Month: Januar 2007

Nachtrag: Kameras über dem Campus

Nachdem auf Nachfrage die Kameras, die den Campus an der Hamburg Universität beobachteten, vom Netz genommen worden sind, scheinen sie jetzt wieder da zu sein. Was fehlt ist der link zu dem ganzen Film, mit dem sich der jeweils vorherige Tag in komplett anschauen ließ. Nun können wir eine jede Minute aktualisiertes Bild vom Allende-Platz bzw. vom von-Melle-Park ansehen. Ob damit dem Datenschutz genüge getan ist, wage ich zu bezweifeln, da ein Hinweis auf die Kameras nach wie vor fehlt. Ich werde nochmal nachfragen und berichten.

und schon wieder Kameras in England….

… denn nun hat auch der Spiegel von dieser Woche England und die sprechenden Kameras entdeckt – die ZEIT hatte das schon vor zwei Wochen, nun gut. Auch dieses ist ein schöner Artikel, wenn er auch nicht so gut analysiert und in die Tiefe geht wie ersterer. Zum Thema Gesichtserkennung, welche ebenfalls in dem Spiegel-Text vorkommt, hat ebenfalls die ZEIT auch in dieser Woche wieder einen Artikel.
Im Spiegel-Text zeigt sich alerdings wie sich etwas verzweifelt hält, was einmal in den Medienkreislauf gekommen ist: die vielen hunderttausend Kameras, die es in Deutschland gibt, werden so beschrieben als wenn dieses alles öffentliche Kameras sind – das sind sie aber nicht – sondern auch die ein Monitor-eine Kameras-Anlage auf der Tankstelle und im Kiosk um die Ecke. Kamerasystem ist nicht gleich Kamerassystem – hier nicht und auch in England nicht. Eine Unterscheidung der Zahlen und Zusammenhänge täte allen Artikeln zu dem Thema gut. Zur Berichterstattung von Ãœberwachung gäbe es so einiges zu sagen – nicht nur wegen komplizierter Zahlenspiele (die eigentlich nicht so kompliziert sind), sondern auch weil sich in Deutschland die gesamte Debatte zu Ãœberwachung zwischen Datenschutz und den Hackern/Aktivisten bewegt – oder eben auf Videoüberwachung fixiert ist. Das betrifft auch den Großteil der wissenschaftlichen Forschung – da gäbe es also noch einigen Nachholbedarf in Forschung und Berichterstattung.

Eine Kamera suggeriert Sicherheit. Man kann zwar nicht an jede Ecke einen Schutzmann stellen, wohl aber einen elektronischen Aufzeichner. Ãœberall in Deutschland laufen Pilotprojekte, Testreihen, Machbarkeitsstudien. …….
Der Staat will seine Bürger immer im Blick haben – und die Bürger finden nichts dabei. Das ist in Deutschland nicht anders als in Großbritannien, nur ist England viel weiter. Der oberste britische Datenschützer beklagt, das Land sei schon längst nicht mehr auf dem Weg in einen Ãœberwachungsstaat, es sei bereits einer.

Ob Kameras Sicherheit suggerieren und die Einstellung der Bürger immer so positiv ist, stellle ich in Frage. Grundlegend ist dazu bisher wenig empirisches erschienen – und die adhoc-Umfragen von Zeitungen und Meinungsforschungsinstituten helfen auch nicht viel weiter – aber dazu in Kürze an dieser Stelle mehr. Ansonsten ist Ansbert Kneips Analyse vom “Nanny-state” Großbritannien sehr passend – eine Tendenz, die sich auch hierzulande immer häufiger feststellen lässt. Trotz der Forderung nach weniger Staat, soll er dann doch wieder auf die aufpassen, die mit der neuen “Eigenverantwortung” nicht zurechtkommen und die die schöne neue Ordnung und Machtverteilung gefährden könnten.

Regelt die Videoüberwachung

Peter Schaar, der Bundesdatenschutzbeauftragte, hat Regeln entworfen, die helfen sollen die technischen Aspekte der Videoüberwachung von vornherein Datenschutztauglich zu machen. Das “Datenschutzprofil” dient der technischen Entwicklung und verlagert somit den Datenschutz bereits in die Techniologie selbst. Klingt neu, ist es aber nicht so richtig. Die Projektgruppe provet an der Uni Kassel forscht und arbeitet schon seit einiger Zeit zu Aspekten einer verfassungsverträglichen Technikgestaltung.

