikationsverhalten allein zu staatlichen Zwecken dokumentiert wird. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) verweist darauf, dass es zum Zugriff auf die Daten eines richterlichen Beschlusses bedürfe; Geheimdienste brauchen freilich einen solchen Beschluss nicht.

Prantl hält dieses Gesetz für eine große Gefahr, vor allem, aber nicht nur für die Pressefreiheit. Jetzt gilt es wohl abzuwarten, wie das Verfassunggericht über die demnächst eingehende Klage dagegen abstimmen wird. Der Streit ist also noch nicht vorbei – bleibt zu hoffen, das in Zukunft andere, als simple politische Argumente wieder mehr Gehör finden werden.

siehe auch den Kommentar bei Zeit.de – Ãœberwachung statt Freiheit

Orientierung – Desorientierung

Für ein Seminar in Zürich habe ich eine kleine Photocollage zusammengestellt, die ich auf dem Weg dorthin gemacht hatte – ich habe meinen Weg der Orientierung während der Reise protokolliert. Das Seminar wurde ausgerichtet von der Hochschule für Design in Zürich zum Thema Desorientierung und Angst – Design2context Institut für Designforschung der ZHDK im Rahmen eines Aufbaustudiums für Signaletik.

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Weil es so einen Spaß gemacht hat, habe ich aus den Photos einen kleinen Film gemacht:
Hamburg – Zürich / Orientierung-Desorientierung

cfp: Surveillance at Mega Sports Events

CALL FOR PAPERS

We invite scholars to submit papers for the following one-day conference:
Security and Surveillance at Mega Sport Events: From Beijing 2008 to London 2012
April 25th 2008, organised by
– Institute of Hazard and Risk Research, Durham University
– School of Government and International Affairs, Durham University
– Centre for the Study of Cities and Regions, Department of Geography, Durham University

Conference Website

Fernüberwachung mit Drohnen und Robotern

Wie bei telepolis nachzulesen ist, testet die französische Regierung Flug-Drohnen zur Überwachung der Banlieues. (siehe auch einen Bericht zu den franz. Vorstädten im Weltspiegel)

…. das bedeutet aber nicht, dass etwa der Sicherheitsapparat die damaligen Ereignisse “vergessen” oder ad acta gelegt hätte. Er bereitet sich im Gegensatz geradezu fieberhaft darauf vor, für die Zukunft neue, technische Lösungen für eventuelle Krisen in den ausgedehnten Sozialghettos zur Verfügung zu stellen. (……. ) bereitet man sich offenkundig darauf vor, sie mit militärisch-technologischen Mitteln besser zu beherrschen. Und idealerweise aus der Ferne zu überwachen. (…… ) “Der Star” in diesem Zusammenhang heißt ELSA. Der vermeintliche Frauenname ist die Abkürzung für “Engin léger pour la surveillance aérienne”, also “Leichtes Gerät für die Luftüberwachung”. Es handelt sich bei diesen Apparaten um so genannte Drohnen, also kleine unbemannte Flugzeuge.

In diesem Zusammenhang ist auch der DARPA Wettbewerb “Urban Challenge” zu selbst fahrenden Fahrzeugen interessant, der gerade in den USA stattgefunden hat – Artikel bei Zeit Online – ein kurzes Video bei ARD.de/Weltspiegel. Bei aller technischen Faszination für die Disziplin der Robotik, sollte nicht vergessen werden – auch von den Forschern nicht – wer den Preis auslobt und zu welchen Zwecken diese Vehikel eingesetzt werden sollen: Es geht um Krieg und die Rüstungsindustrie – DARPA ist die Forschungsstelle des Verteidigungsministeriums in den USA, welches unter anderem auch das Internet in seiner Urform ausgetüftelt hat…
Mit solchen technischen Lösungen wäre nicht nur die Fernüberwachung garantiert – das wäre nicht neu – aber gleichzeitig auch eine direkte und für die kontrollierende Seite “ungefährliche” Eingriffsmöglichkeit geschaffen. In einem Krieg noch halbwegs nachvollziehbar – die Anwendung in den sozialen Brennpunkten rund um die Welt, wäre in der Tat eine neue Dimension von Sozialpolitik, Ãœberwachung und urbaner Planung.