Mit der Technik ist es aber im Fall der Videoüberwachung nicht getan – abgesehen von der Frage, ob man Kameras will oder nicht, muss es Regeln für deren Betrieb geben – gleich ob privat oder öffentlich. Einige gibt es – vieles allerdings bleibt ungeklärt, vor allem bei öffentlichen Kameras. Und da müssten “Regeln” im eigentlichen Sinne ansetzen. Mehr als technische Profile brauchen wir politische Verfahrensregeln, die den Prozess von der Idee bis zur tatsächlichen Installation regeln und im zweifelsfall diese Idee auch das bleiben lassen, sollte eine Prüfung ergeben, es lohnt sich nicht – vor dem Fall. Eine Evaluation vorher, nicht nachher, wenn sich alles wieder zurechtbiegen lässt und keiner sagen will: das hat sich gar nicht gelohnt, hat aber Geld gekostet, nun wird’s auch weiter gemacht. Die negativen Auswirkungen und die weitreichenden Konsequenzen bestimmter Anlagen und Kameraskonstellationen haben wir noch nicht kennengelernt – man sollte bei Polizei und Politikern auch nicht unnötig Begehrlichkeiten wecken. Das so etwas nicht gewünscht wird, konnten die Grünen in Hamburg Ende 2005 erleben, als ihr Antrag in der Bürgerschaft lächerlich gemacht wurde, u.a. mit dem Argument: Datenschutz ist Täterschutz. Schützt also auch Peter Schaar mit seiner Initiative die Täter?

Doping und die Ãœberwachung im Sport

Leider komme ich erst jetzt dazu: Bereits in der letzten Woche gab es verschiedene Nachrichten zum Thema Doping und den Prüfungs-Routinen der NADA. Ausgelöst wurden diesen u.a. durch die ARD-Reportage: Mission sauberer Sport. Wie DOSB-Generaldirektor Vesper auf DeutschlandRadio Kultur aussagte, müssten das Kontrollsystem besser werden (dazu auch Thomas Bach vom DOSB bei der FAZ). Danach müssen sich die Athleten abmelden, damit es nicht so aussieht als wenn sie sich einer möglichen Kontrolle entziehen würden – das bedeutet in der Praxis einen offensichtlich lückenlos nachvollziehbaren Alltag. Ist das ein Preis, den die Sportler für sich und uns, die Zuschauer und Fans, tatsächlich zahlen müssen?

Wären hier nicht elektronische Tracking-Technologien angebracht – oder wird darüber bereits nachgedacht. Nein, der Zuschauer, die Sponsoren und (warum auch immer) die Politiker wollen keine Doping-Sünder – sonnen sie sich doch so gern im Licht der erfolgreichen Sportler, Vorbilder der Jugend, nationale Helden und Ersatz für anderer Stelle fehlende nationale Größe: Der Sport als letzter Hort ideologischen Nationlismus, der ungetrübt genossen werden kann. Ab er zurück zum Thema: Können wird das von den Sportlern verlangen, oder müssen wir uns an ganz anderer Stelle fragen, warum Sportler bereit sind zu pharmazeutischen Hilfsmitteln zu greifen – und letztendlich das auch dürfen, solange sie nicht erwischt werden. Den Prüfern der NADA ist der Vorwurf nicht zu machen – es geht ihnen um Fairness. Ist Ãœberwachung dann der Preis für Fairness, wo aber hört das auf – wer ist betroffen und gibt es Möglichkeiten das anders zu regeln?

„Wir versuchen den Spagat zwischen dem Versuch, schwarze Schafe aus dem Verkehr zu ziehen, und einer Orwellschen Überwachung“, sagte Augustin. Einer der Kontrolleure sagte im Fernsehen, es passiere ihm täglich, dass er zu kontrollierende Sportler nicht antreffe. Die Nada hat angekündigt, ihr Verfahren umzustellen. (Roland Augustin, NADA, in der FAZ)

Für mich stellt sich die Frage, ob es nicht eine Reihe von Interessenkonflikten zwischen der NADA und anderen Institutionen hinsichtlich tatsächlich wirksamer Prüfungen gibt? Dazu gehören auch der DSOB und andere auch internationale Verbände…

Aufsatz: Ãœberwachung und Konsum

Richard Rogers (Autor von Preferred Placement) und Sabine Niederer haben mit Consumer Technology after Surveillance Theory einen interessanten Artikel zu Konsum und Überwachung jenseits der Überwachung in Foucaults Panoptikon geschrieben. Sie versuchen zu klären inwieweit das Modell des Gefängnisses noch hinreichend beschreibt, was Konsumenten jeden Tag erleben und welche Konsequenzen die bereitwillige Abgabe von Daten für Annehmlichkeiten hat. Die einst überwachten Subjekte besitzen jetzt vielfach die Artefakte der Überwachung selbst, Kontrolle über Konsum: die Annehmlichkeiten steigen, je transparenter wir werden, jede Weigerung macht suspekt, Nachteile die Folge. Roger und Niederer zeigen Wege zu einer Theorie nach Foucault auf und illustrieren am Beispiel von Konsum die Dynamik und unser Verhängnis.

According to surveillance theory after Foucault, consumers are enticed into participating in being watched in exchange for product, as Poster and Elmer write.

Everyday people, the under-surveilled progs in Orwell’s terms, or the data-challenged queued up in airports in Deleuzian language, are increasingly the subjects of surveillance. The question remains whether the unruly consumer-prisoner, consumer-soldier, consumer-patient, consumer-worker and consumer-student are using products without surveillance built in. Which consumer technology is still available without it? (Consider buying professional grade technology, and set mode to manual.)

Eine Diskussion darüber lohnt sich auf jeden Fall – auch um vom Panoptikon ein wenig Abstand zu gewinnen und neue Ansätze bekannt zu machen – zumindest hierzulande geschieht das noch zu wenig. Ein weiterer Kommentar bietet noch ein paar Gedanken….

RFID bleibt auch 2007 der Renner

Nach einer Einschätzung von Experten, wird auch 2007 RFID das bestimmende Thema der IT Branche bleiben.

Die wichtigsten Bereiche innerhalb der Branchen für einen RFID-Einsatz lassen sich wie folgt klassifizieren: Ganz oben auf der Liste identifizieren die Manager den Komplex Überwachung beziehungsweise (biometrische) Zugangskontrolle. Für 73 Prozent der Branchenkenner liegt hier das Haupteinsatzgebiet für RFID, während 64 Prozent zu Vertrieb sowie Marketing und 58 Prozent zu automatischen Zahlungsverfahren tendieren. Ebenfalls im Blickwinkel für einen RFID-Einsatz stehen mit 57 beziehungsweise 52 Prozent Zustimmung Flugzeuge (zum Beispiel zur Gepäckverfolgung oder beim Boarding) sowie Fahrzeuge aller Art (Mehrfachnennungen waren erlaubt).

und…

Gegner und auch Befürworter wissen, dass jeder technologische Fortschritt zu Missbrauch führen kann, aber nicht zwingend dazu führen muss.”

na ich bleibe gespannt, was da so noch passiert und wie die Industrie mithelfen wird, ihre Chips zu verkaufen – ein wenig Sicherheitshysterie hilft da immer… nichts für ungut.

Ãœberwachungs-Special bei der Zeit Online

In der aktuellen Ausgabe der Zeit findet sich ein Dossier zum “Ãœberwachungsstaat Großbritannien”. Wer es noch nicht wusste, der weiß es jetzt: Die Briten, allen voran der scheidende Premier Tony Blair, finden das ganz klasse. Die Einschätzung, dass sich

das Mutterland der Demokratie sich zum rabiatesten Ãœberwachungsstaat der westlichen Welt verwandelt”

ist nicht neu – spätestens seit dem Bericht des Surveillance Studies Network im letzten November. Eine Sammlung von Artikeln aus der Zeit zu Datenschutz und Terrorbekämpfung steht ebenfalls online, in denen es vor allem um Ãœberwachung geht. Die Themengliederung ist zwar etwas unglücklich – Ãœberwachung ist mehr als Terrorbekämpfung und auch die Presse sollte das inzwischen mitbekommen haben – es verkauft sich vielleicht besser, naja gut… eine kurze Rezension des Artikels folgt, wenn ich damit ganz durch bin und mir ein paar mehr Gedanken gemacht habe.

Kreditkarten-Aktion: Rechtens oder doch nicht?

So klar scheint die Lage bei der kürzlich durchgeführten Massenüberprüfung von Kreditkarten doch nicht zu sein – immer hin so unklar, dass sich nun drei Kläger gefunden haben, um die ihrer Meinung nach rechtswidrige Ãœberprüfung ahnden zu lassen. Das die Verdächtigen nach der Fahndung geständig waren, ist gut und ein Erfolg, die Frage ist wie viel Recht gebrochen werden darf, um einen solchen Erfolg zu erziehlen und welche möglichen Begehrlichkeiten damit eventuell geweckt werden.

Da kein konkreter Anfangsverdacht vorgelegen habe, handele es sich um eine Rasterfahndung, für die ein richterlicher Beschluss hätte vorliegen müssen. “Im Grunde war es eine Art outgesourcte Rasterfahndung, die die Kreditkartenunternehmen für die Polizei übernommen haben”, sagte Vetter (einer der Kläger Anm. d. Verf.)

Offensichtlich gibt es dazu aber auch noch andere Meinungen und Kommentare.  Das Thema wird uns also bestimmt noch eine Weile begleiten..

CCTV im Zoo: Pinguine in Münster und anderes

Ãœberwachung, sehen und gesehen werden hat manchmal auch seine heiteren, absurden oder völlig belanglosen Seiten: Den Pinguinen im Münsteraner Zoo – einem sehr schönen nebenbei – kann man über das Web mit gleich drei Kameras beim rumplantschen zusehen. Der WDR macht es möglich. Ich finde das eine nette Idee, auch wenn wir nicht nach den Datenschutzrechten der kleinen Vögel gefragt haben. pinguincam_458_120.jpg

Hauptsache es bleibt bei den Pinguinen und ihren Zoogenossen – für uns Menschen liegen solche Pläne sicherlich schon vielfach in den Schubladen. Allein die Aktion mit den 22 Millionen Kreditkarten (Spiegel Online) weist schon einen Weg dahin… einen erhelleneden Kommentar habe ich dazu auch gefunden – mit nicht von der Hand zu weisenden Argumenten, warum das ganze vielleicht doch nicht hätte sein müssen.

Keine Bilder mehr vom Uni Campus

Da hatten die Verantwortlichen des Medienzentrums der Pädagogen eine prima Idee gleich in die Tat umgesetzt: Webcams für den Uni-Campus und den Allende-Platz – alle 60 Sekunden ein Bild auf der Webseite und wer wissen will was gestern so los war, der ganze Vortag in einem Film zum runterladen.
allendeplatz_webcam450.jpg

Man konnte nicht alles genau erkennen, keine Menschen, keine Gesichter, aber mit etwas Mühe vielleicht die Kennzeichen, es ließen sich Profile und Bewegungen nachvollziehen, denn die Daten waren ja gepeichert. Ich glaube nicht, dass die Verantwortlichen darüber nachgedacht haben, ob hier der Datenschutz gewährleistet wird oder ob sie sich damit dann doch vielleicht im Abseits befinden. Inzwischen wurde der link entfernt (link geht nicht) und dem Datenschutz wieder genüge getan. Schön dass es auch so einfach gehen kann und ein kleiner Fehler schnell behoben werden konnte. Das ist leider nicht immer so -> siehe die Videoüberwachung in Hamburg……Danke an die Verantwortlichen der Uni…

Na endlich: mehr Videoüberwachung in Hamburg

Ich höre noch Hamburgs Innensenator Nagel sagen: Wir wollen keine Ausweitung der Videoüberwachung in Hamburg. Und als hätte ich es besser gewusst: Sie kommt nun doch. Die Welt berichtet über die neuen Pläne der Hamburger Polizei, die meiner Meinung nach dabei das bewährte Muster aus Erfahrungsberichten und bloßen Behauptungen weiterführt. Dabei kommt sie auch nicht klar mit der Problematik von Prävention und Aufklärung: Das eine macht das andere obsolet – man muss sich schon entscheiden, ansonsten wirkt es wie der Wunsch nach einer Totalüberwachung – überall und immer..

Durch Videoüberwachung habe die Polizei die Möglichkeit der Abschreckung und der Aufklärung. Einerseits könnten ganz konkret an bestimmten Punkten der Stadt Straftaten verhindert werden. “Wir haben seitens der Polizei gegen den Ausbau nichts einzuwenden. Er ist gut, und wir brauchen die Videoüberwachung, weil wir damit besser in der Lage sind, Straftaten aufzuklären. Dazu gehört auch, Täter zu ermitteln und weitere Taten durch sie zu verhindern”, sagte Jantosch. “Das ist ein wichtiger Punkt für die Anlagen, die wir haben und die wir haben werden.” Für die Polizei sei Videoüberwachung ein gutes Mittel zur Verhinderung von Straftaten. “Prävention”, so Jantosch, “ist die vornehmste Aufgabe der Polizei. Wenn wir Straftaten verhindern und sie erst gar nicht aufklären müssen, soll uns das nur recht sein.”

Dabei sind sie Neuem durchaus aufgeschlossen:

Es ist schon enorm, was für Möglichkeiten die heutige Technik bietet”, sagte Jantosch. “Und die Entwicklung wird weitergehen. Wir haben ständige Marktbeobachter, Experten, die neue Entwicklungen analysieren und schauen, ob sie für unsere Arbeit geeignet sind.” So soll es beispielsweise bald den Datenzugriff aus dem Peterwagen auf zentrale Dateien geben.

Ich bin also gespannt. Unser Abschlussbericht wird demnächst erscheinen. Mal sehen, ob er zur Kenntnis genommen wird von der Polizei. Zu forschen gäbe es also auch in Zukunft noch genug. Und dann ist da ja auch noch da Urteil zu den Kameras in Hamburg…..
Hoffen wir das die neuen Kameras in Hamburgs Verkehrsbussen nicht auch noch von der Polzei angezapft werden, sondern bleiben was sie sind…